PM: Innenministerium erschüttert Vertrauen in Härtefallkommission und Petitionsausschuss

Als Härtefall anerkannte Familie trotz juristischer Zweifel abgeschoben

Die Härtefallkommission spricht einer Familie den Aufenthalt zu. Erst später kommt heraus, dass der Vater vor über sechs Jahren eine Straftat begangen hat. Neun Menschen wurden nun für den Fehler eines Einzelnen bestraft – sie landen noch heute im Kosovo.

Gestern Nacht wurden Frau K. und ihre acht Kinder abgeschoben – sie waren als Härtefall anerkannt. Das Innenministerium hatte zuvor jedoch schlicht die Aufenthaltserlaubnis widerrufen. Die Begründung: Herr K. soll vor über sechs Jahren eine Straftat begangen haben. Vier Monate Haft musste er dafür in Montenegro verbüßen. Verteidigen konnte er sich nicht, das Gericht verurteilte ihn in Abwesenheit. Im Mai diesen Jahres wurde er ausgeliefert. Pikant daran: der Widerruf des durch die Härtefallkommission erlaubten Aufenthalts durch das Innenministerium ist eine Kollektivbestrafung. Weder Frau K. noch die Kinder sind dafür verantwortlich, was Mann und Vater vor sechs Jahren getan hat. Härtefälle sind sie nach wie vor, das hatte die Kommission ja anerkannt. Herr Oberkirchenrat Schönfeld hatte als Vertreter für die Liga der Freien Wohlfahrtspflege den Fall im Jahr 2016 in die Kommission eingereicht. Die Straftat war damals nicht bekannt. „Wir haben gegenüber Innenministerium wie Ausländerbeauftragtem den pauschalen Widerruf angezweifelt.“ so Oberkirchenrat Christian Schönfeld für die Diakonie Sachsen. „Juristisch fragwürdig ist er allemal.“ Mutter und Kinder sind nach Informationen der Sächsischen Zeitung um 13.55 Uhr von Frankfurt am Main in den Kosovo abgeschoben worden.

Aufhebung der Wiedereinreisesperre wäre eine Lösung

Der Petitionsausschuss hatte sich zudem mit dem Fall der Familie befasst. Das Prozedere allein verhindert keine Abschiebung. Wieder hat das Innenministerium Fakten geschaffen – obwohl es wusste, dass Mitglieder der Härtefallkommission den kollektiven Widerruf juristisch anzweifelten. Mark Gärtner für den Sächsischen Flüchtlingsrat e.V.: „Eine Aufhebung der Wiedereinreisesperre für die gesamte Familie und eine erneute Prüfung durch die Härtefallkommission ist das einzige, was das Innenministerium nun tun kann, um dieses juristisch fragwürdige Vorgehen zu korrigieren“

Juristischer Hintergrund

Das Innenministerium begründet den Widerruf mit dem Verweis darauf, dass der Vater der „Stammberechtigte“ der Familie sei, sich somit der Aufenthalt aller Familienmitglieder von seinem Status ableite. Der Begriff „Stammberechtigter“ kommt beispielsweise beim Familiennachzug zum Tragen, nicht aber beim Paragraphen zu Härtefällen. Er begründet einen Rechtsanspruch. Doch einen Rechtsanspruch auf Anerkennung durch die Härtefallkommission hat niemand. Sie entscheidet allein auf Grund der Entscheidung ihrer Mitglieder

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