Pressespiegel zur Asylpolitik vom 02. April 2020

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 02. April 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Mehr als 2.000 Menschen wurden von den griechischen Inseln aufs Festland gebracht und sind in Haftlagern eingesperrt. Sie sollen ohne Asylverfahren wieder abgeschoben werden. Inzwischen können Asylanträge in Griechenland wieder gestellt werden. Die Menschen, die nun aber inhaftiert sind, sollen weiter davon ausgenommen bleiben. Als „barbarisch“ und „antidemokratisch“ kritisiert die linke Syriza-Partei die Politik der konservativen Regierung der Nea Demokratia. Der UNHCR verhandelt derweil weiter mit Griechenland, damit die 2.000 MEnschen ein Asylverfharen bekommen.
    tagesschau (01.04.20)

 

  • Im türkischen Pazarkule nahe an der Grenze zu Griechenland warteten etwa einen Monat lang tausende Menschen, um nach Europa fliehen zu können. Die Menschen wurden von türkischen Sicherheitsbehörden mit brutalen Mitteln wieder ins Landesinnere gebracht. Das Camp wurde niedergebrannt, die Menschen mit Schlagstöcken in Busse getrieben.
    tagesschau (27.03.20)

 

  • Das EU-Mitglied Kroatien schiebt Menschen direkt wieder nach Bosnien-Herzegowina ab. Seit Langem. Das sind PushBacks und sie sind illegal. Etwa 10.000 Menschen hielten sich Ende 2019 allein in der bosnischen Region Una-Sana auf und kommen weder vor noch zurück. Und sie sind immer noch dort. Nachdem das katastrophale Lager Vucjak auf einer ehemaligen Müllkippe nach internationalem Druck im Dezember geschlossen wurde, leben viele Menschen nun verstreut in illegalen Camps. Ausgang beschränken wegen Corona? Ist so nicht. Hygiene, Seife? Auch nicht. Der Bürgermeister der in Grenznähe gelegenen Stadt Bihac macht Geflüchtete inzwischen für die Ausbreitung des Virus mitverantwortlich. Gleichzeitig wirft er der EU vor, nach der Schließung von Vucjak ihre Versprechen nicht gehalten zu haben. Nun soll ein neues Lager errichtet werden. Wasser und Strom soll dort bisher auch nicht anliegen. Und durch Corona schaut kaum jemand mehr hin beziehungsweise kann überhaupt vor Ort sein.
    taz (28.03.20)

 

  • Rom*nja werden in Bulgarien für die Corona-Krise verantwortlich gemacht. Nicht allein von Rassist*innen in der Gesellschaft, auch offiziell durch den Staat. Inzwischen werden ganze Viertel, in denen zumeist Rom*nja leben, abgeriegelt. Bulgarien liegt übrigens in der EU. Genauso wie Österreich, wo die FPÖ ähnlich Stimmung macht. Solche Hetze wird auch in Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Kosovo und Albanien betrieben. Die Hetze ist dabei nur ein Teil der Probleme, so der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma. Corona habe Einkommen pulverisiert, Beispiel sind die, die als Erntehelfer*innen nach Deutschland kommen. Die Wohnviertel sind zudem oft eng bebaut, Menschen leben dicht an dicht zusammen. Der Zentralrat befürchtet angesichts der rassistischen Maßnahmen, dass es unter den Rom*nja in Europa bald zu einer Hungersnot kommen könnte.
    Tagesspiegel (26.03.20)

 

  • In Zypern kommen mehr und mehr Fliehende an. Viele kommen aus der Türkei nach Nordzypern und überwinden dann die Grenze in den südlichen Teil. Die zyprische Regierung gibt an, dass das Land pro Kopf inzwischen die meisten Schutzsuchenden in der EU aufgenommen hat. Aufnahmekapazitäten seien nicht ausreichend vorhanden, viele Menschen leben auf der Straße. Zypern wirft der Türkei vor, inzwischen gezielt Menschen nach Nordzypern zu bringen, damit sie in den Süden weiterfliehen.
    DLF (01.04.20)

 

  • Wer Asyl beantragt hat, wer vor dem 18. März eine Aufenthaltserlaubnis beantragt hat, wessen Visum verfallen ist – der*die wird sich zunächst legal in Portugal aufhalten können. Diese umfassende „Expresslegalisierung“ hat die portugiesische Regierung am Samstag vorgenommen. Damit ist all diesen Menschen auch der Zugang ins Gesundheitssystem ermöglicht. Genau so muss das!
    taz (29.03.20)

 

  • Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan sind ausgesetzt. Die Sozialwissenschaftlerin Friederike Stahlmann forscht zu Afghanistan und den Abschiebungen dorthin und berichtet in der tagesschau, dass Corona sich in Afghanistan recht ungehemmt ausbreiten könne. Die Bevölkerung verfüge angesichts der vom Krieg gezeichneten Lage kaum über Möglichkeiten, Selbstschutzmaßnahmen zu ergreifen. Sachsen schiebt derzeit faktisch nicht mehr ab (vgl. Pressespiegel von verganer Woche).
    tagesschau (30.03.20)

