Pressespiegel zur Asylpolitik vom 19. November 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de
Geschehenes – Kurzmeldungen
Blick nach Europa und die Welt.
- Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bescheinigt der NATO den „Hirntod“, sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdoğan weist das zurück, der Mann im Weißen Haus blubbert auch was dazu. Währenddessen: laut UN-Angaben sind inzwischen 12.000 Menschen aus Rojava geflohen. Einige fliehen in die autonome Kurdenregion im Irak. Davon handelt der verlinkte Artikel der taz. Sie kommen in einem Lager namens Bardarasch unter. Die Verwaltung der autonomen Region öffnet es immer wieder, wenn in der Umgebung Menschen beginnen zu fliehen. Verlassen darf es erst, wer vom kurdischen Geheimdienst Asayis überprüft wurde. Die Angst vor der Zukunft kursiert wie die Sorgen, was der unheilvolle Deal zwischen den kurdischen Truppen der SDF und dem Assad-Regime für Folgen haben werde.
Zeit (14.11.19)
taz (14.11.19)
- Kroatiens Grenztruppen schießen auf Schutzsuchende und verletzen eine Person, in Moria auf Lesbos stirbt ein neun Monate altes Kind an Dehydrierung, im Lager Vučjak in Bosnien gilt nun eine mit Gewalt durchgesetzte Ausgangssperre. „Die Würde des Menschen ist nicht für alle unantastbar.“ sagt der EU-Abgeordnete Erik Marquardt von den Grünen im Interview mit der SZ. Die EU könne das lösen, es sei nur die Frage, ob sie wolle. Die Herausforderungen, die sich durch Migration und Flucht stellen, seien nicht groß, Europa sei es, dass sich klein mache. Angesichts der Zustände, die der Kontinent zu verantworten hat, könnte das Wort „erbärmlich“ hinzugefügt werden.
SZ (19.11.19)
- „Durch geeignete, notfalls freiheitseinschränkende Maßnahmen ist sicherzustellen, dass sich der Einreisewillige der Vorprüfung nicht entzieht“, so heißt es in einem Papier des Bundesinnenministeriums. Diese Vorprüfung von Asylanträgen soll bereits an den den EU-Außengrenzen durchgeführt werden. In einem Satz: Lager außerhalb der EU. Wenn die Asylanträge unbegründet oder unzulässig sind, soll die Einreise gar nicht erst erfolgen. Seehofer liefert keine neuen Ideen für die Verteilung der Menschen auf die EU-Mitgliedsstaaten, also zur entscheidenden Frage bei der Reform des EU-Asylsystems und er macht sich keine Gedanken darüber, dass er und seine Kolleg*innen die Balkanroute für geschlossen erklärt haben und sich dennoch Menschen darauf befinden. Er formuliert schlicht eine wiederaufgewärmte, teils gar schon umgesetzte, unmenschliche Forderung. Insofern, ein fail, der nichtsdestotrotz weiter die Stimmung schürt.
SZ (17.11.19)
Bund, Land, Kommune
- Pia Findeiß, Oberbürgermeisterin von Zwickau, ist mit dem Preis „Statue B“ des Internationalen Auschwitz Komitees geehrt. Sie trete konsequent gegen rechtsradikales Gedankengut ein und setze sich auch im Angesicht von Anfeindungen für ein NSU-Dokumentationszentrum ein. Der Preis „Statue B“ steht für das B im Schriftzug „Arbeit macht frei“ des Konzentrationslagers Auschwitz. Die verschleppten Menschen, die den Schriftzug herstellen sollten, hatten das B als Zeichen des Protests umgedreht. Der Preis wird Findeiß heute im Zwickauer Rathaus übergeben.
MDR (14.11.19)
- In Bayern wird die Kritik an den „Ankerzentrum“ genannten Lagern immer lauter. Die drei Oppositionsfraktionen SPD, Grüne und FDP fordern einen besseren Schutz von Kindern und weiteren besonders Schutzbedürftigen. Das CSU-geführte Innenministerium blockt, die Lager hätten „sich in der Praxis absolut bewährt.“
SZ (12.11.19)
Hintergrund und Meinung
- Andrea Jeska mit einer ganz großartig geschriebenen Reportage aus Horgoš in Serbien, direkt vor der ungarischen Grenze. Menschen versuchen, „das Spiel“ zu gewinnen: ein Schlupfloch zu finden. Dort leben etwa 50 Männer in verfallenen Stallungen eines Guts. „Dieser Text ist das Protokoll der Gespräche. Er erzählt keine Schicksalsgeschichten, sondern davon, was es bedeutet, am Ende einer langen Flucht, nur wenige Kilometer vor Europa, zu scheitern und nicht vorwärts zu können, nicht zurück.“ Maximale Leseempfehlung!
FR (15.11.19)
- Nazinotstand in Dresden? Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen e.V. stimmt dem Begriff im Interview mit der Sächsischen Zeitung nicht zu, listet noch einmal auf, warum Dresden „in besonderem Maß“ von organisiertem Rechtsradikalismus betroffen und das Mobilisierungspotential hoch ist.
Sächsische Zeitung (15.11.19)