Pressespiegel zur Asylpolitik vom 21. April 2020

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 21. April 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Vor Italien und Malta warteten in den letzten zwei Wochen um die 250 Schutzsuchenden mitsamt der Crews der Schiffe „Alan Kurdi“ und Aita Mari“ auf einen Sicheren Hafen. Malta und Italien verweigerten das Anlaufen der Schiffe, sie gaben den Ausbruch der Corona-Pandemie als Grund an, Italien sah zumindest bei der Alan Kurdi Deutschland in der Pflicht, da das Schiff unter dessen Flagge fahre. Der SPIEGEL berichtet von Mails zwischen der deutschen, italienischen und maltesischen Regierungen, in der sie sich darum streiten, wer nun verantwortlich ist. Die Situation auf den Schiffen war derweil dramatisch. Menschen fielen in Ohnmacht, die gesundheitliche Versorgung, die hygienischen Bedingungen, die Nahrungsmittel nahmen rapide ab. Kriminell hingegen war möglicherweise das Vorgehen maltesischer Behörden. Denen wird vorgeworfen, am Gründonnerstag das Motorkabel eines Boots von Schutzsuchenden durchtrennt zu haben. Die Menschen konnten schlussendlich gerettet werden. Gegen den maltesischen Regierungschef Robert Abela ermittelt deshalb nun die Polizei, nachdem gegen ihn Anzeige erstattet wurde. Mit hinein spielen auch die Zurückschiebungen direkt nach Libyen sowie der Fund von fünf Leichen im Mittelmeer, welche von einem Boot stammen sollen, das vor Malta in Seenot geriet, weitere sieben Menschen werden vermisst.
    SPIEGEL (12.04.20)
    SZ (14.04.20)
    taz (19.04.20)

 

  • Am Ende waren es 47 Kinder und Jugendliche, die am Wochenende in Niedersachsen ankamen. Sie wurden aus Griechenland evakuiert, wo Zehntausende in Lagern ausharren und versuchen, zu überleben. Dass das nicht genug ist, zeigt bereits der Slogan der Kampagne #LeaveNoOneBehind. Ein „großzügiges Aufnahmeprogramm“ fordern so auch BÜNDNIS90 / DIE GRÜNEN, auch DIE LINKE spricht sich für die Aufnahme von wesentlich mehr Menschen aus. Die SPD verweist auf Kommunen und Länder, die sich zur Aufnahme von mehr Menschen, als sie eigentlich müssen, bereiterklärt haben. Unter andeerem Berliner und Thüringer Regierungsvertreter*innen hatten sich öffentlich für Aufnahmeprogramme ihrer Bundesländer ausgesprochen, scheiterten aber immer wieder an der Sturheit von Bundesinnenminister Horst Seehofer.Im Raum stehen nach monatelangem Gezerre die nach wie vor 1.600 Menschen, die auf ganze acht EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. Allein auf den Inseln Lesvos, Samos und Kos müssen derzeit 35.000 Menschen ohne ausreichend Wasser, Hygienemittel, gesundheitlicher Versorgung, im Dreck und aneinandergedrängt, leben. Menschen dürfen zudem die Lager nur noch mit einer Genehmigung der Polizei verlassen.Griechenland will derweil 2.380  ältere und kranke Schutzsuchende von den Inseln auf das Festland transferieren. Diese Personengruppen sind von dem Corona-Virus besonders bedroht.
    Hellweger Anzeiger (13.04.20)
    RBB (14.04.20)
    SPON (16.04.20)
    Zeit (19.04.20)

 

  • In einem zweiseitigen Schreiben haben die EU-Mitgliedsstaaten Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland Ansätze für eine EU-Asylreform nach ihren Vorstellungen dargelegt. Demnach sollten in der EU ankommende Schutzsuchende verbindlich für alle Mitgliedsstaaten verteilt werden. Ausnahmen seien möglich, wenn Länder finanzielle Unterstützung bei der Versorgung gewährleisten würden. Zudem soll es in irgendeiner Form Seenotrettung geben. Restriktive Pläne werden bereits jetzt ersichtlich: an den EU-Außengrenzen soll es etwa eine Vorprüfung von Asylantragsteller*innen geben. Bei derlei Sachen kommen oft die „unzulässigen“ Entscheidungen ins Spiel. Wenn Menschen also beispielsweise einen vorgeblich „sicheren Drittstaat“ durchquert haben, haben sie dann kein Recht, in der EU um Asyl zu suchen.
    Zeit (17.04.20)

