Pressespiegel von SFR und RLCL zur Asylpolitik | 10. Juli 2018

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10.07.2018
Pressespiegel zur Asylpolitik

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 10. Juli 2018
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt

  • Das syrische Regime attackiert die Region Daraa. In der Stadt Umm al-Maisan habe es mehr als 120 Luftschläge gegeben, berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Seit Beginn der Offensive Mitte Juni seien mindestens 162 Menschen getötet worden. Russland hatte den Einheiten, die derzeit noch Daraa halten, zugesichert, nach Nordsyrien abziehen zu können. Die Waffenruhe wäre unter der Bedingung zustande gekommen, dass die Gegner*innen des Regimes ihre schweren Waffen hätten abgeben müssen. Wenig später kam es erneut zu heftigen Gefechten. 300.000 Menschen sind geflohen, einige vor die Grenzen Jordaniens und Israels. Die israelische Regierung versorgt die Fliehenden in der entmilitarisierten Zone auf dem Golan mit Lebensmitteln und Medikamenten. Beide Staaten lassen jedoch niemanden ein. Jordanien argumentiert, mit einer Million aufgenommenen Geflüchteten sei genug, Israel hält seine Grenzen zu arabischen Staaten schon immer dicht und begründet dies auch heute mit Sicherheitserwägungen.
    http://www.sueddeutsche.de/politik/israel-syrien-proteste-grenze-1.4045429 (09.07.18)
  • Hatte die italienische Regierung noch vor wenigen Wochen auf eine „Achse Berlin-Wien-Rom“ gehofft, so ist diese Hoffnung zerstoben. Nachdem sich die deutsche Bundesregierung auf direkte Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Grenze geeinigt hatte, kündigte Österreich an, seine Südgrenze im Zweifel ebenso zu schließen. Was durch Verwaltungsabkommen zwischen Deutschland und weiteren EU-Mitgliedsstaaten, insbesondere Österreich und Italien, erreicht werden sollte, droht kurz nach der Einigung zu scheitern: die bereitwillige Aufnahme der in Deutschland lebenden Schutzsuchenden durch die nach Dublin-III für sie zuständigen Staaten. Der Schluss für die rechtsradikale, italienische Regierung ist klar: die Häfen vollends schließen. Nachdem Nichtregierungsorganisationen nicht mehr anlaufen dürfen, überlegt Innenminister Matteo Salvini, dies auch staatlichen Rettungseinheiten zu verbieten. Es bleibt festzuhalten: mögen sie rechts sein wie sie wollen, sich untereinander schätzen und scherzen – wenn es ans Eingemachte geht, bestehen rechte bis rechtsradikale Politiker*innen, Überraschung, auf ihre nationalistisch definierten Interessen.
    http://www.sueddeutsche.de/politik/italien-fluechtlinge-asylkompromiss-1.4038571 (04.07.18)
    https://www.tagesschau.de/ausland/mittelmeer-149.html (08.07.18)

