Der Sächsische Flüchtlingsrat verurteilt das rechtswidrige und diskriminierende Vorgehen der Bundespolizei, die einem Geflüchteten zu Unrecht Gebühren für erkennungsdienstliche Maßnahmen und Dolmetscherkosten in Rechnung stellte. Begründet wurde das Vorgehen mit der Mutmaßung, dass der Betroffene in naher Zukunft erneut eine Straftat begehen könnte.
Der Schutzsuchende, der keinerlei Straftat begangen hatte, erhielt vor einigen Monaten einen Gebührenbescheid über 102,73 Euro für besondere erkennungsdienstlichen Maßnahmen – mit der Begründung, dass er Teil eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sei. Die von der Bundespolizei vollzogenen Maßnahmen geschahen jedoch nur auf den möglichen Verdacht einer zukünftigen Straftat – ohne konkrete Beweise.
Trotzdem wurde der Geflüchtete, der mittlerweile eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und ohne Straftat hier lebt, wie ein Beschuldigter behandelt. Er hatte keinen Einfluss auf die Durchführung der besonderen erkennungsdienstlichen Maßnahme und sollte für die Maßnahmen zahlen, obwohl solche Kosten gesetzlich von der Staatskasse übernommen werden müssen. Im Widerspruchsverfahren wurde der schutzsuchenden Person Recht gegeben und der Gebührenbescheid aufgehoben.
Rechtswidriges Vorgehen darf keine Praxis werden
„Die Bundespolizei stellte einem Geflüchteten willkürlich einen Gebührenbescheide aus und unterstellt ihm (zukünftige) Straftaten, ohne Beweise vorzulegen“, kritisiert Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat. „Das ist nicht nur juristisch haltlos, sondern auch ein gefährliches Signal: Geflüchtete werden unter Generalverdacht gestellt, ohne dass eine tatsächliche Straftat vorliegt.“
Ebenso besorgniserregend ist der Versuch der Polizei, die Kosten für den hinzugezogenen Dolmetscher auf den Geflüchteten abzuwälzen. „Die sprachliche Verständigung im Strafverfahren ist grundlegendes Menschenrecht, dass auch Geflüchteten zusteht – daran möchten wir die Bundespolizei erinnern“, mahnt Schmidtke. Dieses Recht ist auch in Art. 6 Abs. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2003 entschieden, dass solche Kosten übernommen werden müssen.
Nach Wissen des Sächsischen Flüchtlingsrates handelt es sich bisher um einen Einzelfall. Umso wichtiger ist es, dass diese rechtswidrige Praxis sofort eingestellt wird. Sollten Gebührenbescheide ähnlicher Art bestehen, müssen diese zurückgenommen werden. Geflüchtete dürfen nicht unter Generalverdacht stehen.