SFR Newsletter 12/2018

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Pressemitteilung I – Abschiebung. Gemeinsam mit dem Ausländerrat Dresden e.V. veröffentlichten wir Anfang Mai eine PM, in der den Behörden gefährdetes Kindeswohl bei einer Abschiebung aus Dresden vorgeworfen wurde. Ein Vater und sein autistischer Sohn sollten am 12. April in den zuständigen Dublin-Staat Spanien abgeschoben werden. Dank der Abschiebungsbeobachtung am Berliner Flughafen Tegel wurde die Abschiebung abgebrochen. Die Erfahrung, die der Sohn durchmachen musste, als des Nachts die Polizei ihn abholen wollte, hat sein Sicherheitsgefühl aus der Bahn gebracht. Dies ist nur ein skandalöser Aspekt bei der Geschichte. Bei der kommenden Sitzung des Jugendhilfeausschusses wird ein Antrag der rot-rot-grünen Dresdner Stadtratsmehrheit zu dem Thema der Kindeswohlgefährdung bei Abschiebungen besprochen werden. Berichterstattung der Sächsischen Zeitung hier.

Pressemitteilung II – Lager. „Ankerzentrum“ genannte Lager sollen nun in Sachsen kommen. Auch wenn es diese Woche noch einige Verwirrung, offenbar innerhalb der Regierung gab, bleibt es dabei. Als Ort ist die Hamburger Straße in Dresden auserkoren. Direkt neben dem Abschiebeknast wird ein Lager errichtet, politisch forciertes Leid in der Peripherie der Landeshauptstadt, fernab von den Augen der Bürger*innen, verdichtet. Wir reagierten bereits letzte Woche mit einer PM auf das angekündigte Lager in Sachsen, diese Woche sprachen sich alle Landesflüchtlingsräte gemeinsam mit PRO ASYL in einer PM gegen ein Netzwerk von 40 Lagern im Territorium der Bundesrepublik aus. In Sachsen haben sich die Wohlfahrtsverbände des Paritätischen, der AWO und der Diakonie gegen die Lager ausgesprochen (siehe hier), die Grünen und die Linken wie die SPD (letztere so halb. Deutliche Ablehnung drückten sie aus, das aber auch, als Ministerpräsident Kretschmer die Woche noch ankündigte, die Lager kommen nicht. Es bleibt zu hoffen, dass sie standhaft bleiben.)

Pressemitteilung III – Prekarisierung. Ein Regierungserlass, der ein Dokument normiert, welches rechtlich nicht vorgesehen ist. Dieses Kunststück hat das sächsische Innenministerium vergangene Woche vollbracht als es den Erlass über die „Ausstellung einer Bescheinigung über den vorübergehenden Aufenthalt ohne amtliches Aufenthaltsdokument“ veröffentlichte. Gemeint sind die seit letztem Jahr kritisierten Fantasiepapiere, die die lokalen Ausländerbehörden anstelle der Duldung ausstellen. Die Konsequenz ist eine immer weiter fortschreitende Prekarisierung Geflüchteter. Der Erlass wird keine Klarheit schaffen, da sind sich Asylberater*innen in Sachsen einig. Verwundernswert an der Geschichte: das Innenministerium selber setzt seinen eigenen Erlass bisher nicht um. Dem SFR e.V. sind mindestens drei Fälle von Menschen bekannt, die lediglich mit einem „Unterkunftsbogen“ der Zentralen Ausländerbehörde in Dresdner Erstaufnahmeeinrichtungen lebten beziehungsweise leben. Hier die PM.

Solidaritätserklärung. Geflüchtete wie das Netzwerk für Demokratische Kultur Wurzen sehen sich in der Stadt verbaler und physischer Attacken ausgesetzt. Erst letzte Woche beschmierten Faschist*innen wieder Stolpersteine, die an im Holocaust ermordete Jüd*innen erinnern. Wohnhäuser Geflüchteter wurden zum Ziel. Antisemitische und rassistische Parolen fanden sich auch an anderen Orten, wie am Domplatz (Berichterstattung des MDR. „Wir wissen, wie schwer es ist, sich trotz Anfeindungen und zum Teil sehr persönlicher Bedrohungen mutig für die Rechte marginalisierter Menschen einzusetzen. Wir wissen auch, wie wichtig und unverzichtbar dieses Engagement ist. Daher möchten wir alle und besonders das Netzwerk für Demokratische Kultur darin bestärken!“ schreiben die Unterzeichner*innen der Solidaritätserklärung. Presseberichterstattung gab es in der LVZ, eine Anzeige wurde im Wurzener Stadtjournal geschaltet. 

