Pressespiegel zur Asylpolitik vom 01. Dezember 2020
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de
Geschehenes – Kurzmeldungen
Blick nach Europa und die Welt.
- Zwischen der äthiopischen Regierung und der in der Region Tigray regierenden Partei TPLF sind Kämpfe ausgebrochen. Mehr als 40.000 Menschen sind laut UNHCR aus Tigray in den Sudan geflohen. Ein Ende der Kämpfe ist derzeit nicht absehbar, der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed hat das Ziel herausgegeben, die TPLF zu entmachten. Zuletzt wurde die Hauptstadt Tigrays, Mekele, von äthioischen Truppen erobert. Hintergrund ist, dass die TPLF Abiy Ahmed nicht anerkennt, nachdem er 2018 ins Amt kam und damit die TPLF ablöste.
Handelsblatt (20.11.20)
Tagesschau (28.11.20)
- Auf den Kanarischen Inseln sind im Oktober und November 12.000 Fliehende angekommen. Im Hafen von Arguinequin auf Gran Canaria drängen sich 2.000 Menschen unter freiem Himmel, die Grundversorgung ist nicht gesichert. Nun sollen Notunterkünfte entstehen, auf Teneriffa soll die Größte entstehen. Eine Verlegung auf das Festland verweigert die spanische Regierung. Politische Vertreter*innen der Kanaren fordern, dass Zustände wie auf den griechischen Inseln verhindert werden.
Tagesspiegel (22.11.20)
- Ein Bericht des SPIEGEL hat erneut zu Kritik an den PushBacks durch die kroatische Regierung an der Grenze zu Bosnien-Herzegowina geführt. Dort warten Tausende auf ihre Weiterflucht. Der EU-Mitgliedsstaat Kroatien will aber in den Schengen-Raum aufgenommen werden und dafür verlangt die europäische Abschottungspolitik offenbar inzwischen „Schilder Europas“, um die EU-Kommissarin zu zitieren, die Griechenland im Frühjahr so bezeichnete. Grundlage für die Berichterstattung ist ein Video, in dem Fliehende von kroatischen Beamt*innen gezwungen werden, sich auszuziehen, geschlagen werden. Es gibt Berichte von Schlägen mit Metallstangen und Schlingen, an denen schwere Gegenstände befestigt sind. Offenbar geht es der EU-Kommission nun doch zu weit, wenn es immer wieder so schlechte Presse mitten in Europa gibt. EU-Innenkommissarin Ylva Johannsson meint, an den Grenzen sollen Leute nicht zusammengeschlagen werden, die „Arbeit“ der kroatischen Beamt*innen wurde begutachtet. Das Mitglied des Europäischen Parlaments, Erik Marquardt stellt klar, dass nicht Reden der Maßstab seien, sondern dass die Kommission Recht durchsetze.
SPIEGEL (18.11.20)
Tagesschau (19.11.20)
Bund, Land, Kommune
- Covid19 trifft geflüchtete und migrierte Menschen in Deutschland besonders hart. Online-Sprach- und Integrationskurse sind für viele keine gangbare Alternative, da sie in Massenunterkünften leben, eine parallele Kinderbetreuung nicht organisieren können oder weil es an der technischen Ausstattung mangelt. Auch Kinder und Jugendliche kommen aus diesen Gründen in der Schule oft nicht mehr hinterher. Auf dem Arbeitsmarkt sind diese Personengruppen oftmals in Branchen, die besonders deutlich von den pandemiebedingten Beschränkungen betroffen sind, also Handel, Logistik, Gastronomie. Praktikumsplätze als wichtiger Schritt in Richtung Arbeitsmarktzugang werden kaum noch vergeben. Inzwischen zeigt sich auch in Statistiken, dass Geflüchtete und Migrant*innen von der pandemiebedingten Arbeitslosigkeit stärker betroffen sind als der Durchschnitt.
Tagesschau (21.11.20)
- Der Bremer BAMF-Skandal – gar kein Skandal. Da kommt nun heraus, dass ein anonymer Hinweisgeber darauf aufmerksam machte, dass entlastende E-Mails der angeklagten Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle nicht zu den Ermittlungsakten genommen wurden, der große Anteil der Fälle, in denen der Verdacht im Raum stand, hier sei zu Unrecht Schutz zugesprochen worden, stellte sich als rechtmäßig heraus, eine Ermittungslgruppe, die aus Verzweiflung einzelne Schutzsuchende nochmal befragt um vielleicht doch noch an belastende Sachverhalte zu kommen, Kanzleien von Anwält*innen mit türkischer Migrationserfahrung geraten in den Fokus – alles ganz schön klebrig, widerlich. Die Kolleg*innen aus Bremen: der Skandal hat sich „vollständig in Nichts aufgelöst – es gab ihn nur als Kampagne gegen das Recht auf Asyl für Verfolgte.“ Am vergangenen Freitag dann lehnte das Landgericht Bremen die Anklage ab ab, es bestehe mangelnder Tatverdacht. Die meisten Anklagepunkte wurden fallengelassen. Eine ausführliche Darlegung vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.