Bund, Land, Kommune

  • In Celle wird Arkan Hussein Khalaf, ein 15-jähriger Jeside getötet. Er ist mit dem Fahrrad unterwegs, als ein Mensch deutscher Staatsbürgerschaft auf ihn einsticht. Die Polizei nutzt in ihrer Öffentlichkeitsarbeit Worte wie „offenbar grundlos“ oder „Zufallsopfer“ und beschreibt den Täter als „verwirrt.“ Eine Recherche der Zeit zu den Social-Media-Konten des Täters legt zumindest eine rassistische Motivation nahe. Die taz fragt: „Wäre es bei derartigen Gewaltverbrechen gegenüber Menschen, die von Rassisten als anders markiert werden, nicht richtiger, zunächst von politischen Motiven auszugehen, bis diese widerlegt sind, statt diese nach wenigen Stunden auszuschließen? Was andernfalls passiert, haben die NSU-Morde gezeigt.“
    Zeit (09.04.20)
    taz (10.04.20)

 

  • Sie wenden sich nur noch an die Landesregierung, denn die Verwaltung scheint ihr Anliegen nicht hören zu wollen. Das berichtet Helen Deffner vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt gegenüber dem MDR über die Menschen, die im Lager in Halberstadt unter Quarantäne stehen. Am Samstag waren es nach letztem Stand 98 positiv auf das Corona-Virus getestete Personen, die dort leben.  Einige von ihnen waren vor zwei Wochen in den Hungerstreik getreten und hatten in einem Offenen Brief klargestellt, dass es „es zu bedenken gilt, ist, dass wir wegen der Gewalt, des Krieges und des Blutvergießens sowie des Mangels an Demokratie und aktueller Diktatoren Zuflucht in dieses Land gesucht haben. ES wird von uns erwartet, dass wir uns als Menschen verhalten und wir erwarten ebenso mit Menschenwürde behandelt zu werden.“ Dass dem nicht so ist, zeigt allein schon, dass zwischenzeitlich schlicht nicht genug Nahrung zur Verfügung gestellt wurde. Etwa 50 Menschen von knapp 900 wurden inzwischen verlegt. „Das muss beibehalten und noch schneller umgesetzt werden. “ sagt Deffner.
    MDR Sachsen-Anhalt (06.04.20)
    MDR Sachsen-Anhalt (18.04.20)

 

  • In den Lagern in Sachsen ist es bisher nicht zu einer Situation wie in Halberstadt oder an anderen Orten gekommen. Damit das ninfobicht passiert, müssen die Menschen aus den Lagern kommen! Das forderten wir unter anderem in einem vom Infobus Leipzig initiierten, Offenen Brief.
    LIZ (08.04.20)

 

  • Ein Landrat tätigt einen Anruf und seine Ausländerbehörde geht in die Prüfung, ob eine Aufenthaltserlaubnis wegen dem, was Integration genannt wird, erteilt werden kann. So geschehen in Bayern. Eine Reportage über das, was rechtlich möglich ist, wofür aber oft der politische Wille fehlt und was nun, in der Corona-Pandemie immerhin gegeben ist: eine Atempause für die meisten, die von Abschiebung bedroht sind.
    taz (11.04.20)

Hintergrund und Meinung

  • „Ja, Italien und Malta haben gerade eigene Sorgen. Alle haben die jetzt. Und ja, jeder Flüchtling der kommt, könnte mit Sars-CoV-2 infiziert sein. So wie jeder andere auch. Aber nichts rechtfertigt den Tod durch Unterlassen.“ kommentiert Christian Jakob in der taz nicht nur das Verhalten Italiens und Maltas, sondern auch das aller anderen EU-Mitgliedsstaaten, Deutschland eingeschlossen. Die Seuche sei nur ein Vorwand. Retten unter Maßgaben der Seuchenprävention ist selbstverständlich möglich!
    taz (13.03.20)

 

  • Warum kommt es bei der Evakuierung der Menschen aus Griechenland zu derlei gewaltigen Verzögerungen? Erik Marquardt, Mitglied des Europäischen Parlament für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, macht im Interview mit der FR die EU-Mitgliedsstaaten dafür verantwortlich. Die Institutionen der EU hätten sich teils verhalten gewillt gezeigt, Aufnahmeprogramme aufzulegen, unter anderem der Innenausschuss des Europäischen Parlaments.
    FR (07.04.20)

 

  • Wie ist die Lage in den sächsischen Sammelunterkünften? SFR-Mitarbeiter Mark Gärtner berichtet im Interview mit der Jungen Welt und unterstreicht die Forderung, die Massenunterkünfte aufzulösen.
    Junge Welt (09.04.20)
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