Beschwerden über die Zustände in den Flüchtlingsunterkünften erreichen uns regelmäßig. So haben wir auch in diesem Jahr versucht, uns den verschiedenen Facetten der Unterbringung zu nähern: Die (ökonomischen, aber auch politischen) Kosten eines profitorientierten „Minimalservice“ durch Unternehmen, die zunehmende Verwahrlosung, die Notwendigkeit einer dezentralen Unterbringung und einer sozial(pädagogisch)en Vernunft statt Schikane. Der Heim-TÜV, der zwar einige Probleme benennt, aber insgesamt die Situation eher verharmlost, steht also im Widerspruch zum Augenschein. Dies veranlasste u.a. die Leute von der Seebrücke Dresden und dem Sächsischen Flüchtlingsrat, diesem Widerspruch ein Gesicht zu geben.
Kategorie: Allgemein
Newsletter 10/24: Vom Kopf auf die Füße: Paläste gegen Blocks und Asylunterkünfte
Diesen Monat erreichte uns eine erfreuliche Nachricht: Das Sozialamt Leipzig teilte mit einem Foto mit, dass in den privat betriebenen Notunterkünften in Leipzig endlich die fehlenden Türen eingebaut wurden und nun auch mehrsprachig auf die Beschwerdemöglichkeiten hingewiesen wird. Die Zustände in diesen Unterkünften haben wir mit Unterstützung von menschenrechtsorientierten Sozialarbeiter:innen öffentlich gemacht, woraufhin ein Gespräch zwischen uns, der Betreiberfirma und dem Sozialamt stattfand, das von Vertreter:innen des Migrant:innenbeirats und des Landtags begleitet wurde. Entgegen der Behauptung, dass in den Notunterkünften alles mit rechten Dingen zugehe und selbst der Einbau von Türen (wegen des Brandschutzes) nicht möglich sei, haben wir auf konkrete Schritte zur Verbesserung gedrängt.
Newsletter 09/24: Arbeit als Abschreckung und Bestrafung
in Stollberg im Erzgebirge werden Geflüchtete gezwungen, für 80 Cent pro Stunde gemeinnützige Arbeiten zu verrichten – mit der Drohung drastischer Leistungskürzungen. Dieser Zwang offenbart, wie Deutschland die systematische Ausbeutung von Asylbewerber:innen als vermeintliche “Integration” rechtfertigt. Stollbergs Oberbürgermeister Marcel Schmidt (Freie Wähler) argumentiert, Deutschland sei das einzige Land, das derzeit „paradiesische Formen vorgaukelt“. Die verpflichtende Arbeit für Geflüchtete ist keine neue Praxis, doch durch das Rückführungsverbesserungsgesetz hat diese Form der Ausbeutung eine neue Dimension erreicht. Dem Gesetz ging eine zutiefst realitätsferne und rassistische Debatte voraus, in der Geflüchtete pauschal mit Kriminalität, Leistungsmissbrauch, Gefährdung der inneren Sicherheit und Arbeitsunwilligkeit in Verbindung gebracht wurden.
Abschiebung aus Neustadt (Sachsen): Zwischen Jubel, Tränen und den Spuren einer zerrissenen Familie
Wie läuft eine gewöhnliche Abschiebung ab, wie greift sie in den Alltag ein und was macht sie mit den Menschen? In Neustadt in Sachsen wurde vor knapp drei Wochen wieder eine Familie aus ihrem Leben gerissen und zwangsweise nach Mazedonien geschickt. Applaudiert und bejubelt wurde die Abschiebung von einigen Bewohner:innen des Viertels. Doch daneben gibt es auch diejenigen, die ihre Nachbar:innen und die entstandenen Freundschaften vermissen – und die ihren Unmut über das Verhalten der jubelnden Zuschauer:innen und der Polizei zum Ausdruck bringen. Unsere Öffentlichkeitsarbeit war vor Ort und hat sich mit den Nachbar:innen getroffen. Ein Bericht.
„Perspektive Bleiberecht Leipzig“ – Neues Beratungsangebot für Langzeitgeduldete in Leipzig schafft Hoffnung
In Sachsen leben über 10.000 Geflüchtete in Duldung. Viele dieser Menschen verbleiben über Jahre in rechtlicher Schwebe, da aus diversen Gründen weder eine Abschiebung noch ein Ankommen im Freistaat möglich ist. Das neue Kooperationsprojekt „Perspektive Bleiberecht Leipzig“ zwischen der Ausländerbehörde Leipzig und dem Flüchtlingsrat startete im August und will hier Abhilfe schaffen. Es dient dazu langjährig Geduldeten Perspektiven für einen Aufenthaltsstatus aufzuzeigen und somit auch die Verwaltung zu entlasten.
Newsletter 08/24: Landtagswahl in Sachsen: Unvollkommen aber unser
die Landtagswahl in Sachsen ist vorbei und das lang erwartete Ergebnis liegt vor. Dass sich ein Drittel der Wähler:innen für eine neofaschistische Strömung entschieden haben, ist nicht das Einzige, was uns Sorge bereitet: Seit geraumer Zeit müssen wir mit ansehen, wie auch andere Parteien flüchtlingsfeindliche Positionen einnehmen. Dahinter miesen Populismus zu diagnostizieren, ist zwar richtig, erklärt aber nicht alles: Diese Parteien scheinen aus Eigeninteresse das Thema Fluchtmigration in den Vordergrund zu rücken, weil (auch) sie in vielen Sachfragen keine Antworten anbieten können, die der verarmten Bevölkerung zugutekämen. Dass neofaschistische Parteien dort am besten abschneiden, wo die Zukunftsängste am größten sind (nämlich bei den Ärmsten und Jüngsten), muss als wichtigste Erkenntnis festgehalten werden. Man kann es auch so lesen: Geflüchtete werden von denen am meisten angefeindet, mit denen sie viele ihrer Probleme teilen. Aus Sicht der sozialen Bewegungen ist das fatal, aus Sicht der Geflüchteten erschreckend.