Pressespiegel zur Asylpolitik vom 29. Oktober 2019

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 29. Oktober 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • In Calais in Frankreich wurden acht Menschen afghanischer Staatsbürgerschaft in einem Kühllaster entdeckt, der Laster war auf dem Weg nach Großbritannien. Die Menschen, darunter vier Minderjährige, litten an Unterkühlung und wurden in ein Krankenhaus eingeliefert. Die beiden Fahrer wurden festgenommen. Wenige Tage zuvor wurden in Südengland 39 Tote entdeckt. Sie waren mutmaßlich Menschen zumeist vietnamesischer Staatsbürgerschaft. Es wird vermutet, dass sie Betroffene des Sklav*innenhandels waren. Mehrere Antisklavereiorganisation geben an, dass 3.187 Menschen vietnamesischer Staatsbürgerschaft zwischen 2009 und 2018 als Opfer des Handels nach Großbritannien geschleust wurden.
    Zeit (27.10.19)

 

  • In der Ägäis wurden 55 fliehende Menschen und zwei Schleuser*innen von einem Frontex-Schiff gerettet, nachdem sie ein Notsignal gesendet hatten. Sie wollten von der Türkei direkt nach Italien. Die Frontex-Besatzung brachte sie zur griechischen Insel Kos.
    Stuttgarter Nachrichten (28.10.19)

 

  • Mehr als eine Million Menschen leben im Lager Kutupalong in Bangladesch. Sie, Angehörige der Rohingya, fliehen seit 2017 aus Myanmar, nachdem das dortige Militär begann, sie zu verfolgen. Die bangladeschische Regierung plant nun, 100.000 Menschen auf die Insel Bhasan Char zu übersiedeln. Die Insel wird immer wieder von Überschwemmungen, tropischen Stürmen und Zyklonen heimgesucht, weiterhin gebe es in der Gegend Pirat*innen, die nach Fischer*innen Ausschau halten, die sie kidnappen könnten. Amnesty International und Human Rights Watch verurteilen die Pläne. Die UNO wollte die Insel wenigstens evaluieren, ihr Besuch wurde von der bangladeschischen Regierung jedoch nicht genehmigt. Die Umsiedlung soll dennoch in den kommenden Wochen geschehen. Die Regierung schwankt in ihren Aussagen, ob die Menschen freiwillig oder unter Zwang auf der Insel werden leben müssen.
    SPON (26.10.19)

 

  • Die Berichte von Geflüchteten in der Türkei wie von Nichtregierungsorganisationen und Medien gibt es schon länger – nun wirft auch Amnesty International der Türkei vor, hunderte Menschen syrischer Staatsbürgerschaft illegal nach Syrien abgeschoben zu haben. Die Abschiebungen nach Idlib hätten bereits vor Beginn der Invasion Rojavas im Norden des Landes begonnen. Geflüchtete haben gegenüber Amnesty von Schlägen und Folter durch die türkische Polizei berichtet und damit der Aussage widersprochen, dass die Rückkehr freiwillig geschehen sei. Stattdessen hätten sie unter Zwang Dokumente über die „freiwillige Ausreise“ unterschreiben müssen.
    Tagesschau (25.10.19)

 

  • Währenddessen wird zwischen der EU und der Türkei in Folge der Invasion Rojavas viel gedroht. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will den EU-Türkei-Deal aufkündigen, die EU wiederum die Zollunion fallenlassen, EU-Handelskommissar Günther Oettinger will mit dem EU-Türkei-Deal vereinbarte Finanztranchen nicht komplett auszahlen lassen. Stimmen von kurdischen, in Deutschland organisierten Verbänden fordern ebenso das Ende des EU-Türkei-Deals, allerdings mit dem Hinweis auf eine Erpressbarkeits der EU durch Erdoğan. Auch PRO ASYL vertritt die Forderung. Die Türkei sei „von einem Aufnahme- zu einem Verfolgungsland“ geworden, erklärte Geschäftsführer Günter Burkhard. Weder türkische Oppositionelle noch syrische oder afghanische Geflüchtete könnten sich dort auf Schutz verlassen. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer überlegte laut an einer international kontrollierten Sicherheitszone im Norden Syriens. Der Vorschlag schien nur mit den Verbündeten nicht abgestimmt zu sein, auch nicht mit Bundesaußenminister Heiko Maas, der Kramp-Karrenbauer dann wiederum in der Türkei kritisierte und ja, alles sehr blamabal für die Bundesregierung. Plan- und strategielos, so stand es schon im letzten Pressespiegel, daran hat sich nichts geändert. In Leipzig und Dresden gingen am Sonntag mehrere hundert Menschen gegen den Krieg in Rojava auf die Straßen.
    RP (22.10.19)
    Stuttgarter Nachrichten (26.10.19)
    MDR (26.10.19)
    SPON (27.10.19)

