PM: Koalitionsvertrag bietet Spielraum fürs Innenministerium – genauer Augenmerk vonnöten!

Verändern wird der Koalitionsvertrag, offen bleibt an vielen Stellen, in welche Richtung
Klar ist: der Koalitionsvertrag, den CDU, Bündnis 90/ Die Grünen und SPD am Sonntag vorlegten, wird auch in der Asylpolitik Veränderungen mit sich bringen. Einige Vereinbarungen sind deutlich und geben Anlass zu Optimismus, bei anderen zeigt sich, dass noch viel Klärungsbedarf zwischen den Koalitionsparteien besteht. Einiges, vor allem die grundsätzliche Frage der Unterbringungspolitik, fiel vom Verhandlungstisch.

Eine der am stärksten, herausgestrichenen Forderungen des SFR soll alsbald erfüllt werden: wenn eine Ausbildungsduldung in Aussicht steht, die Ausbildung aber noch nicht beginnt, dann sollen betroffene Personen bis dahin vor Abschiebung sicher sein. „Damit wird ein wichtiger Schritt getan, um humanitäre Härten künftig zu vermeiden.“ findet Frederic Weichselberger, Vorstandsvorsitzender beim SFR. Auch die Ausbildungsbetriebe dürften sich freuen. Sie können bald sicherer planen. „Ein Stück des Weges liegt dabei aber noch vor uns.“ erzählt Weichselberger. Denn wie die „landesweit einheitliche Anwendungspraxis“ aussehen wird, steht noch in den Sternen. Das Aufenthaltsrecht bietet zahlreiche Fallstricke, die sich in der Praxis in kaum überwindbare Hürden verwandeln können. Weichselberger ergänzt: „Es darf nicht aus dem Blick fallen, dass neben dem Spurwechsel noch zahlreiche weitere Optionen des Aufenthaltsrechts für Menschen greifen können. Das können Menschen sein, die gegebenenfalls nicht in der Lage sind, zu arbeiten.“ Wenn nun geprüft werde, wie der humanitäre Charakter der Härtefallkommission gestärkt werden könne, dann sei das erster Anlass für verhaltenen Optimismus, so Weichselberger. Die Ausländerbehörden sollen nun stärker in die Pflicht genommen werden, auf die Rechte von Geflüchteten hinzuweisen und darüber zu informieren. Weichselberger: „Das könnte zu einem Mehr an rechtsstaatlich sicheren Entscheidungen führen.“

Worüber nochmal gesprochen werden muss…

Wie bei Ausbildungsduldung und Härtefallkommission müssen auch weitere Vereinbarungen von Staatsministerium des Inneren umgesetzt werden. Vieles bedarf keiner Zustimmung durch den Landtag. Das betrifft unter anderem die versprochene Reform des Gewaltschutzkonzeptes oder auch das „Abschiebemonitoring“ an „geeigneter Stelle.“ Weichselberger bewertet das differenziert: „Auch hier müssen wir genauen Augenmerk auf die weiteren Entwicklungen in den kommenden Jahren legen. Dass beispielsweise eine wirklich unabhängige Abschiebebeobachterin am Flughafen in Leipzig/ Halle arbeiten wird, ist längst nicht ausgemacht.“ Gänzlich unklar ist dem SFR bisher, wie konkret nun das Thema Schule und Lager angegangen wird. Ab dem vierten Monat soll der Schulzugang für Kinder und Jugendliche ermöglicht werden. Nur, es findet sich auch die Einschränkung, dass eine maximal dreimonatige Aufenthaltsdauer für Minderjährige nur unter „Beachtung der bundesrechtlichen Regelungen“ erfolgt. Das lässt schließen, dass die Koalition das Thema vorerst vertagt hat. „Das bedeutet, hier besteht noch viel Spielraum für die Koalition. Solang es aber keine konkrete Einigung gibt, kann vor allem das Innenministerium weiter recht frei agieren.“ meint Weichselberger. Er erhofft sich einen wachsamen Blick von den künftigen Regierungskolleg*innen des*der Innenminister*in wie von den Koalitionsabgeordneten im Landtag.

…und was vom Tisch fiel

Dass die drei Parteien die Kehrtwende hin zur dezentralen Unterbringung und weg von der Lagerpolitik vollziehen, ist wiederum gar nicht zu erwarten. Bis zu 24 Monate in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes – das war eine der Regelungen, die die vorherige Koalition beschlossen hatte. Sie wird nicht revidiert. Auf eine eigene Wohnung können jene gerade nicht hoffen, denen die juristisch nicht definierte „schlechte Bleibeperspektive“ zugeschrieben wird. Auch bei der Abschiebehaft bleibt eine Trendwende aus. Marginale Verbesserungen wie Sprechzeiten für die Abschiebehaftkontaktgruppe mag die Koalition vorerst nicht beschließen, genausowenig wie ein Ende aller Abschiebungen – wenigstens nicht mehr in den Krieg nach Afghanistan. Eine elektronische Gesundheitskarte wird es weiterhin nicht geben. Die Stadt Dresden wird also, so hatte es Sozialbürgermeisterin Dr. Kris Kaufmann angekündigt, vorerst die einzige Kommune bleiben, die bald einen unkomplizierten Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen im Asylverfahren durchführen wird.

Gesellschaft sind alle Menschen, die hier leben!

Gespannt ist Weichselberger auf das kommende Integrations- und Teilhabegesetz: „Hier besteht viel Potential für eine Landesregierung, ein deutliches Signal zu setzen: Sachsen ist ein Land, in das Menschen fliehen und migrieren; ein Land, in dem es gewollt ist, dass sie Teil der Gesellschaft sind.“

Kontakt

Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Frederic Weichselberger
-Vorstandsvorsitzender-
Tel.: 0351 33 23 55 94
Mail: pr@sfrev.de

 

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