Seit Jahren klagen Personal und Ratsuchende über die langen Bearbeitungszeiten in den Ausländerbehörden Sachsens. In der Ausländerbehörde Leipzig wurde reagiert und bereits mehr als 40 zusätzliche Mitarbeitende eingestellt. Zusätzlich erweitert sie ihr digitales Angebot um Online-Anträge für Aufenthaltstitel. Reicht das, um die Überlastung und die langen Bearbeitungszeiten in den Griff zu bekommen?
Kurzer Rückblick
Im Spätsommer 2015 kommt eine Großzahl Fliehender, vor allem aus Syrien, in Deutschland an. Die russischen Luftangriffe auf syrische Städte wie Aleppo und das Kürzen der Hilfsprogramme in den Nachbarländern Syriens, zwingt sie zur Weiterflucht. Dadurch kommt es zur größten Anzahl von Asylanträgen in der Geschichte der BRD: über 722.000 Asylerstanträge werden im Jahr 2016 vom BAMF erfasst. Im Vergleich dazu waren es im vergangenen Jahr insgesamt ca. 229.000 dieser Anträge. Seit dem Anstieg der Asylerstanträge im Jahr 2016 klagt das Personal in den Ausländerbehörden über eine zu starke Arbeitsbelastung.
Rettungsgasse im Behördenstau
Beim Thema Einbürgerung ist der Behördenstau am Größten: wer die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt, wartet in der Regel mehrere Jahre bis diese bewilligt wird. Dabei wäre es naheliegend, genau dort dringend Prozesse zu vereinfachen, um Antragstellende aus der Zuständigkeit der Ausländerbehörde zu entlassen und Behörden Platz auf den Schreibtischen zu schaffen. Doch es bleibt beim Konjunktiv, solange bürokratische Prozesse nicht entschlackt werden.
Die Stadtverwaltung Leipzig reagierte bereits eigenständig, indem sie das Personal der Ausländerbehörde des Ordnungsamtes aufstockte und über 40 Mitarbeitende neu einstellt. „Insbesondere im Bereich Einbürgerung, Fachkräfteeinwanderung und allgemeines Ausländerrecht wurden die Bearbeitungskapazitäten an die Anforderungen angepasst“, erklärt Guido Ermisch, Leiter der Leipziger Ausländerbehörde. Außerdem können Aufenthaltstitel oder auch Ausbildungs- und Beschäftigungsduldungen online beantragt werden – und auch die Beantragung humanitärer Aufenthaltstitel soll noch in diesem Sommer ermöglicht werden.
Mausklick statt Nummer ziehen
„Die Online-Antragsstellung trägt maßgeblich dazu bei, die Bearbeitungszeiten bei der Ausländerbehörde zu verkürzen. Außerdem bringt eine Digitalisierung den Vorteil, dass die geforderten Unterlagen übersichtlich und transparent für die antragsstellenden Personen aufgelistet werden“, erklärt Gina Linnert, SFR-Mitarbeiterin im Projekt „Perspektive Bleiberecht Leipzig“.
Durch die Online-Beantragung seien auch weniger Ratsuchende vor Ort aufgeschlagen und das Behördenpersonal könne sich um die Abarbeitung von Altfällen kümmern. „Die hierbei freigesetzten Kapazitäten hat die Behörde in die Einrichtung eines eigenen Callcenters sowie die Reduzierung von Bearbeitungsrückständen umgelenkt“ teilt Guido Ermisch mit. Dies komme auch bei den Mitarbeitenden gut an: „Die Digitalisierung wird als Unterstützung wahrgenommen. Sie bietet ein modernes Arbeitsumfeld und ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“
Persönliche Beratung auch 2025 weiter notwendig
Trotz erfolgter Digitalisierung, sieht Gina Linnert die Notwendigkeit von persönlicher Beratung: „Gleichzeitig zeigt sich, dass viele Menschen auf dem Weg bis zur (digitalen) Antragsstellung auf Unterstützung angewiesen sind. Genau hier setzt das Beratungsangebot von Perspektive Bleiberecht an – mit individueller Begleitung und Beratung.“
Nachfragen sind zudem über ein Kontaktformular möglich, auch dies hat bislang gut funktioniert. Dennoch sind viele Antragstellende in ganz Sachsen mit langen Wartezeiten konfrontiert: „Die Bearbeitungszeit von Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. einer Duldung liegt in der Regel bei 3-6 Monaten“, erklärt Guido Ermisch. Dies hängt vor allem mit der enormen Anzahl von Anträgen zusammen. Dennoch sind kürzere Bearbeitungszeiten für Betroffene genauso essentiell wie für mögliche Arbeitgeber. Denn ohne gültige Arbeitserlaubnis können Betriebe Geflüchtete nicht einstellen oder weiter beschäftigen.
Abschließend lässt sich feststellen, dass die Ausländerbehörde in Leipzig um nachhaltige strukturelle Verbesserungen bemüht ist und erste Vorhaben bereits umgesetzt hat. Natürlich brauchen viele dieser Maßnahmen noch etwas Zeit, da bspw. das Anlernen von Personal in komplexe Rechtsbereichen nicht in wenigen Wochen erfolgen kann. Um die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten von Anträgen in erheblichem Maße zu senken, wäre es zielführend, wenn andere sächsische Kommunen dem Beispiel aus Leipzig folgen.