Die Rechte Schutzsuchender werden weltweit und kontinuierlich eingeschränkt
Anlässlich des heutigen Weltflüchtlingstags weist der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. darauf hin, wie weit die Entrechtung geflüchteter Menschen in Deutschland vorangeschritten ist. In vielen Facetten des Rechts und der Behördenpraxis müssen Betroffene wie Unterstützende zermürbende Kämpfe austragen. Menschen vom Ankommen abhalten und bereits Angekommene so schnell wie möglich wieder abschieben – das sind die politischen Ziele. Sie ignorieren die freundschaftlichen und solidarischen Beziehungen, die zwei Jahre nach dem Sommer der sogenannten „Willkommenskultur“ entstanden sind.
Die Rechte geflüchteter Menschen sind Menschenrechte. Ein so trivialer Satz. Und dennoch muss er heute, zum Weltflüchtlingstag, gesagt werden. Die ersten Artikel des Grundgesetzes durchzublättern genügt bereits, um ohne Anspruch auf Vollständigkeit heute praktizierte Grundrechtsverletzungen aufzulisten.
- Bei Abschiebungen werden Menschen körperlich und psychisch versehrt.
- Die juristisch nicht definierte „Bleibeperspektive“ benachteiligt Menschen aus bestimmten Herkunftsstaaten im Asylverfahren und beim Zugang zu Bildung und Arbeit.
- Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ist ausgehebelt. Die Glücklichen, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Rechtsanspruch zugesprochen hat, wieder mit ihrer Familie vereint zu sein, müssen ewig warten. In Sachsen verzögert das Landeskriminalamt den Familiennachzug auf bis zu ein Jahr, wenn es Dokumente überprüft.
- Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen gehen nicht zur Schule.
- Die Kommunikation Schutzsuchender über Smartphones ist für das BAMF nun ein offenes Buch.
- Der Artikel 16a zum Asylrecht hat nach dem Asylkompromiss von 1993 die Grundlage für das europäische Asylsystem gebildet. Die geplante Dublin-IV-Verordnung ist nur die Verschärfung einer Asylpolitik, die bereits heute Verantwortung für Schutzsuchende zerstreut. „Gemeinsam“ ist diese Politik nicht, sie ist weder human noch solidarisch.
Am Anfang des Grundgesetzes steht Artikel 1. Dort werden die Menschenrechte als unverletztlich und unveräußerlich beschrieben. Dieser Artikel liest sich im Wahljahr 2017 nahezu wie Hohn. Und dann war hier noch nicht einmal die Rede von Deals mit der Türkei oder, wie geplant, mit der eritreischen Diktatur, von Plänen, Menschen in die Gefangenenlager Libyens zurückzuschicken. Vom Fernhalten von Menschen – aus dem europäischen Raum und aus der europäischen Wahrnehmung.
Diese Politik trägt weitverbreiteter Solidarität und Freundschaft nicht Rechnung
Es braucht keinen Trump und keinen Orban, um Liberalismus und Humanismus abzusagen. All die Demokratien, die Menschenrechte in ihren Verfassungen verankert haben, greifen die Rechte geflüchteter Menschen an. Auf Grund kurzfristiger, politischer Ziele wird Menschen Schutz verwehrt, für die der Herkunftsstaat keinen Schutz übernehmen will oder kann oder für die der Staat selber der Fluchtgrund ist. Die Menschenrechte von Schutzsuchenden sind erneut die ersten, die fallen. Möglicherweise aber sind die in Deutschland stattfindenden, immer weiteren Asylrechtsverschärfungen gar nicht von einer Mehrheit gewünscht. Denn eine unglaublich hohe Zahl an Menschen unterstützt, berät, begleitet und hört zu – und es entstehen Mitgefühl wie Solidarität. Die Wut und die Frustration aber, die bei diesen Menschen ebenso zu beobachten ist, rühren von einer sich immer wieder ändernden Rechtslage und dem immer neuem Wissen, was sich zeitaufwendig angeeignet werden muss. Wut und Frustration entstehen wegen undurchsichtiger Vorgänge in Behörden, wegen des Bewusstseins, dass hier gerade staatliche Aufgaben erfüllt werden, der Staat aber ständig hintergeht anstatt zu unterstützen, dass die tägliche Arbeit häufig nur noch defensiv und reaktiv ist. Und nicht zuletzt, Wut und Frustration, wenn Menschen abgeschoben werden mit denen Freundschaften geschlossen wurden. Freundschaft und Solidarität die entstehen weil – und das ist den politisch Verantwortlichen vielleicht gar nicht so bewusst – eine unglaublich hohe Zahl in den Ankommenden den Menschen sieht. Und nicht den Anderen.