Abschiebung in den Irak zerstört Leben integrierter Familie aus Gröditz
In der Nacht zum 28. Oktober wurde in Gröditz (Landkreis Meißen) eine irakische Familie von der Polizei aus dem Schlaf gerissen und nach Bagdad abgeschoben. Die Familie lebte seit 2021 in Deutschland, war fest in der Gemeinde verwurzelt und stand mitten im Arbeits- und Ausbildungsleben. Der Vater arbeitete sonntags ehrenamtlich in Riesaer Altenheim.
Der 21-jährige Sohn Sazvan Kamiran Haji begann am 1. September 2023 seine Ausbildung zum Friseur in Riesa. Er besitzt eine gültige Ausbildungsduldung und wurde heute von seiner Familie durch die Polizei getrennt. Im Rahmen einer Sammelabschiebung in den Irak wurden seine Mutter, sein Vater und sein kleiner 13-jähriger Bruder abgeschoben. Sein Vater, Kamiran Haji Saaed, arbeitete seit April 2022, zuletzt als Friseur im Salon New Styles in Riesa – mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag.
Darüber hinaus engagierte sich Herr Saeed ehrenamtlich an Wochenenden in einem Riesaer Altenheim, wo er Seniorinnen und Senioren kostenlos die Haare schnitt. Besonders tragisch: am gestrigen Tag der Abschiebung würdigt die Sächsische Zeitung diesen Einsatz mit einem Porträt zu Herr Saeed.
Arbeitgeber ist fassungslos
„Für ihn zählte nicht das Geld, sondern das Lächeln, das er den Menschen ins Gesicht zaubern konnte. Er sagte immer: ‚Wenn sie sich danach im Spiegel anschauen und freuen, ist das der schönste Moment des Tages für mich.‘“, sagt Salam Majeed, Arbeitgeber des Familienvaters.

Majeed betont, dass er bereits Teil der Gemeinde war: „Herr Saeed ist ein Mensch, der sich mit seiner Kraft für andere eingesetzt hat. Er wurde aus seinem Leben gerissen – trotz all seiner Bemühungen, für die Gemeinschaft da zu sein und Teil von ihr zu werden.“
Behörde wollte Antrag auf Aufenthalt nicht annehmen
Die Familie hatte erst am 2. September 2025 bei der Ausländerbehörde Riesa eine Beschäftigungsduldung für den Vater beantragen wollen. Der Antrag wurde jedoch nicht entgegengenommen, da der Sachbearbeiter die Deutschkenntnisse des Familienvaters in Frage stellte, obwohl dieser täglich auf Deutsch die Kundschaft bediente. Ein erneuter schriftlicher Antrag auf Aufenthalt am 4. September blieb von der Behörde unbeantwortet.
„Hier wurde nicht nur ein Arbeitsverhältnis zerstört und die Integrationsleistung einer gesamten Familie ignoriert. Hier wurden bewusst und auf brutale Art eine Familie getrennt – eine Familie, die in der Gemeinde geschätzt wurde, vor allem in den Altenheimen, in denen Herr Saaed umsonst tätig war.“
Die brutale Abschiebung erfolgte in der Nacht gegen 1:30 Uhr, während der jüngste Sohn, 13 Jahre alt, im Bett lag – am nächsten Tag hätte er eine wichtige Klassenarbeit geschrieben. Sein älterer Bruder erklärt, dass die beiden Brüder nur noch auf Deutsch miteinander sprachen, weil er im jahrelangen Schulbesuch daran gewöhnt

Sazvan Kamiran Haji: „Mein Bruder stand völlig unter Schock und konnte gar nichts sagen, als ihn die Polizei anschrie, dass er seine Koffer packen soll. Als er verstanden hatte, was passiert, weinte er nur noch. Dann konnte ich mich auch nicht mehr kontrollieren.“ Außerdem berichten er und sein Onkel, dass die Mutter der Familie während der Abschiebung bewusstlos umfiel. Aber als um einen Rettungswagen gebeten wurde, habe die Polizei dies abgelehnt.
Flüchtlingsrat verurteilt die Abschiebung scharf
Dave Schmidtke – Pressesprecher des Flüchtlingsrates kommentiert: „Das Grundgesetz schützt Familien in besonderen Maße, aber Menschen in Duldung werden hier offensichtlich ausgeklammert. Die Abschiebung ist ein trauriges Sinnbild einer Zeit voller Hetze gegen Geflüchtete, in der ihre individuelle Leistungen kaum Anerkennung finden.“
Azubi Sazwan Kamaran Haji ist noch immer schockiert wie hierzulande Familien getrennt werden: „Was ist das für eine Demokratie? Für wen gelten hier Menschenrechte? Meine Familie hat alles gegeben, um hier ein neues Leben anzufangen. Das ist nicht gerecht.“ Die Familie war in Gröditz gut integriert, arbeitete, engagierte sich ehrenamtlich und wurde von der Nachbarschaft und den Kundinnen und Kunden im Friseursalon geschätzt.
Der Sächsische Flüchtlingsrat fordert eine lückenlose Aufklärung der Abläufe durch die Ausländerbehörde Riesa sowie ein sofortiges Umdenken in der Abschiebepraxis: Wer als Familie einreist, sich dann um Arbeit bemüht und soziale Verantwortung übernimmt, darf nicht in ein Krisengebiet zurückgeschickt werden.
Es gilt die Lebensleistung sowie die Arbeitsmarktintegrations dieser Familie zu würdigen und eine Rückholung anzuordnen!