FR (11.11.20)
- Bundesinnenminister Horst Seehofer will den Abschiebestopp nach Syrien nicht verlängern, darüber soll die Bundesinnenministerkonferenz kommende Woche auf Antrag Sachsens entscheiden entscheiden. Wie in der Debatte um Abschiebungen nach Afghanistan sollen Straftäter*innen und „Gefährder*innen“ abgeschoben werden, das stellte sich innerhalb weniger Monate als dreiste Lüge heraus. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius spricht sich gegen die Pläne aus. Sie halten der Realität nicht stand. Rückkehrer*innen droht in Syrien Folter in den Knästen des Regimes. Zudem ist fraglich, mit wem die Bundesregierung in Syrien eigentlich verhandeln will.
Zeit (27.11.20)
- Bajuvarisch-freistaatlicher Abschiebewahn, geht, siehe oben, gern kongruent mit seinem sächsischen Pendant, also aufgehorcht: Mensch, weiblich gelesen, wohnhaft in Nürnberg, äthiopischer Staatsbürgerschaft, in der Vergangenheit als Arbeitskraft ausgebeutet und geschlagen worden, psychisch erkannt, das behördlich bekannt, seit acht Jahren in Deutschland, kirchlich verheiratet – und wird nach Frankfurt am Main zur Abschiebung transportiert. Sie wehrt sich, die Abschiebung wird abgebrochen, ein Richter ordnet Abschiebehaft ab, nun sitzt sie im Frankfurter Knast. Ein Novum – meint der Bayerische Flüchtlingsrat. Denn es werde kaum nach Äthiopien abgeschoben, gleich gar keine Frauen, nun noch in der Pandemie, nun noch an der Schwelle zum Bürgerkrieg in Äthiopien, das Ganze ohne Sachzwang.
Nordbayern.de (27.11.20)
- In Sachsen wiederum wurde in der Nacht zum 18. November eine Frau mit ihrem Ehemann in den Kosovo abgeschoben. Sie arbeitete als Hebamme in Leipzig. Ihr Unterstützer*innenkreis bemüht sich nun um ihre Rückkehr. Unter anderem starteten sie eine Petition an den Sächsischen Landtag, zudem wird um Spenden gebeten.
LIZ (23.11.20)
- Die versuchte Abschiebung einer 15-jährigen aus einer Dresdner Jugendhilfeeinrichtung nach Georgien am 9./10. November hat ein Nachspiel. Vereinbarungen des Koalitionsvertrags wurden erneut nicht eingehalten, ein Beschluss des Dresdner Jugendhilfeausschusses zum Schutz des Kindeswohls gebrochen. Während sich Politiker*innen von LINKE, GRÜNE und SPD gegen das Vorgehen aussprechen, mag die CDU kein Problem sehen.
Sächsische Zeitung (18.11.20)
- Ein Patt im Dresdner Stadtrat – 35 Stadträt*innen stimmten am Donnerstag für Dresden als Sicheren Hafen, 35 dagegen. Die Debatte im Stadtrat wurde scharf geführt, die einen üblichen Verdächtigen, die Humanismus zwischen Zynismus und Rassismus zerreiben, taten, was sie sonst tun, die anderen üblichen Verdächtigen, die sich Verantwortung unter Verweis auf eine utopische, europäische Lösung entledigen, entledigten sich, wie sie sich sonst entledigen. Für den Antrag und einen Sicheren Hafen stimmten Grüne, Linke, SPD, Piraten und Die Partei. Am Sonntag demonstrierte die Seebrücke Dresden dann auf dem Theaterplatz. Dort wurde angekündigt, dass der Antrag in sechs Monaten erneut im Stadtrat vorgelegt werden soll. Oberbürgermeister Hilbert konnte krankheitsbedingt bei der Abstimmung nicht dabei sein.
Sächsische Zeitung (27.11.20)
Sächsische Zeitung (29.11.20)
- Die Zukunft der Asylberatung des SFR steht auf dem Spiel. Die Freie Presse berichtet, was der Verein mit seinen Berater*innen in nahezu ganz Sachsen leistet. Zwölf Berater*innen, auch beim Help e.V. und der AGIUA in Chemnitz tätig, führen jährlich 4.000 Beratungsgespräche, neben vier Standorten ist der Verein in den Landkreisen mit mobilen Beratungsteams unterwegs.
Freie Presse (24.11.20)