Im Landkreis Leipzig wurde eine Mutter von ihrem Mann und ihren Kindern getrennt
Eine weitere Familie wurde zerrissen. Die drei Kinder mussten miterleben, wie ihre Mutter in Panik aus dem Fenster sprang. Sie verblieb in Deutschland während Vater und Kinder im Pyjama abgeschoben wurden. Bon Courage e.V. wie Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. fordern einen Stopp jeglicher Familientrennungen und die umfassende Aufklärung aller bisher Vollzogenenen durch unabhängige, zivilgesellschaftliche Akteure.
Die Tragödie, die die Familie aus Armenien vor zwei Wochen im Dresdner Hechtviertel überkam, war nicht die einzige, die sich an dem Montagabend in Sachsen abspielte. Im Landkreis Leipzig stand die Polizei vor der Tür einer Familie georgischer Staatsbürgerschaft. In rasender Angst sprang die Mutter aus dem Fenster der Wohnung. Sie blieb unverletzt. Ihr Mann und ihre Kinder wurden abgeschoben. In Georgien befindet sich jetzt ein zehnjähriger Junge, der mit schwerer Epilepsie und geistiger wie körperlicher Behinderung im Rollstuhl sitzt. Sofort nach der Ankunft in Georgien wurde er ins Krankenhaus eingeliefert. Seine beiden jüngeren Geschwister, Zwillinge, sind vor zwei Jahren in Deutschland geboren worden. „Die Verantwortlichen in Behörden und Innenministerium können noch so oft betonen, dass so etwas rechtmäßig ist. Aber dann ist das Recht schlicht skrupellos.“ Sandra Münch vom Bon Courage e.V. zeigt sich entsetzt. Im Schock waren Vater und Kinder nicht mehr in der Lage, ihre Sachen zu packen. Sie wurden im Pyjama abgeschoben. Münch fügt hinzu: „Ich hoffe, die Landesdirektion zeigt sich diesmal nicht erneut derart schamlos und schiebt die Schuld für die Familientrennung den Betroffenen zu.“ Bon Courage .V. und Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. fordern eine bedingungslose Aufklärung dieser und aller anderen Familientrennungen. Gerade in diesem Fall ist dies besonders schwierig, weil die Wohnung auch für die Mutter zur Zeit nicht zugänglich ist und wichtige Dokumente nicht eingesehen werden können. Die Zahl der dem Sächsischen Flüchtlingsrat bekannten Familientrennungen erhöht sich damit auf sechs.
Asylbewerberleistungsgesetz sichert die Gesundheit von Menschen nicht
Die Geschichte der Familie zeigt weiterhin, dass die medizinische Versorgung von gestatteten und geduldeten Menschen nicht ausreichend ist. Das Asylbewerberleistungsgesetz wurde im Fall des erkrankten Jungen derart restriktiv angewendet, dass er keine Therapie erhielt. Um seine täglichen, teils starken Anfälle zu lindern, benötigt er spezifische Medikamente. Die gibt es in Georgien nicht. Das Medikament war tatsächlich der Grund, warum die Familie im Oktober 2013 nach Deutschland kam. Nachdem sie es nicht mehr aus der Türkei beziehen konnten, beschlossen die Eltern, nach Europa aufzubrechen – für die Gesundheit ihres Sohnes. „Welche Eltern würden nicht alles in ihrer Kraft stehende für ihr Kind tun?“ fragt Münch. Die Mutter will nun die „freiwillige Rückreise“ beantragen.