Pressespiegel zur Asylpolitik vom 05. August 2020

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 05. August 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Der UNHCR und das Mixed Migration Center des Dänischen Flüchtlingsrats legen in einem gemeinsamen Bericht dar, wie gefährlich die Fluchtrouten durch die Sahara sind. Tatsächlich ist substantiiert davon auszugehen, dass dort mehr Menschen sterben, als selbst im Mittelmeer. Exakte Zahlen hat niemand, da das Sterben im Verborgenen geschieht, kein Staat in der Region ist willens oder in der Lage, die Toten zu erfassen. Neben den natürlichen Bedingungen, unter denen fliehenden Menschen in einer Wüste mit dem Überleben zu kämpfen haben, kommt Gewalt. Schmuggler*innen, Milizen, Sicherheitskräfte würden „unaussprechliche Brutalität und Unmenschlichkeit“ ausüben. Willkürliche Tötungen, Folter, Zwangsarbeit, Verbrennung mit heißem Öl, geschmolzenem Plastik oder erhitzten Metallgegenständen sowie Stromschlägen und „Fesselungen in quälenden Positionen“, Vergewaltigungen, Zwangsprostitution oder Zwang zu anderen Formen sexueller Ausbeutung sind in dem Bericht dokumentierte Gewaltformen, von denen Geflüchtete berichten.
    Wie sowas unterbleiben kann? Dafür dürfte es erst einmal von der EU nicht länger gefördert werden. Die Zusammenarbeit mit der sogenannten „libyschen Küstenwache“ ist seit Langem bekannt. Anderes Beispiel: in 2016 unterbricht Niger die legale Route von der Stadt Agadez nach Sabha in Libyen. Das hast zwei Folgen: die EU stockt ihre Entwicklungshilfe für Niger auf. Und Schutzsuchende bewegen sich fortan auf riskanten Fluchtrouten, wo sie sich Schlepper*innen anvertrauen müssen.
    taz (29.07.20)

 

  • Die EU-Kommission will zwischen 2021 und 2027 um die fünf Milliarden Euro für die europäische Grenzagentur Frontex zur Verfügung stellen. Das ist deutlich weniger als die von Bundesinnenminister Horst Seehofer erhofften 10,3 Milliarden Euro. Jetzt ningelt er rum und bittet das EU-Parlament um Hilfe (was lustig ist, weil die CSU sich traditionell immer gegen ein starkes EU-Parlament ausgesprochen hat). Interessant im verlinkten Artikel die Perspektive eines durchaus regressiv scheinenden ThinkTanks, der aber an einer Stelle einen Punkt macht: Seehofer legt den Fokus immer wieder auf Transitstaaten. Die Herkunftsstaaten spielen eine untergeordnete Rolle in seiner Politik.
    Tagesschau (30.07.20)

 

  • Armin Laschet, Ministerpräsident von NRW, war auf Lesvos, auch auf Moria, dort versammelten sich die Schutzsuchenden und skandierten „Free Moria“, Laschet wurde von Sicherheitskräften umringt, schlussendlich wurde der Besuch abgebrochen. Laschet spricht danach von einem „Aufschrei der Verzweifelten“ (weil sie ihn gesehen haben? Oder warum hat er den kontinuierlichen Schrei, der Moria ist, bisher nicht gehört?) und kommt dann auf die brilliante Idee, eine europäische Lösung für die griechischen Elendslager zu fordern. Warum der Kopf beim Lesen da grad auf der Tischplatte gelandet ist? Weil das seit Jahren die Aufschiebeausrede regierender deutschen Politiker*innen für so ziemliche jede Frage ist, die Geflüchtete an den EU-Außengrenzen betrifft.
    SPON (04.08.20)

Bund, Land, Kommune

  • Die Aufschiebeausrede, die Bundesinnenminister Horst Seehofer nun wieder vorführt: er lehnte das Ersuchen Berlins ab, ein Landesaufnahmeprogramm für 300 Menschen durchzuführen. Die Berliner Regierung erwägt nun den Klageweg, auch wenn die SPD skeptisch ist.
    Tagesschau (30.07.20)
    Tagesspiegel (31.07.20)

 

  • Anstelle dessen: statt mehreren Aufnahmeprogrammen für mehrere Tausend die schleppende Lösung des Bundesinnenministeriums für etwas mehr als 900 Menschen. Letzten Freitag erreichten 90 Menschen aus den griechischen Lagern den Flughafen Berlin-Schönefeld. Sie werden auf die Bundesländer Brandenburg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern. Sachsen ist wieder nicht darunter, nachdem bereits vorvergangene Woche von den 83 Menschen, die in Kassel ankamen, keine Person nach Sachsen verteilt wurde. Woran es da stockt, ist nicht bekannt. Die hiesige Landesregierung hatte die Aufnahme von 70 Menschen zugesichert, 22 sollten zeitnah kommen. Unerklärlich ist, warum die Bundesrepublik überhaupt immer nur wenige Dutzende aufnehmen kann und nicht wenigstens die knappen Tausend auf einmal.
    rbb (31.07.20)

 

  • Über kurz oder lang soll das Lager Schneeberg geschlossen werden. Eventuell soll dort eine Polizeifachschule einziehen, ein Beschluss oder konkretes Datum liegen aber noch nicht vor, so die Freie Presse. Zuletzt hatte es einen schweren Brand gegeben, es folgte ein weiterer Brief der Bewohner*innen, den der SFR veröffentlichte. Die möglicherweise bevorstehende Schließung soll nichts mit den Beschwerden der Bewohner*innen und dem erhöhten Druck auf das abgelegene Lager zu tun haben, meint die Landesdirektion. Möge es ihr zugestanden sein, eine mögliche Einsicht zu peinlich zu finden.
    Freie Presse (01.08.20)

 

  • „Schäbig“, nennt es der Bayerische Flüchtlingsrat, dass ein Mensch iranischer Staatsbürgerschaft zur Abschiebehaft verurteilt wurde und ihm die Rückführung in den Iran droht. Umso mehr, als dass er erstens in der Pandemie als Erntehelfer unterstützte und auch deswegen bei der Ausländerbehörde Dachau erschien, in der Hoffnung, diese zu verlängern. Zweitens wütet in Iran gerade die zweite Infektionswelle. Der BFR: „In Zeiten einer weltweiten Pandemie ist Vernunft und Weitsicht gefragt. Abschiebungen in eine tosende Pandemie gehören nicht dazu.“
    SZ (31.07.20)

Hintergrund und Meinung

  • Was hat sich bei Abschiebungen aus Sachsen über die Jahre verändert? Bei Zielländern, beim scheinbaren Legitimieren einer unmenschlichen Praxis und mehr? SFR-Mitarbeiterin Inga Albrecht im Interview mit Radio corax  zur Sonderausgabe des Querfelds, in der Abschiebefälle dokumentiert werden. Hier bestellen: querfeld@sfrev.de.
    Radio corax (31.07.20)
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