Bund, Land, Kommune

  • Nach Suhl in Thüringen kam es in Halberstadt in Sachsen-Anhalt zu einer weiteren Komplettquarantäne eines ganzen Lagers. Etwa 900 Menschen leben dort. Die Bewohner*innen seien ruhig und besonnen gewesen, teilte der Landkreis Harz mit. In Augsburg brach nach Bekanntwerden eines positiven Tests auf Corona bei einem der Bewohner*innen Panik aus. Die Menschen schreiben in einem Brief: „Eine Person hat das Coronavirus. Wir schlafen seit einer Woche mit beinahe 50 Personen in einem Raum. Die Mitarbeiter haben alle Handschuhe und Masken, uns geben sie keine.“ Der Mensch mit Corona wurde unter Quarantäne gestellt. Eine komplette Isolation aller Menschen blieb aus. Ein weiteres Lager in Geldersheim, Bayern wurde dagegen komplett abgeriegelt. Dort leben 600 Menschen.
    Augsburger Stadtzeitung (27.03.20)
    BR (30.03.20)
    SZ (26.03.20)
    SZ (29.03.20)

 

  • „Unimaginable. In Germany. In the heart of Europe.“ beschreibt Morsen Farsi Zudeh, was im sächsischen Lager Dölzig bei Leipzig abgeht. MDR exakt recherchierte zu Vorwürfen Geflüchteter über die dortigen Zustände. Der Schluss: das Lager in Dölzig ist dreckig und damit gefährlich. Zudem wurde Farsi Zudeh nun einfach nach Chemnitz verlegt, 24 Stunden, nachdem er das Interview hatte.
    MDR exakt (01.04.20)
  • Die Ausgangsbeschränkungen – sie treffen auch Geflüchtete und dann im Zweifel auch mit Bußgeldern, die bei einem Asylbewerberleistungsbezug hart ins Kontor schlagen. Willkürlich sind sie, schreibt die Zeit. Was bedeutet denn „im Umfeld des Wohnbereichs“ bewegen, wie Sachsen es formuliert hat. Berichte wurden veröffentlicht von Polizei in Wohnungen, weil vermutet wurde, es gebe Menschen, die da nicht leben. Handydaten sollen noch umfassender weitergegeben werden, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn scheiterte zunächst mit einem entsprechenden Gesetzesentwurf, kündigte aber an, dem weiter nachzugehen. Bisher ist maximal eine anonyme Datenweitergabe erlaubt und auch durch die Telekom ans Robert-Koch-Institut erfolgt. In einem Appell haben sich Datenschützer*innen an die Politik gewandt und gefordert, die Persönlichkeitsrechte zu bewahren.
    Zeit (30.03.20)

 

  • Panne, wirklich, der Vorschlag, temporär Arbeitsverbote für Geflüchtete aus sogenannten „Sicheren Herkunftsstaaten“ und weitere Geduldete aufzuheben. Warum? Weil es nur temporär ist und danach, wenn alle Deutschen in Quarantäne ihren Spargel gefuttert haben, die Menschen wieder abgeschoben werden. Arbeitsverbote aufzuheben ist sinnvoll, dann aber mit Perspektiven für die Menschen. „Opportunistisch“, nennen wir den Vorschlag in der Sächsischen Zeitung. In Sachsen fehlen laut Landesbauernverband 7.000 Erntehelfer*innen.
    Sächsische Zeitung (02.04.20)

Hintergrund und Meinung

  • „Polizeistaat, ick hör dir trapsen.“ Sehr guter Kommentar der taz zu den autoritären Bußgeldern, die unter anderem in Berlin und nun auch in Sachsen erlassen wurden. Die Strafen werden vor allem jene treffen, die sowieso schon prekär leben, meint Erik Peter.
    taz (31.03.20)

 

  • Vor dem Corona-Virus sind alle gleich? Mit Sicherheit nicht. Die Situation geflüchteter Menschen unter Corona wurde im Pressespiegel nun schon deutlich, auch sie findet sich im Artikel von Elsa Koester im Freitag wieder. Hinzugefügt: W-LAN ist in vielen Unterkünften nicht verfügbar. Mit dem begrenzten Datenvolumen lasse sich die Zeit in der Aufnahmeeinrichtung dann eben nicht mit Netflix überbrücken. Doch wurden Menschen, insbesondere Frauen*, auch in der Vergangenheit schon zum Ziel von häuslicher Gewalt, nun können sie der Wohnung nicht mal mehr ohne Weiteres entkommen. Weitere Probleme sind Mieter*innen in schimmligen Wohnungen, wo sich nun niemand mehr drum kümmert. Die, die in den Supermärkten arbeiten, in der Pflege, in den Krankenhäusern – also die, die „den Laden am Laufen halten“ wie Angela Merkel es nannte – sind zudem extrem unterbezahlt. „Einschreiten, nicht nur als Nachbarinnen. Sondern als Gesellschaft.“ schließt Koester den Artikel.
    Freitag (29.03.20)
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