Pressespiegel zur Asylpolitik vom 31. Juli 2019

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 31. Juli 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Vor Libyen sind mehr als 110 Menschen ertrunken. Sie versuchten über das Mittelmeer zu fliehen. In miteinander vertauten Boot saßen insgesamt, es gibt extrem variierende Angaben, 250 bis 400 Menschen. Ein Mitarbeiter des Roten Halbmonds meinte, es sei unmöglich, eine Gesamtzahl der Toten zu nennen. 62 Leichen konnten geborgen werden. Die Überlebenden wurden von der libyschen, so genannten „Küstenwache“ zurück in die Internierungslager gebracht.
    tagesspiegel (26.07.19)
    Zeit (26.07.19)

 

  • Der Nothilfekoordinator der UN warnt vor einer der schlimmsten, humanitären Katastrophen, die in Idlib in Syrien drohe. Dort setzen sich Kämpfe zwischen Regime und gegnerischen Truppen fort, ein „Abnutzungskrieg“ sei das laut Expert*innen. Die UN-Menschenrechtskommissarin berichtet von Angriffen auf Krankenhäuser, Bäckereien und Schulen – angesichts der Häufigkeit und Hartnäckigkeit sei es unwahrscheinlich, dass sie zufällig getroffen wurden. Der Sicherheitsrat sei aufgefordert, den Frieden wiederherzustellen, fordern die UN-Beauftragten.
    Zeit (30.07.19)

 

  • Aktivist*innen werfen der Türkei vor, Geflüchtete von ihrem Territorium aus wieder nach Idlib Syrien abzuschieben. Zuvor hatte der Gouverneur der Region Istanbul angekündigt, dort nicht registrierte Geflüchtete wieder in die Regionen innerhalb der Türkei abzuschieben, in denen sie gemeldet sind.
    tagesspiegel (25.07.19)

 

  • Wer über Mexiko in die USA flieht, sollte nach den Plänen von US-Präsident Donald Trump keine Chance auf Asyl haben. Er sah vor, dass all die, die bisher nicht erfolglos einen Asylantrag in einem Drittstaat gestellt haben, dorthin hätten zurückkehren müssen. Diese Regelung hat ein US-Bundesgericht in Kalifornien nun gestoppt. Dadurch kann die Gegelung vorerst nicht in Kraft treten.
    SPON (25.07.19)
  • Heute morgen sind bei der Sammelabschiebung nach Afghanistan, gestartet in Leipzig/ Halle, 45 Menschen abgeschoben worden. In Afghanistan sind im ersten Halbjahr 2019 mehr als 3.800 Menschen getötet worden. Dabei kommen inzwischen mehr Zivilist*innen durch Angriffe der Regierungstruppen um als durch Angriffe der Taliban. Erst vor wenigen Tagen gab es einen Anschlag auf eine Parteizentrale im Zuge des afghanischen Wahlkampfs. Zuerst wurde eine Autobombe gezündet, dann drangen drei Angreifer*innen in die Büroräume ein. Mindestens 24 Menschen kamen ums Leben, mehr als 50 wurden verletzt.
    SPON (29.07.19)
    tagesschau
    (30.07.19)
    DLF (31.07.19)
  • Die EU-Kommission hat Klage gegen Ungarn vorm Europäischen Gerichtshof eingereicht, da die Regierung unter Premier Viktor Orban ein Gesetz durch das Parlament brachte, welches Unterstützung für Geflüchtete zur Straftat erkläre. Bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe kann dies inzwischen verurteilt werden. Weitere Klagen der EU-Kommission gegen Ungarn betreffen das neue Hochschulgesetz, das Universitäten mit Hauptsitz außerhalb Ungarns das Recht beschränkt, Abschlüsse zu verleihen, sowie gegen ungarische Asylverfahren.
    tagesschau (25.07.19)

Bund, Land, Kommune

  • In einer Berliner Erstaufnahmeeinrichtung bekommt eine im neunten Monat schwangere Frau Schmerzen und Blutungen. Sie und ihr Mann bitten zwei Mitarbeiter*innen der Security, den Krankenwagen zu rufen. Als die sich weigern, beginnen beide, ins Krankenhaus zu laufen und die Straßenbahn zu nehmen. Sie entbindet ein totes Kind. Ein medizinisches Gutachten, ob bei einem früheren Eintreffen das Kind hätte geboren werden können, steht aus.
    taz (22.07.19)

 

  • Vergangene Woche schießt ein Mensch aus dem fahrenden Auto auf einen anderen Menschen eritreischer Staatsbürgerschaft, sein Bauch wird durchschossen. Er überlebte den rassistisch motivierten Angriff auf sein Leben. Der mutmaßliche Täter tötete sich später mit einem Kopfschuss. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurden NS-Devotionalien gefunden.
    SPON (23.07.19)

 

