PM: Das Problem heißt Rassismus

Die terroristischen Attentate von Montag Nacht sind nur die Spitze des Eisbergs

Zu lang hat die sächsische Politik der rassistischen Radikalisierung in der Öffentlichkeit tatenlos zugeschaut. Viel mehr noch, offensiv versucht die Landesregierung vom eigentlichen Problem abzulenken: Innenminister Ulbig fällt heute Morgen auf ein vermeintliches Bekennerschreiben der Antifa-Szene herein. Seit gestern Abend war klar, dass es ein Fake ist. Nur bleibt es nicht beim Verbreiten von Falschaussagen. Es fehlt immer noch an Unterstützung für zivilgesellschaftliche Akteur*innen, Protest gegen Rechtsradikalismus auf den Straßen ist unerwünscht. Vor allem die Landes-CDU muss sich eingestehen, dass Rassismus längst Alltag in Sachsen ist. Das ledigliche Reagieren auf die nur krassesten Gewaltexzesse ist längst nicht mehr ausreichend.

Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Motiv aus – und das wenige Stunden, nachdem die Sprengsätze vor der Moschee in Cotta und dem Internationalen Kongresszentrum explodiert sind. Das eine solche Einschätzung öffentlich geäußert wird, ist keine Selbstverständlichkeit, zumindest in Sachsen. Dass Sachsen eben nicht „immun gegen Rechtsextremismus ist“, ist schon seit dem Pogrom von Hoyerswerda bekannt. Also vor immerhin 25 Jahren. Was seitdem passierte, kann in Schlagworten wiedergegeben werden: Die gesamte Bundesrepublik hatte regen Anteil an den Taten des NSU und an den „Spaziergängen“ von Pegida. Die Namen sächsischer Ortschaften wie Heidenau, Freital, Clausnitz, Arnsdorf oder Bautzen sind längst zu Chiffren für Fremdenfeindlichkeit geworden.


Die CDU Sachsen zeichnet sich mitverantwortlich am grassierenden Rassismus

Innenminister Ulbig führt im Morgenmagazin ein stümperhaft geschriebenes Bekennerschreiben an, aufgetaucht auf einer linken Nachrichtenplattform. Seit mehreren Stunden ist bereits klar, dass es ein Fake ist. Die Einordnung seiner Aussagen dürfen andere übernehmen damit aus einem Gerücht kein Fakt wird. Die ganze Verbohrtheit der sächsischen CDU hinsichtlich der Fremdenfeindlichkeit im eigenen Land kulminiert im Interview des Innenministers beim Morgenmagazin. Denn der rechte Terror, wie er in Sachsen immer wieder zu Tage tritt, ist das Ergebnis jahrelangen Ignorierens von Seiten der CDU-geführten Landesregierungen. Sie wollten nie wahrhaben, dass es eine lebendige Zivilgesellschaft braucht um Ereignisse wie die von vorvergangener Nacht zu verhindern. Die finanzielle Förderung zivilgesellschaftlicher Akteur*innen ging in Sachsen über Jahre zurück, Engagierte wurden bewusst behindert oder gar im Angesicht von rechtsradikalen Parallelstrukturen alleingelassen. Eine lebendige Gesellschaft geht gegen Rassismus auf die Straße, zeigt, dass er keinen Platz im öffentlichen Raum hat. In Sachsen passiert das nicht häufig genug. Wenn, dann in nicht ausreichender Zahl, wenn, dann werden die Wenigen unter den Pauschalverdacht gestellt, „Extreme“ zu sein.

Rassismus ist Alltag in Sachsen

Prävention kann nur aus einer Gesellschaft kommen, die sich der Gefahr und der Menschenfeindlichkeit des Rassismus‘ bewusst ist, die auch in der Lage ist, das eigene Handeln zu reflektieren. Eine Politik, die ein solches Anliegen unterstützt, sieht, was Rassismus in den Köpfen und auf den Straßen Sachsens anrichtet. Das Gros der sächsischen Politik aber will nicht sehen. Die CDU ist getrieben von der rassistischen Stimmung, die sich immer häufiger in rassistischen Taten niederschlägt. Sachsen weist auf eine Million Einwohner 49,6 rechtsradikal motivierte Straftaten auf im Vergleich zu einem Durchschnittswert von 10,5 gegenüber den alten Bundesländern*. Erst muss der geballte Mob von Clausnitz und Bautzen zu bundesweiter Aufmerksamkeit führen oder eben zwei Sprengstoffsätze explodieren, damit sich Ministerpräsident Stanislaw Tillich zur Verurteilung solcher Taten bewegen lässt. Das Problem ist nur: Rassismus beginnt viel früher, er beginnt, wenn Geflüchtete Wohnungen suchen, wenn Menschen auf der Straße zusammengeschlagen werden, wenn Opfer zu Täter*innen stilisiert werden. Dumm nur, dass es bereits immer schon zu spät war, wenn sich Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu einer Äußerung bewegen lassen konnte.

*Zahlen der Bundesregierung aus dem aktuellen  Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit

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