Informationen zum Asylverfahren. Zwei Vereine haben in letzter Zeit ihre asyl- und aufenthaltsrechtlichen Informationen aktualisiert. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. bietet mit seinem umfassenden „Leitfaden für Flüchtlinge“ ein Nachschlagewerk. Es setzt bei der Anhörung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an. Einzelne, aufenthaltsrechtliche Paragraphen, die im Falle des negativen BAMF-Bescheids ein Bleiberecht sichern können, werden im Detail besprochen. Auch auf soziale Rechte, jeweils abhängig vom Aufenthaltsstatus, geht der Leitfaden ein. Zu finden hier. Mit einem spezifischen Fokus auf Dresden hat die Kontaktgruppe Asyl ein ebenso detailliertes Dokument erstellt. Dort finden sich auch Adressen zu Rechtsanwält*innen, medizinischen Einrichtungen sowie Infos zu Übersetzungen und Sprachmittlung wie Zugang zu Deutschkursen. Download des PDF hier.

Informationen zur Lebensunterhaltssicherung bei der Ausbildung. Eine Ausbildung, die den Lebensunterhalt nicht sichert? Das kann Menschen im Asylverfahren oder mit Ausbildungsduldung treffen. Wie der Zugang zu BAföG beispielsweise bei der schulischen Ausbildung oder zur Berufsausbildungsbeihilfe bei der betrieblichen errungen werden kann, hat der Paritätische Gesamtverband in einer neuen Publikation zusammengestellt.

In eigener Sache – SFR-Technologisierung. Wenn bei euch in der Ecke ein Smartphone herumliegt und ihr es gar nicht mehr benötigt und auch gar nicht wisst, ob ihr es wirklich entsorgen solltet, weil es ja eigentlich noch funktioniert – wir würden es gern nehmen! Die Kosten für Smartphones sind von unseren Projektmittelgeber*innen nicht abgedeckt, jedoch sind sie für unsere Arbeit unerlässlich. What’sApp sollte darauf in jedem Fall funktionieren. Wenn ihr die Technologisierung des SFR unterstützen wollt, schreibt an mueller@sfrev.de. Danke im Voraus!

 

Termine 

Noch bis einschließlich kommenden Montag veranstaltet das Europäische Zentrum der Künste in Hellerau, Dresden die Veranstaltungsreihe „B Europe – Ein Projekt über die Vielfalt, Visionen und den Plan B von Europa.“ Heute tritt das Maqamat Dance Theatre mit dem Stück #minaret auf. Kann eine Stadt sterben? –  Ist die Frage, die die Zerstörung Aleppos aufgeworfen hat und die mittels Tanz und Musik beantwortet werden soll. Weitere Termine findet ihr hier. Empfohlen seien noch die morgige Lebendige Bibliothek, in denen Menschen und ihre Geschichten „ausgeliehen“ werden können sowie die Sonntag und Montag stattfindende Theaterperformance „Clean City“. Fünf Frauen verschiedener Staatsbürgerschaften treten aus Demütigung und Unsichtbarkeit heraus und erzählen aus ihrem von Migration und Flucht geprägten Leben.

Am 23. Mai bietet das Antidiskriminierungsbüro Sachsen seinen Workshop zu „Was tun bei rassistischer Diskriminierung“ in Zwickau an. Von 09.30 bis 16.30 Uhr erfahren die Teilnehmer*innen, wie Unterstützung Betroffener erfolgen kann und welche Handlungsmöglichkeiten es gibt. Mehr Infos und Anmeldung über afsane.akhtar-khawari@adb-sachsen.de.

Das „Nadeem-Zentrum für Rehabilitierung von Opfern von Gewalt und Folter“ in Kairo in Ägypten wurde mit dem Menschenrechtspreis von Amnesty International ausgeszeichnet. Folter durch Sicherheitskräfte wird dort dokumentiert, die Betroffene in einer Spezialklinik behandelt. Die Mitarbeiter*innen setzten ihre Arbeit auch nach der Schließung ihrer Klinik im Februar 2017 fort. Am 23. Mai wird Dr. Taher Mokhtar mit Ilyas Salbia von Amnesty in der Alten Börse in Leipzig über die Arbeit des Zentrums und den Einsatz für Menschenrechte sprechen. Beginn ist 19 Uhr, mehr Infos hier.

„Open Piano for Refugees“ – das Musikinistitut DoReMi aus Wien stellt Konzertflügel in verschiedenen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf, so auch vom 24. bis 26. Mai auf der Prager Straße in Dresden. Jede*r kann sich an den Flügel setzen und seine*ihre Fähigkeiten und Kreativität zum Besten geben. Mit den generierten Spenden will das Institut den Unterricht an Oud, Klavier, Gitarre sowie von Jazz- und Arabischen Gesang von und für Geflüchtete finanzieren. Mehr Infos zur Veranstaltung in Dresden hier.

http://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de/wp-content/uploads/2018/04/Sharepic-AbschHaftDemo.png

Abschiebungshaft soll noch in diesem Jahr in Dresden vollzogen werden. Details und Aufruf zur Demo auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Farsi hier. Wir danken den Leuten vom Studierendenreferat WHAT der TU Dresden für’s Mitorganisieren. Spread the Word! Haft für Schutzsuchende ist unerträglich, zeigt euch solidarisch mit den Betroffenen, informiert und erklärt.

