Der sächsische Ministerpräsident äußert sich zur Lage in Sachsen und verkennt sie
Der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. (SFR) reagiert auf die heutige Regierungserklärung Michael Kretschmers. Die Kritik ist klar: Kretschmer versucht den zum Scheitern verurteilten Spagat, Rassismus und Rechtsradikalismus durch Verständnis einzufangen und sich gleichzeitig gegen ihn zu positionieren. Eine konkrete Strategie im Kampf gegen Rechtsradikalismus bleibt so auf der Strecke. Mehr noch: Kretschmer spricht den Berichten vom Demonstrationsgeschehen die Glaubwürdigkeit ab. Das Mantra seiner Vorgänger bleibt bestehen: es kann nicht sein, was nicht sein darf.
„Wenn Michael Kretschmer der Überzeugung ist, dass Nazis die größte Gefahr für die Demokratie sind, dann gibt er richtig die Lektion aus Nazi-Deutschland und Holocaust wieder. Nur, er zieht keine Schlussfolgerung.“ Thomas Hoffmann vom Sächsischen Flüchtlingsrat e.V. (SFR) kommentiert die heutige Regierungserklärung des sächsischen Ministerpräsidenten im Landtag. „Es gab einen Mob, es gab Hetzjagden. Kretschmer versucht erneut, das rhetorische Kunststück zu vollbringen, die sogenannten ‚Besorgten‘ umsorgen zu wollen und sich gleichzeitig zu positionieren. Er ist wieder einmal gescheitert, er kann damit nur scheitern.“ Tatsächlich lassen die Berichte von People of Color, von Journalist*innen und von Nichtregierungsorganisationen, zuvorderst die erste Bilanz der RAA Sachsen Opferberatung e.V. nur einen Schluss zu: immer wieder verloren Polizeikräfte in der Woche nach dem Sonntag, dem 26. August die Kontrolle über die Stadt. Menschen, die zum Ziel rechtsradikaler Angriffe werden können, konnten sich nicht mehr auf ihren Schutz durch die Polizeikräfte verlassen. Bisher zählte die RAA 23 Körperverletzungen und elf Fälle von Nötigung oder Bedrohung. „Es wäre ein Leichtes und in Anbetracht des Versagens sächsischer Sicherheitsbehörden notwendig gewesen, sich bei ihnen zu entschuldigen, ihre Berichte zu bestätigen und ihnen so den Rücken zu stärken.“ so Hoffmann weiter.
Es fehlt die konkrete Strategie
Der SFR befürchtet, dass es bei Phrasen bleibt. Kretschmer droht, sich in die Riege seiner Amtsvorgänger einzureihen, die alle nicht hinschauen wollten, die alle nicht hart durchgriffen. Es war Stanislaw Tillich, der erst im Februar 2016, nach Clausnitz, zerknirscht einräumte, dass Sachsen ein Problem mit Rechtsradikalismus hat. Folgen: keine. Außer drei verlorene Direktmandate bei der Bundestagswahl. „Im Prinzip hat Herr Kretschmer heute nichts Neues gesagt. Wenn Kretschmer nicht mit der gleichen Bilanz aus dem Amt ziehen will wie sein Vorgänger, dann müssen ganz konkrete Maßnahmen ergriffen werden.“ fordert Hoffmann. Der erste Schritt wäre, die Kürzungen in der Jugendarbeit zu korrigieren. Präventiv muss gegen Rechtsradikalismus vorgegangen werden. Wenn er in Form des Mobs auftritt, muss mit harter Hand interveniert und sich gegen ihn positioniert werden. Dass Rechtsradikalismus, Rassismus und autoritäres Denken auch in der sogenannten Mitte der Gesellschaft weit verbreitet sind, weiß Kretschmer. Ist es doch die Landesregierung selber, die den „Sachsen Monitor“ mit seinen eindeutigen Ergebnissen herausgibt. Hoffmann: „Es geht darum, nicht noch mehr Generationen an faschistische Strukturen zu verlieren. Herr Kretschmer muss bewusst werden, dass Chemnitz nur der Name einer weiteren sächsischen Stadt ist, die für pogromartige Ausschreitungen steht. Der Mob kann jederzeit und überall in Sachsen erneut mobilisiert werden. Die Lage ist ernst, sehr ernst. Das wissen die, die seit Jahren gegen Rechts einstehen. Herr Kretschmer hat die Lage verkannt.“