Verletzte Person wird ohne ärztliche Begleitung abgeschoben
Die Abschiebung nach Afghanistan vom 24. April hat Fragen aufgeworfen. Aus Sachsen wurden zwei Personen abgeschoben, einer verletzte sich selbst, eine andere Person wurde auf dem Weg zur Arbeit abgepasst. Das Staatsministerium des Inneren hat nun geantwortet. Fahrlässigkeit aber auch kühl kalkulierte Härte sprechen aus den Sätzen.
Ende November 2017 antwortet das Staatsministerium des Inneren auf Anfrage von Juliane Nagel, MdL in der Drs. 6/11176: „Liegen der für die Abschiebung zuständigen Behörde (Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) oder untere Ausländerbehörde) Erkenntnisse über Erkrankungen oder Behinderungen vor, die nach Einschätzung der behandelnden Ärzte, des Gesundheitsamtes oder der zuständigen Ausländerbehörde eine ärztliche Begleitung vom Unterbringungsort zum Flughafen erforderlich macht, wird eine ärztliche Begleitung sowie ein geeignetes Transportfahrzeug (z. B. Krankentransport) beauftragt.“
Innerhalb von anderthalb Jahren müssen das Innenministerium und seine Behörden diese Antwort vergessen haben. Am 24. April 2019 wird Herr T. aus Leipzig abgeschoben, noch in seiner WG verletzt er sich aus Angst vor der Abschiebung, wird in einem Krankenhaus behandelt, für reisefähig befunden und Richtung Düsseldorf, dem Abschiebeflughafen geschickt (PM des SFR e.V. vom 26. April // Berichterstattung von Buzzfeed vom 13. Mai). In einer weiteren Kleinen Anfrage (6/17588) bestätigt das Innenministerium nun, dass auf der Fahrt von Leipzig nach Düsseldorf erneut keine ärztliche Begleitung erfolgte.
„Sächsische Behörden gefährden immer wieder die körperliche Unversehrtheit von Menschen, die abgeschoben werden sollen.“ berichtet Mark Gärtner vom SFR e.V. Er bezieht sich auf eine im November 2018 veröffentlichte Stellungnahme mehrerer Initiativen und Vereine, darunter die Flüchtlingsräte Sachsens und Sachsen-Anhalts. Die Abschiebebeobachterin am Flughafen Düsseldorf berichtet darin, dass immer wieder „Fahrzeuge aus Sachsen den Flughafen Düsseldorf erreichen, ohne dass eine medizinische Begleitung beobachtet worden wäre.“ Gärtner: „Die Fahrlässigkeit, die sächsische Behörden bei Abschiebungen seit Jahren an den Tag legen, ist immer wieder aufs Neue erschreckend.“
Fraglich ist, warum die Abschiebung von Herrn T. nicht überhaupt abgebrochen wurde. Die Ärzt*innen des Leipziger Krankenhauses mögen angegeben haben, dass Herr T. reisefähig sei. Darauf beruft sich nun das Innenministerium. „Übersetzt bedeutet das, wir halten die Menschen für den Vollzug der Abschiebung am Leben, was danach mit ihnen passiert, ist egal.“ Die erste Nacht, so schreibt Buzzfeed, verbringt Herr T. mit seiner Wunde in einem Park in einer der gefährlichsten Städte der Welt. In den folgenden Nächten organisiert ihm eine Moschee ein Obdach.
Eiskalt abgepasst – die Abschiebung von Herrn E.
Regelrecht übelerregend liest sich die Antwort des Innenministeriums auf die Frage, wie es zur Abschiebung von Herrn E. aus Dresden, ebenso abgeschoben am 24. April, kommen konnte. Die Behörden hatten bei seinem Arbeitgeber, einem Paketzusteller, angefragt, auf welchem Wege er zur Arbeit kommen würde. Genau dort, auf seinem Arbeitsweg, wird Herr E. am Morgen des 24. April von der Polizei abgepasst. „Es benötigte kein Hau-Ab-Gesetz, damit Abschiebungen in Sachsen eiskalt durchgeführt werden.“ konstatiert Gärtner. Vergangene Woche nun beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz und bestätigte, dass Härte nach oben hin keine Grenzen kennt.
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