 

  • Auch in Griechenland werden Geflüchtete transferiert, allerdings von Inseln auf das Festland. In Norden des Landes waren 380 Menschen, die zuvor auf der Insel Samos leben mussten, in neun Bussen unterwegs, bis diese mit Steinen beworfen wurden. Die Internationale Organisation für Migration, die die Transfers organisierte, brachte die Menschen schlussendlich auf der Insel Euböa unter.
    SPON (24.10.19)

 

Bund, Land, Kommune

  • Thüringen hat gewählt. Ohne DIE LINKE als Wahlgewinnerin kann nicht regiert werden, eine Koalition mit der zweitstärksten Kraft, der AfD, haben alle anderen im Thüringer Landtag nun vertretenen Parteien ausgeschlossen.
    Nachzulesen im Medium der Wahl.

 

  • In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 wurden 16.808 Menschen aus der Bundesrepublik abgeschoben. Die meisten Menschen wurden gemäß der Dublin-III-Verordnung gegen ihren Willen nach Italien überstellt, 1.894 waren betroffen. Albanien folgt als Zielland, 1.178 Menschen wurden abgeschoben, danach folgt Frankreich, wo 906 Menschen landeten. Die Zeit benennt am Ende der Meldung, wie Bundesinnenminister Horst Seehofer den Forderungen der AfD nachläuft.
    Zeit (23.10.19)

 

  • In zwei Pressemitteilungen legten wir vergangene Woche unsere Erwartungen an die sich bildende Koalition aus CDU, Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD in Sachsen dar. Anhand des Beispiels von Fazhal-Khan A. zeigten wir, dass es drei typische Hürden gibt, die er gerade nicht nehmen musste, um seine Ausbildung beginnen und fortsetzen zu können – ein leider nicht selbstverständliches Positivbeispiel. Vor allem bei den Menschen, deren Asylverfahren abgelehnt wird, aber bereits eine Ausbildung begonnen haben, ist der Übergang in die Ausbildungsduldung oft mit Hürden gesät. Zwar handelt es sich hier um Bundesgesetzgebung, die Länder können jedoch über Erlasse und Anwendungshinweise die Regelungen zu Gunsten der Geflüchteten ausgestalten. Mit Blick auf Sachsens Abschiebepraxis setzen wir uns für eine Stärkung der Rechtsberatung in Abschiebehaft ein. Unter anderem ein Sprechzeitenmodell für die Abschiebehaftkontaktgruppe muss endlich her! Der Winterabschiebestopp steht bereits im Wahlprogramm der Grünen genauso wie die Aussetzung aller Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete. Weiterhin muss die neue Regierung endlich EU-Recht in sächsisches Recht transferieren und eine Abschiebebeobachtungsstelle einrichten.
    DPA-Meldung in der SZ und der Welt (25.10.19)

 

  • Am Mittwoch vergangener Woche wurde die Abschiebung einer Frau aus dem Landkreis Bautzen nach Venezuela abgebrochen. Das, was ihr geschehen ist, hätte sie beinahe in Lebensgefahr gebracht. Sie hatte, bevor sie aus Venezuela floh, Morddrohungen erhalten und war in der Opposition aktiv. Darüber hinaus wirft diese Abschiebung eine weitere Frage auf: dass ein CDU-geführtes Innenministerium nach wie vor nichts gegen die Abschiebung von Personen getan hat, die in Mangelberufen wie beispielsweise der Altenpflege arbeiten, verwundert. Überraschend wiederum ist es nicht, dass es gerade die Ausländerbehörde Bautzen ist, die sich nicht zu schade ist, sich auch diesem Vorwurf auszusetzen. Selbst TAG24 fragt: „Warum will Sachsen eine lebensbedrohte Altenpflegerin nach Venezuela abschieben?“ Fragen wir uns auch.

Hintergrund und Meinung

 

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