Newsletter 03/25: Hätten wir eine Stimme…

Wir, die Geflüchteten in diesem Land, sind (wie viele andere Migrant:innen) bis auf wenige Ausnahmen nicht wahlberechtigt. Rund 10 Millionen Menschen, 14 Prozent der erwachsenen Bevölkerung, leben hier, arbeiten hier, sind von allen Prozessen hier betroffen, können aber nicht mitbestimmen, in welche Richtung sich die Politik entwickeln soll. Ihre Stimmen werden kaum gehört — und wenn doch, dann oft verzerrt oder unter Rechtfertigungsdruck. Das hat weitreichende Folgen und ist Teil der gesellschaftlichen Abschottung. Hätten wir eine Stimme…

Newsletter 11/24: No more camps, we want homes!

Beschwerden über die Zustände in den Flüchtlingsunterkünften erreichen uns regelmäßig. So haben wir auch in diesem Jahr versucht, uns den verschiedenen Facetten der Unterbringung zu nähern: Die (ökonomischen, aber auch politischen) Kosten eines profitorientierten „Minimalservice“ durch Unternehmen, die zunehmende Verwahrlosung, die Notwendigkeit einer dezentralen Unterbringung und einer sozial(pädagogisch)en Vernunft statt Schikane. Der Heim-TÜV, der zwar einige Probleme benennt, aber insgesamt die Situation eher verharmlost, steht also im Widerspruch zum Augenschein. Dies veranlasste u.a. die Leute von der Seebrücke Dresden und dem Sächsischen Flüchtlingsrat, diesem Widerspruch ein Gesicht zu geben.

Newsletter 10/24: Vom Kopf auf die Füße: Paläste gegen Blocks und Asylunterkünfte

Diesen Monat erreichte uns eine erfreuliche Nachricht: Das Sozialamt Leipzig teilte mit einem Foto mit, dass in den privat betriebenen Notunterkünften in Leipzig endlich die fehlenden Türen eingebaut wurden und nun auch mehrsprachig auf die Beschwerdemöglichkeiten hingewiesen wird. Die Zustände in diesen Unterkünften haben wir mit Unterstützung von menschenrechtsorientierten Sozialarbeiter:innen öffentlich gemacht, woraufhin ein Gespräch zwischen uns, der Betreiberfirma und dem Sozialamt stattfand, das von Vertreter:innen des Migrant:innenbeirats und des Landtags begleitet wurde. Entgegen der Behauptung, dass in den Notunterkünften alles mit rechten Dingen zugehe und selbst der Einbau von Türen (wegen des Brandschutzes) nicht möglich sei, haben wir auf konkrete Schritte zur Verbesserung gedrängt.

Newsletter 09/24: Arbeit als Abschreckung und Bestrafung

in Stollberg im Erzgebirge werden Geflüchtete gezwungen, für 80 Cent pro Stunde gemeinnützige Arbeiten zu verrichten – mit der Drohung drastischer Leistungskürzungen. Dieser Zwang offenbart, wie Deutschland die systematische Ausbeutung von Asylbewerber:innen als vermeintliche “Integration” rechtfertigt. Stollbergs Oberbürgermeister Marcel Schmidt (Freie Wähler) argumentiert, Deutschland sei das einzige Land, das derzeit „paradiesische Formen vorgaukelt“. Die verpflichtende Arbeit für Geflüchtete ist keine neue Praxis, doch durch das Rückführungsverbesserungsgesetz hat diese Form der Ausbeutung eine neue Dimension erreicht. Dem Gesetz ging eine zutiefst realitätsferne und rassistische Debatte voraus, in der Geflüchtete pauschal mit Kriminalität, Leistungsmissbrauch, Gefährdung der inneren Sicherheit und Arbeitsunwilligkeit in Verbindung gebracht wurden.

Newsletter 08/24: Landtagswahl in Sachsen: Unvollkommen aber unser

die Landtagswahl in Sachsen ist vorbei und das lang erwartete Ergebnis liegt vor. Dass sich ein Drittel der Wähler:innen für eine neofaschistische Strömung entschieden haben, ist nicht das Einzige, was uns Sorge bereitet: Seit geraumer Zeit müssen wir mit ansehen, wie auch andere Parteien flüchtlingsfeindliche Positionen einnehmen. Dahinter miesen Populismus zu diagnostizieren, ist zwar richtig, erklärt aber nicht alles: Diese Parteien scheinen aus Eigeninteresse das Thema Fluchtmigration in den Vordergrund zu rücken, weil (auch) sie in vielen Sachfragen keine Antworten anbieten können, die der verarmten Bevölkerung zugutekämen. Dass neofaschistische Parteien dort am besten abschneiden, wo die Zukunftsängste am größten sind (nämlich bei den Ärmsten und Jüngsten), muss als wichtigste Erkenntnis festgehalten werden. Man kann es auch so lesen: Geflüchtete werden von denen am meisten angefeindet, mit denen sie viele ihrer Probleme teilen. Aus Sicht der sozialen Bewegungen ist das fatal, aus Sicht der Geflüchteten erschreckend.