Pressespiegel zur Asylpolitik vom 29. Januar 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de
Geschehenes – Kurzmeldungen
Blick nach Europa und die Welt
- Im Zuge des Machtkampfs zwischen Juan Guaidó und Nicolás Maduro in Venezuela beginnen mehr und mehr Menschen, zu fliehen Bereits im letzten Jahr sind 230.000 Menschen aus Venezuela geflohen, in Nachbarländern schlägt ihnen zunehmend Hass entgegen. Der UNHCR hat dies verurteilt und rief Medien und Nutzer*innen sozialer Netzwerke auf, Hass zu benennen, nicht, ihn zu befeuern. Seit 2016 sind etwa zwei Millionen Menschen venezuelanischer Staatsbürgerschaft aus dem Land geflohen. Eine weitere Million Menschen lebt außerhalb Venezualas auf Grund von anderen Aufenthaltserlaubnissen oder wegen Arbeitsvisa.
SPON (28.01.19)
- Wieder irrt seit über einer Woche ein Seenotrettungsschiff auf dem Mittelmeer herum, diesmal sind es 47 Menschen, die sich an Bord befinden. Derzeit liegt das Schiff von Sea Watch vor Sizilien, im Inneren des Schiffs gibt es nicht genug Platz für alle, es ist kalt. Die italienische Regierung beharrt darauf, dass die Häfen geschlossen bleiben. Zuletzt hatte das italienische Innenministerium die Hafenbehörde in Syrakus angewiesen, den Umkreis von 500 Metern um das Schiff zum Sperrgebiet zu erklären. Offiziell geschieht dies aus Quarantäne-Gründen, tatsächlich will Salvini verhindern, dass sich Oppositionspolitiker*innen auf das Schiff begeben.
Der Standard (28.01.19)
- Deutschland zieht sich aus der EU-Mission Sophia zurück, deren Auftrag die „Bekämpfung krimineller Schleusernetzwerke vor der libyschen Küste“ ist. Dafür wird unter anderem die libysche Küstenwache – also selber eine kriminelle Organisation – aufgerüstet und ausgebildet. Seit Mai 2015 hat darüber hinaus die deutsche Marine 22.500 Menschen im Mittelmeer gerettet. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen begründet den Rückzug der deutschen Beteiligung damit, dass die deutschen Schiffe in den vergangenen neun Monaten in Teilen des Mittelmeers unterwegs waren, wo keine Fluchtrouten entlangliefen. Linke und Grüne werfen der Bundesregierung vor, zivile Seenotrettung zu verhindern ohne selber für eine umfassende, staatliche Rettungsmission zu sorgen. Die FDP spricht von einem Armutszeugnis für Europa.
Hannoversche Allgemeine (23.01.19)
- Die rechtsradikale, italienische Regierung wirft Frankreich vor, durch fortdauernde Kolonisierung afrikanischer Länder Fluchtursachen zu schaffen. Eine Kritik, die in differenzierter Form sicherlich legitim ist, nur stellt sich die Frage, des „Wer spricht?“ Das ist eine Regierung, die sich auf Vereinbarungen mit libyschen Milizen einlässt, Gefangenenlager errichtet, selber Teil der EU ist, die unter anderem mit ihrer Handelspolitik Flucht verursacht. Die Kritik dürfte nicht solidarisch motiviert sein sondern aus innereuropäischem Kalkül.
Zeit (21.01.19)
- Großbritannien bleibt bis zum Brexit Teil der gemeinsamen EU-Asylpolitik, urteilte der Europäische Gerichtshof vergangene Woche. Zwei Schutzuschende und ihr Kind hatten in Irland um Asyl gesucht, nach der Dublin-III-Verordnung war jedoch Großbritannien zuständig. Die Betroffenen argumentierten, dass wegen des geplanten Brexits Irland zuständig sei. Das verneinte der Europäische Gerichtshof.
FAZ (23.01.19)
Bund, Land, Kommune
- In 2018 wurden etwa 185.000 Asylerstanträge in Deutschland gestellt und damit 16 Prozent weniger als im Vorjahr. Die meisten Schutzsuchenden kommen insgesamt aus Syrien, Irak, Afghanistan, Iran, es folgen Nigeria und die Türkei.
SPON (23.01.19)
- Etwa 3.200 unbegleitete, minderjährige Geflüchtete führte das Bundeskriminalamt Anfang 2019 noch als verschwunden, Anfang 2017 waren es 8.400. Entwarnung könne nicht gegeben werden, meint Tobias Klaus vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF). Der BumF hat eine bisher nicht veröffentlichte Studie gestartet, die sogar auf einen leichten Trend hin wieder zu einem Anstieg der Zahl verschwundener Minderjähriger hindeutet. Viele ziehen weiter zu Angehörigen oder sonstigen Bezugspersonen irgendwo in Deutschland oder Europa. Als einen weiteren Grund sieht der BumF die Angst vor der tatsächlich oder vermeintlich bevorstehenden Abschiebung an.