  • In Dresden hat der Nachbar eines Menschen libyscher Staatsbürgerschaft versucht, sich mit einer Machete Zutritt zu verschaffen. Er nutzt dafür eine Machete und versucht die Tür in Brand zu setzen, er schmiert Hakenkreuze an die Tür. Der Betroffene nimmt das ganze Geschehen mit der Kamera auf, die taz veröffentlichte das Video weil sie es wichtig findet, „wie solche Taten aussehen.“ In sozialen Medien äußern Menschen Verständnis für den Täter.
    taz (26.07.19)

 

  • Ramona Gehring ist Kommunalpolitikerin der Partei DIE LINKE in Zittau. Mit einem Sprengstoffanschlag auf ihr Haus wurde auch ihr Tod wie der der anderen, sich im Haus Aufhaltenden in Kauf genommen. Darunter ihr minderjähriger Enkel. Die erst neu gegründete Soko Rex hat die Ermittlungen aufgenommen. Der Zittauer Bürgermeister macht die weitverbreitete, rassistische, rechtsradikale Rhetorik für die Gewalt verantwortlich.
    tagesspiegel (24.07.19)
    Lausitzer Rundschau (26.07.19)

 

  • Im Hauptbahnhof in Frankfurt am Main werden ein Achtjähriger und seine Mutter vom Bahnsteig vor den Zug geschubst, die Mutter überlebt, der Junge wird tödlich vom Zug erfasst. Dass der mutmaßliche Täter eritreischer Staatsbürgerschaft ist, genügt Hetzer*innen und Rassist*innen, um ein Verbrechen komplett einordnen und abschließend beurteilen zu können. „Obwohl bei dieser Nachricht doch das Innehalten die eigentlich menschliche Reaktion wäre.“ [sinngemäß wiedergegeben, keine Ahnung mehr wo gelesen]
    DLF (29.07.19)

 

  • Die Abschiebehaftkontaktgruppe hatte in einer Pressemitteilung am Mittwoch vergangener Woche die Vorwürfe eines Menschen veröffentlicht, der in der Abschiebehaftanstalt Dresden inhaftiert war, veröffentlicht. Er hatte Mitarbeiter*innen der Landesdirektion vorgeworfen, ihn gefesselt und misshandelt zu haben. Das verantwortliche Innenministerium wies die Vorwürfe in Stellungnahmen gegenüber dem Abschiebehaftbeirat und der Abschiebehaftkontaktgruppe sowie in einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel zurück. Dennochbleiben Fragen offen, denn auffallend hält sich das Innenministerium zurück, anzugeben, wann die betroffene Person in einem „besonders gesichterten Unterbringungsraum“ angeordnet wurde und warum bei den besonderen Sicherungsmaßnahmen nicht die ganze Zeit ein*e Ärzt*in anwesend war. Auch, warum trotz interner Ermittlungen nicht sofort der Beirat informiert wurde, ist eine Frage, die die Landesdirektion und das ihr übergeordnete Innenministerium bisher nicht beantworten konnten.
    Sächsische Zeitung (24.07.19)

 

  • Ein „offenes Geheimnis“ sei es für die DNN, dass auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung auf der Bremer Straße ein Baumarkt gebaut werden soll. Wann das geschehen wird, ist bisher noch unklar.
    DNN (29.07.19)

Hintergrund und Meinung

  • Lager sind „Ausdruck eines Ausnahme- und Maßnahmenstaats“, schreibt Micha Brumlik in seinem Text „Das Wesen des Lagers“ in der jungle world. Lesenswert!
    Jungle World (11.07.19)

 

  • Yama Razaqi floh vor 25 Jahren als junger Mann vor den Mudjaheddin aus Afghanistan. Heute arbeitet er als Dolmetscher in Hamburg bei Therapien für psychisch erkrankte Geflüchtete. Wenn Patient*innen, für die er übersetzt, erzählen, erinnert er sich an Afghanistan, riecht die Imbissstände, schmeckt den Sand in der Luft. Doch das, was die Menschen heute in ihren Therapien erzählen, ist krasser, brutaler, als die Gewalt die er erlebt hat. Wie Razaqi sind die meisten der Sprachmittler*innen bei Traumatherapien für Geflüchtete Quereinsteiger*innen. Mit dem Gehörten klarkommen müssen sie selber. Razaqi konnte in den ersten Wochen nicht schlafen. „Für den Staat sind ehrenamtliche Sprachmittler*innen eine riesige Hilfe.“ so ein Leiter eines Hamburger Psychosozialen Zentrums. Für sie könne das aber zu einer großen Belastung werden, da sie nicht in einer professionellen Ausbildung gelernt haben, sich nicht mit den Patient*innen zu identifizieren.
    Die Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer sind dabei direkt für diese Art von Traumata und Erkrankungen geschult. Geflüchtete in die Regelstrukturen des Gesundheitssystem aufzunehmen, erscheint angesichts dessen Auslastung als unmöglich, vor allem, weil es gerade für Geflüchtete eines gut ausgebildeten und professionellen Sprachmittler*innen-Pools bedarf.
    Razaqi macht den Job seit 2015. Er hat sich trotz einiger Herausforderungen Praktiken anlernen können, mit denen er erstens das direkt Gehörte abstreifen kann und zweitens später den Ausgleich finden kann.
    Zeit (30.07.19)

 

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