Posse um Ausschreibung zeigt, wie unzeitgemäß in Sachsen untergebracht wird
Nach einem ausgesprochen verwunderlichen Ausschreibungsverfahren ist klar, dass „European Homecare“ die Dresdner Erstaufnahmeeinrichtung Hamburger Straße betreiben wird. Die Menschen aus der Bremer Straße und Grillenburg werden nun in die Hamburger verlegt. Den Belangen Schutzsuchender wird die Entscheidung der Landesdirektion für das Privatunternehmen nicht gerecht. Im Gegenteil, sie konterkariert bisherige Bestrebungen, Schutzsuchenden eine menschenwürdige Unterbringung zu garantieren. Sachsen muss endlich das Flüchtlingsaufnahmegesetz aus dem Jahr 2007 reformieren um der heutigen Realität und den Anforderungen der EU-Aufnahmerichtline gerecht zu werden.
Laut Medienberichten soll die Trägerschaft für die Dresdner Erstaufnahmeeinrichtung Hamburger Straße an das private Unternehmen „European Homecare“ übergehen. Der Geschäftsführer des Sächsischen Flüchtlingsrats, Ali Moradi, dazu: „In das Chaos um die Ausschreibung spielen zwei wesentliche Knackpunkte hinein: erstens sollten Menschen sich in einer Erstaufnahme – dem Namen entsprechend – nur wenige Tage, maximal zwei, drei Wochen, aufhalten. Inzwischen kommt es vor, dass Menschen länger als neun Monate dort leben müssen. Zweitens müssen – und das ist eine langjährige Forderung, die immer wieder aus der sächsischen Initiativenlandschaft laut wird – alle Schutzsuchenden in Sachsen eine kompetente Asylverfahrensberatung erhalten. Ein flächendeckendes, staatlich finanziertes aber unabhängiges Angebot ist nicht vorhanden. Gerade aber in den Erstaufnahmeeinichtungen mit ihrer peripheren Lage ist sie besonders wichtig.“ Bei der Ausschreibung um die Trägerschaft spielten wohl allein finanzielle Aspekte eine Rolle. Es ist zu befürchten, dass die Präsenz von Asyl- und Sozialberatung kaum die detaillierte Aufmerksamkeit erhalten hat, die hier nötig ist. Mit einem privaten Träger im Nachhinein darüber zu verhandeln wird sich als schwierig gestalten wenn verbindliche Rechtsvorschriften nach wie vor fehlen – geschweige, dass die notwendigen finanziellen wie personellen Mittel für eine Asylverfahrensberatung vorhanden sind. „Ein Flüchtlingsaufnahmegesetz aus dem Jahr 2007, welches nur Zuständigkeiten und Finanzierungen regelt, ist längst nicht mehr zeitgemäß. Hier besteht Reformbedarf!“ so Moradi.
Menschen werden nun in die Hamburger Straße verlegt
Nach Informationen des Sächsischen Flüchtlingsrats e.V. wurden die Menschen aus der Bremer Straße und der Einrichtung in Grillenburg auf die Hamburger Straße verlegt. Eine undurchsichtiger Ausschreibungsprozess hat Menschen erst verunsichert und dann zur Verschiebemasse degradiert. Ihre Situation wird sich mit einem in der Vergangenheit ausgesprochen zweifelhaft aufgetretenen Träger kaum verbessern. Die EU-Aufnahmerichtline gibt konkrete Bedingungen für die Unterbringung Schutzsuchender vor, die sich dann auch in Betreiberverträgen widerspiegeln sollten. Wichtig hier wäre, dass die Betreiberverträge überhaupt öffentlich einsehbar sind. In Sachsen fehlen unter anderem die bisher verlangten, verbindlichen Gewaltschutzkonzepte, Regelungen, die sicherstellen, dass auch Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen ihrer Schulpflicht nachkommen können sowie der genannte, freie Zugang von Nichtregierungsorganisationen.