DW (26.01.19)
- Menschen, die eine Bürgschaft für Schutzsuchende abgegeben haben, befanden sich lang in Ungewissheit, ob und wenn ja wie hoch Rückzahlungsforderungen ausfallen würden. Politisch wurde um das Jahr 2015 herum damit geworben, derlei Bürgschaften abzuschließen, einige Bundesländer hätten allerdings auch falsche, rechtliche Informationen veröffentlicht. Bund und Länder sind nun übereingekommen, die Kosten jeweils zur Hälfte zu tragen. Das Bundesarbeitsministerium will das derzeit nicht bestätigen, gibt aber an, dass eine Einigung nicht in weiter Ferne liege.
tagesschau (24.01.19)
- Menschen werden als „Gefährder*in“ gelabelt allein auf der Basis eines Polizeibegriffs. Im Fall eines Mannes tunesischer Staatsbürgerschaft besteht Verdacht auf Unterstützung zu terroristischen Vereinigungen. Er wurde, nachdem er aus der U-Haft entlassen wurde, einen Tag später juristisch in Abschiebehaft genommen, physisch befand er sich aber in einer Justizvollzugsanstalt wieder. Das Amtsgericht und das Landgericht in Frankfurt am Main hielten das für zulässig, der Fall ist inzwischen beim Bundesgerichtshof gelandet. Der ist sich nicht sicher, ob bei bloßen Sicherheitsbedenken auf Verdacht das Trennungsgebot zwischen Abschiebe- und Strafhaft aufgenommen werden kann und hat den Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Überprüfung vorgelegt.
Migazin (23.01.19)
- Etwa drei Viertel der zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland gekommenen Schutzsuchenden haben einen Deutschkurs besucht, etwa die Hälfte an sogenannten „Integrationskursen“ teilgenommen, 35 Prozent sind arbeitstätig. An der Studie waren das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das BAMF und das Deutsche Istitut für Wirtschaftsforschung beteiligt.
SPON (25.01.19)
- Die Freie Presse berichtet über die derzeitige Schulsituation von Kindern und Jugendlichen in Erstaufnahmeeinrichtungen. Mit Beginn des laufenden Schuljahres befanden sich laut Innenministerium 396 Minderjährige in Sachsen. Im Oktober hatten wir berichtet, dass es inzwischen jedes vierte Kind in Erstaufnahmeeinrichtungen ist, dass länger als drei Monate dort leben muss. Das Kultusministerium hat derweil in Chemnitz ein Curriculum erprobt, mit dem die Lagerschule sachsenweit eingeführt werden soll. GEW Sachsen und SFR wenden sich in einer gemeinsamen Petition (UNTERZEICHNEN!!11!ELF!!!1!!) gegen diese Pläne.
FP (21.01.19)
- In einer Geflüchtetenunterkunft in Burbach in NRW haben Securities unter Billigung der Heimleitung von European Homecare Menschen im Jahr 2014 misshandelt und sie eingesperrt. Der ehemalige Leiter der Unterkunft, der die „Problemzimmer“ und das Verhalten der Securities billigte und teilweise auch selber Menschen einsperrte, wurde nun zu einer Bewährungsstraße und einer Geldbuße von 1.200 Euro verurteilt. Die Freiheitsberaubungen geschahen unter anderem aus der Motivation heraus, „erzieherische Maßnahmen“ einleiten zu wollen. Das Landgericht Siegen begründet das milde Urteil damit, dass der Leiter geständig gewesen sei.
taz (22.01.19)
tagesschau (22.01.19)
- SPON berichtet über den Thüringer Innenminister Georg Maier und Vorgehen gegen Faschist*innen und ihre Veranstaltungen im Bundesland. Der Kauf einer Villa durch den Nazi Tommy Frenck, einer der Organisatoren des Rechtsrockkonzertes in Themar im Jahr 2017, wurde mit rechtlichen Mitteln vereitelt, und zwei weitere Rechtsrockkonzert in Magdala und in Mattstedt in 2018 verhindert beziehungsweise konnte eines nur in geringerer Größe stattfinden. Diese Maßnahmen sind auch für die rot-rot-grüne Regierung nicht selbstverständlich, die derlei lange versäumt habe. Maier trat erst 2017 das Amt als Innenminister an. Mobit, die Mobile Beratung gegen Rechtsradikalismus in Thüringen, gibt derweil an, dass die Zahl rechtsradikaler Konzerte mit um die 40 Veranstaltungen nach wie vor hoch sei. Diese könnten auch durch 15 Immobilien in der Hand von Rechtsradikalen stattfinden. Mobit begrüßt das Eintreten des Innenministers gegen Rechts, er sei der erste, der „öffentlich wahrnehmbar“ das Thema anpackt. Weiteres Optimierungspotential bestehe.
SPON (22.01.19)
Hintergrund & Meinung
- Von der griechischen Insel Samo berichtet Michael Lehmann vom SWR. Dort protestieren Schutzsuchende, die die Insel wegen des EU-Türkei-Deals nicht verlassen dürfen, gegen ihre menschenunwürdige Unterkunft, etwa 4.000 bis 5.000 leben derzeit in Samos-Stadt. Viele von ihnen erhalten keine ärztliche Betreuung und medikamentöse Versorgung, Hautkrankheiten sind keine Seltenheit, doch auch an Waschgelegenheiten für Körper und Kleidung mangelt es. Freiwillige versuchen, die größte Not zu lindern.
tagesschau (24.01.19)
- Ein unbedingt zu lesendes Porträt von Bernd Kastner von der SZ über Rechtsanwalt Peter Fahlbusch, der Menschen in Abschiebehaft vertritt. „Auch Abgelehnte haben Rechte“ heißt es.
SZ (28.01.19)