PRESSESPIEGEL ZUR ASYLPOLITIK VON SFR UND RLCL | 05. Februar 2019

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 05. Februar 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt

  • Die Flucht von Libyen aus über das Mittelmeer wird, rein statistisch gesehen, immer riskanter. Eine*r von 14 Fliehende*n kam im Jahr 2018 um, im Jahr 2017 starb eine*r von 38 Menschen. Der UNHCR meint: „Wahrscheinlich habe die Einschränkung der Such- und Rettungsmissionen dazu beigetragen.“
    NZZ (30.01.19)

 

  • Nach der erneuten Irrfahrt der Sea-Watch 3 haben mehrere NGOs Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bundesjustizministerin Katarina Barley aufgerufen, Fliehende innerhalb der Europäischen Union aufzunehmen und nicht mehr nach Libyen zurückzuschicken, wo ihnen Folter droht. Die Sea-Watch 3 konnte mit 47 Fliehenden an Bord erst nach fast zwei Wochen im italienischen Hafen von Catania anlegen, die Menschen konnten das Boot verlassen. Die Sea-Watch 3 jedoch darf den Hafen nicht wieder verlassen, „Ordnungswidrigkeiten“ sind der Vorwurf. Der Europäische Gerichtshof hatte zuvor die italienische Regierung verpflichtet, die Fliehenden zu versorgen. Zur Aufnahme bereit erklärt haben sich Luxemburg, Deutschland, Frankreich, Portugal, Malta und Rumänien.
    DLF (01.02.19)
    tagesschau (30.01.19)
    SPON (30.01.19)
    SPON (01.02.19)

Bund, Land, Kommune

  • Das Bundeskabinett hat einen neuen Gesetzesentwurf beschlossen, der nun dem Bundestag vorgelegt wird. Das neuerliche Zeugnis des Rechtsrucks trägt den Namen „Zweites Gesetz zur Durchsetzung der Ausreisepflicht“. Unter anderem ist vorgesehen, dass erkennungsdienstliche Maßnahmen von Asylsuchenden auch außerhalb des 30-Kilometer-Grenzbereichs durchgeführt werden können. Was eine interessante Vorstellung ist – denn wie sollen die Beamt*innen geschult werden, zu erkennen, wer um Asyl sucht und einfach mal so angehalten und kontrolliert werden kann? Gern auch außerhalb des hirnrissigen 30-Kilometer-Grenzbereichs? Einfache Antwort: es braucht keine Schulung, es genügt der simple Rassismus. Und der ist ja ohne Weiteres abrufbar, der Sozialisation sei’s gedankt. Behörden vom Jugendamt bis zum Auswärtigen Amt sollen zudem direkten Zugriff auf das Ausländerzentralregister erhalten. Außerdem: die Duldung verliert, der*die seine*ihre Identität nicht darlegen kann. Dass dieser bürokratische Prozess sich oft sehr schwierig gestaltet – egal, ist ja auch zu komplex, um ihn zu erklären. Sachsens Einfluss zeigt sich im Übrigen sehr deutlich, die vom SFR stark kritisierten, seit Frühjahr vom sächsischen Innenministerium normierten Fantasiepapiere finden sich nun auch im Gesetzesentwurf auf Bundesebene. Weiterhin sollen Straf- und Abschiebehaft wieder gemeinsam vollzogen werden, der Richter*innenvorbehalt für Freiheitsentziehung soll aufgehoben werden. Was krass ist, weil, ist gegen Grundgesetz, Artikel 104. Horst aber gibt offenbar nichts aufs Grundgesetz, weil Menschenrechte lästig und so. Widerspruch zu diesem Punkt kommt derzeit von Bundesjustizministerin Katarina Barley.Ach, und das veröffentlichen von Abschiebeterminen soll künftig strafbar werden. Es ist der erste Schritt, wo Kriminalisierung von Geflüchteten auf die sie unterstützenden NGOs übergreift. Ist nicht so, dass an der einen oder anderen Stelle nicht mal gewarnt wurde, dass die Grundrechtseinschränkungen an den „Anderen“ irgendwann mal auch bei den „eigenen Bürger*innen“ greifen werden. Aber Gott sei Dank lässt sich hinterher immer sagen: „Wir haben davon doch nichts gewusst.“ Nein. „Wir“ wussten es alle. Irgendwie war nur immer grad was anderes wichtig. Wer Angst vor dem 01. September 2019 in Sachsen hat, dem*der möge gesagt sein: die Kacke ist bereits jetzt am Dampfen. Ganz ohne AfD als stärkste Kraft.
    Handelsblatt (30.01.19)
    Migazin (04.02.19)

 

  • Morgen findet übrigens eine Sammelabschiebung ab Leipzig Halle nach Tunesien statt. Dagegen protestieren geht 17 Uhr am Willy-Brandt-Platz in Leipzig, die Initiative „Die Grenze ist das Problem“ ruft auf.

 

  • In NRW verschärft die Landesregierungen mit perfider Freude am Detail die Abschiebehaft. Besuche waren bisher bis 22 Uhr möglich, nun sollen nur noch bis 19 Uhr Beratungsgespräche mit dem Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ möglich sein. Eine weitere Stunde ist möglich, sofern die Vereinsmitglieder dienstags mitteilen, dass sie donnerstags beraten wollen. Blöd nur, dass die Beratungswünsche der Inhaftierten erst mittwochs an den Verein weitergeleitet werden. Auch Übersetzungen per Mobiltelefon sind nicht mehr ohne Weiteres möglich, da Handys mit Kamerafunktion (Überraschung: geschätzt mehr als 95 bis 99 Prozent der Handynutzer*innen schleppen im Jahr 2019 auch gleich noch ’ne Kamera mit sich rum) nun verboten sind.
    NRZ (29.01.19)

 

  • In Bayern wurde eine 30-jährige Frau palästinensischer Volkszugehörigkeit in Abschiebehaft genommen, sie ist schwanger. Ihr Sohn im Vorschulalter wurde ins Waisenhaus verbracht. Ziel der Maßnahmen: Lettland. Der Bayerische Flüchtlingsrat kommentiert: „Der Fall zeigt exemplarisch die Unsinnigkeit europäischer Zuständigkeitsregelungen, die es erlaubt, Flüchtlinge gegen ihren Willen quer durch Europa zu schubsen.“ PRO ASYL kommentiert auf Facebook: „“Quasi täglich ein neuer Fall brutaler Abschiebepraxis.“
    tagesspiegel (31.01.19)

 

  • Der Mensch, der im Dresdner Abschiebeknast in den Hungerstreik trat und im Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt zwangsernährt wurde, wurde vergangenen Donnerstag abgeschoben. Der bald zweifache Vater wurde in Marokko von Verwandten in Empfang genommen. Zuletzt hatte die zuständige Ausländerbehörde in Oberfranken eine Duldung nicht gewährt, weil sie ein Prüfungsverfahren auf „Missbräuchlichkeit der Vaterschaftsanerkennung“ nicht einleiten wollte.
    SZ (31.01.19)
    PM der Abschiebehaftkontaktgruppe (04.02.19)
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