Bei Fragen und Ängsten zu Abschiebungshaft, wer betroffen sein könnte, wie sie vorgebeugt werden kann und anderem, schreibt an gaertner@sfrev.de.

Interesse, über Abschiebungshaft informiert zu werden? Wir kommen gern in den Verein/ in die Initiative und halten unseren Info-Vortrag bei euch. Dafür einfach an gaertner@sfrev.de schreiben. Wer lieber liest, möge sich hier informieren.

Weiter Demonstrieren heißt es am 6. Juni in Halle! Sachsen-Anhalt richtet in diesem Jahr die Innenministerkonferenz aus. „Anker lichten! Bleiberecht, volle Kraft voraus!“ ist das Motto der Demo. Gegen das Revival der 90er sind auch wir am 6. auf der Straße. Weitere Proteste am 7. Juni in Quedlinburg, wo die Herren Innenminister tagen werden. Jugendliche ohne Grenzen laden um 19 Uhr im Puschkinhaus in Halle zum Galaabend. Auch die Anti-Abschiebungsindustrie hat ihre Traditionenen: auch diese Jahr wird der Abschiebeminister gekürt. Mehr Infos hier auf Facebook, Updates auf Twitter unter #JOGIMK2018 beziehungsweise #IMK2018 mitbekommen.

Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt hat eine Kampagne für eine Abschiebungsbeobachtung am Flughafen Leipzig-Halle gestartet. Am 11. Juni zeigen die Kolleg*innen den Film „Deportation Class im Kanonenhof, Brühlscher Garten 4 in Dresden. „Deportation Class“ gibt eindrücklich Einblick in den Umfang und die Funktionsweise einer Abschiebung. Vor allem aber zeigt der Film die Folgen für die Betroffenen, die sich plötzlich im Herkunftsland wiederfinden. Im Anschluss werden die Kolleg*innen über Abschiebungsbeobachtung informieren – über eine dauerhafte Instanz, die Licht auf unbekannte Aspekte von „Abschiebungen“ werfen will. Wie Abschiebungsbeobachtung aussehen kann, was bei ihrer Ausgestaltung und Arbeit zu beachten ist, sind die Fragen, die beantwortet werden. Die Veranstaltung findet auf Deutsch und Englisch statt, Beginn ist 19 Uhr. Mehr Infos hier.

Am 20. Juni ist Weltflüchtlingstag! Chemnitzer Organisationen und Initiativen veranstalten im Stadthallenpark Theater- und Kunstperformances, informieren an Ständen zu den Themen Flucht und Asyl, es wird gegessen und getrunken und um 17 Uhr auf und mit dem Podium zum Thema „Flüchtlingsschutz oder Abschottung? Asylpolitik im europäischen Kontext“ diskutiert werden. Unter anderem mit Petra Zais, MdL, Bündnis 90/ Die Grünen, Prof. Dr. Birgit Glorius, TU Chemnitz und Mark Gärtner vom Sächsischen Flüchtlingsrat e.V. Gegebenenfalls kommen weitere Gäste. Mehr Infos hier.

Zum Bildungsstreik ruft die Initiative „Bildung statt Abschiebung“ am 22. Juni auf. Nachdem im Mai 2017 versucht wurde, einen Menschen gewaltsam aus seiner Berufsschule in Nürnberg abzuschieben, haben Mitschüler*innen die Initiative ins Leben gerufen. Sie verhinderten damals die Abschiebung. Ihr Ziel: dass am 22. Juni bundesweit Schüler*innen, Student*innen, aber auch Arbeitnehmer*innen, nicht das tun, was sie an diesem Freitag eigentlich tun sollten, sondern auf die Straße gehen und protestieren. Gegen Abschiebungen, für Bildung, für eine Zukunft, in der nicht mehr „Ungerechtigkeit und Ausgrenzung auf der Tagesordnung stehen“, so der Aufruf. Das Leipziger Aktionsnetzwerk Protest LEJ beteiligt sich an der Initiative und informiert am 26. Mai im Ziegenledersaal der Uni Leipzig zu den geplanten Aktionen für den 22. Juni. Beginn ist 18 Uhr, mehr Infos hier.

Am 25. und 26. Juni lädt das Aufbauwerk Region Leipig zur Fachkonferenz „Vielfalt auf dem Arbeitsmarkt – Perspektiven für Geflüchtete in Sachsen, Thüringen und der EU“ ein. Das Ganze im Neuen Rathaus in Leipzig.

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