Bund, Land, Kommune

  • Eventuell könnte das Lesen der beiden unteren Absätze komplett sinnlos sein, weil: Horst Seehofer angekündigt hat, dass eventuell alles wieder von vorn losgeht. Wenn denn seine Verwaltungsabkommen mit den anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht klappen.
    https://www.tagesschau.de/inland/einigung-asylstreit-109.html (06.07.18)
  • Bei der Bundestagsdebatte am Mittwoch vergangener Woche hatte sich die Koalition aus CDU, CSU und SPD noch nicht geeinigt. Dennoch zeigt die Gegenüberstellung der Redebeiträge der im Bundestag vertretenen Parteien, wo heute die Prioritäten gesetzt werden. Anstatt dass Menschenrechte geachtet werden, wird die Einheit der Europäischen Union beschworen. Paradox: Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich, dass internationales und europäisches Recht einzuhalten sei. Am nächsten Tag einigt sie sich mit ihren Koalitionspartner*innen unter anderem darauf, dass Menschen innerhalb von 48 Stunden in den nach Dublin-III zuständigen Mitgliedsstaat abgeschoben werden sollen. Von einem rechtlich nicht als Deutschland geltenden, aber sich dennoch in der Republik befindlichen Ort. Sprache und politisches Handeln gehen auseinander, auch bei der Kanzlerin. Die Relativierung internationalen wie europäischen Rechts zum Schutz der Menschenrechte, von dem Angela Merkel will, dass es eingehalten wird, ist damit offizielle Politik des Kanzleramts geworden.
    https://www.dw.com/de/merkel-rechtfertigt-ihren-kurs-in-der-fl%C3%BCchtlingsfrage/a-44515432 (04.07.18)
  • Und am Donnerstag einigten sich dann CDU, CSU und SPD: aus „Transitzentren“ wurden „Transverfahren“. Der, aus Sicht der Koalitionsparteien humanitäre Vorteil: Menschen werden nicht in einem Massenlager eingesperrt sondern auf Polizeistellen. Dort sollen sie innerhalb von 48 Stunden in den für sie zuständigen Dublin-Staat zurückgewiesen werden. Möglich, weil sie nur „fiktiv eingereist“ sind. Eine unglaublichere rhetorische Annullierung des Rechtsstaats hat es wohl selten gegeben. Das alles, sofern es denn beschriebene Verwaltungsabkommen gibt. Die scheinen aber unwahrscheinlich und dann, ja sowieso, alles nochmal von vorn und hin und her und nochmal hetzen und außerdem ist das ganze Schauspiel eine einzige Schande.
    Dennoch, was sonst noch so im Kompromiss steht: Einwanderungsgesetz noch im kommenden Jahr (irgendwie war das wohl der Erfolg der SPD. Nicht, dass es nicht sinnvoll wäre. Aber der Preis dafür sind irgendwie Hetze und ein am Boden liegendes, röchelndes Asylrecht), Schleierfahndungen und „sonstige intelligente grenzpolizeiliche Handlungsansätze“ hinter der Grenze sowie der Transfer von aufgegriffenen, bereits in einem anderen EU-Staat Registrierten in „Ankerzentren“.
    http://www.fr.de/politik/flucht-zuwanderung/asylstreit-die-grosse-koalition-verschaerft-das-asylrecht-a-1539207 (05.07.18)
    http://www.taz.de/!5519248/ (06.07.18)
  • Ein weit verbreitetes Vorurteil: Geflüchtete täuschen en masse bei ihrer Identität und Herkunft. Das war schon immer Quatsch, nun widerlegen es auch Zahlen. Von 15.000 ausgelesenen, davon 10.000 tatsächlich für das Asylverfahren verwendeten Handys haben sich nur in 100 Fällen Widersprüche zwischen den Angaben der Schutzsuchenden und den Daten ergeben. Selbst bei den 100 Fällen ist nicht klar, ob sich die Widersprüche im Anschluss im Gespräch mit dem*der Schutzsuchenden auflösen ließen.
    http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-auswertung-von-handys-bringt-kaum-nutzen-1.4046049 (08.07.18)

Hintergrund und Meinung

  • Warum Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz die Politik seiner deutschen Amtskollegin vollkommen naiv findet, erklärt Ralph Sina vom WDR. Kurz verstehe gar nicht Merkels Appell für eine faire Verteilung Schutzsuchender. Ihm gehe es darum, das Asylrecht abzuschaffen und das sage er auch so konkret. Sein Vorbild sei die australische „Asyl“-Politik. Also: Menschen im Meer abfangen und zurück in den „Vorhof der Hölle“ verfrachten.
    https://www.tagesschau.de/kommentar/kurz-seehofer-asylpolitik-kommentar-101.html (05.07.18)
  • Das Auseinandergehen von Sprache und Handlung der Kanzlerin erklärt sich Robert Roßmann in der SZ so, dass ihr Verweisen auf internationales und europäisches Recht ein Bekenntnis zum Multilateralismus sei. Dass sich Deutschland auch weiterhin mit anderen Staaten, vor allem innerhalb der EU abstimme. Die CSU dagegen setze inzwischen ausschließlich auf nationale Lösungen. Wo sich CDU und CSU einig seien: das Schicksal Geflüchteter stehe nicht mehr im Vordergrund. Doch Merkel sei in ihrem Anspruch gescheitert: der Koalitionskompromiss sei gerade nicht mit Österreich abgestimmt worden. Ihren Anspruch zu erfüllen, dafür habe ihre politische Kraft nicht mehr gereicht.
    http://www.sueddeutsche.de/politik/merkels-asylpolitik-abschottung-statt-willkommenskultur-1.4040049 (04.07.18)

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