Weiterleitung der Stellungnahme der Flüchtlingshilfe Crottendorf & Walthersdorf zur Abschiebung der Familie Kutllovci

Der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. bittet um Kenntnisnahme:

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Verteilung: SMI Sachsen. Integrationsbeauftragte. Landratsamt Erzgebirge. Sächsischer Flüchtlingsrat. Ausländerbehörde Chemnitz. Ausländerbeirat Erzgebirge. Freie Presse

Stellungnahme zur Abschiebung Familie Kutllovci am 01.12.2016

Sehr geehrte Damen & Herren,

als engagierte und „ausgezeichnete“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der „Flüchtlingshilfe Crottendorf & Walthersdorf möchten wir unser Unverständnis zur gewaltsamen Abschiebung von Familie Kutllovci am 01.12.16 zum Ausdruck bringen:

1. Beteiligung lokaler Partner

Die Familie Kutllovci wurde von uns über ein Jahr betreut und hat sich in unserem Ort sehr schnell integriert. Neben Deutschkurs, Fußballtraining und Schulbesuch, einer Erklärung in unserem Ort wohnen und arbeiten zu wollen, kam es zur Mitarbeit im Familienzentrum als Integrationshelfer und u.a. Leiter einer zwei mal wöchentlich stattfindenden internationalen Begegnungsveranstaltung.

Um das Engagement vor Ort zu erhalten, bedarf es einer Mitsprache der informierten und beteiligten Akteure bei der Anhörung zum Asylantrag. Der Bürgermeister eines Ortes muss zu einer konstruktiven Stellungnahme gehört werden. Eine Entscheidung per Aktenlage entspricht nicht der Würde aller Beteiligten.

2. Recht auf Beistand

Obwohl die Behörde trotz laufendem Verfahren die Abschiebung wahrscheinlich rechtsmäßig beschlossen hat, die begleitende Anwältin sprach noch am 23.11.16 von einem sicheren Aufenthalt, hat die Familie das Recht auf Beistand und Begleitung mindestens durch den verantwortlichen Sozialpartner. Ein Entzug des Telefons, ohne Fluchtgefahr, und somit fehlende Beratung bei der Ausreise entspricht nicht unserem Rechtsverständnis.

3. Schutz der Familie, lt. Grundgesetz Art. 6 § 1-5

Gegen das konkrete Verfahren gegenüber Familie Kutllovci möchten wir auf das Schärfste protestieren. Auch Bürger des Kosovo genießen den Schutz des deutschen Grundgesetzes.

Trotz bestehender Verfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht Chemnitz nach § 60/ 7 AufenthaltsG, trotz bestehender problematischer Schwangerschaft im 5. Monat, trotz erneutem Ausbruch der schweren Nierenerkrankung (Facharzttermin am 20.12.16), trotz Beteiligung des schulpflichtigen 7- jährigen Kindes und seiner 2- jährigen Schwester kam es zum Vollzug einer dramatischen Abschiebung während der Nachtruhe. Bekannt ist der Behörde auch, dass die Ausweisung in die Obdachlosigkeit geschieht, da das Haus kriegszerstört wurde.

Diese Abschiebung wird in der Familie bleibende traumatische Schäden hinterlassen, die dem gesetzlichen Schutz einer Familie in Deutschland nicht entspricht und für die Repräsentation unseres Landes unwürdig ist.

Wir fordern eine erneute Prüfung des Falles unter bestehender Faktenanalyse. Wir fordern das zukünftige Recht auf Beistand auch bei Abschiebungen. Wir fordern eine zukünftige Beteiligung lokaler Partner bei notwendigen Einzelfallentscheidungen zur Integration der Familien in den beteiligten Orten. Nur eine Zusammenarbeit aller Partner kann die Akzeptanz von Flüchtlingsaufnahme, Integration vor Ort und Schutz der Antragssteller auf Asyl verbessern. Dafür könnten auch Gesetzesanpassungen notwendig sein.

Mit freundlichen Grüßen,

Familienzentrum Crottendorf e.V.

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