Pressespiegel zur Asylpolitik vom 26. November 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de
Geschehenes – Kurzmeldungen
Blick nach Europa und die Welt.
- Vor Lampedusa hat die italienische Küstenwache 143 fliehende Menschen gerettet, das Boot war gekentert. Fünf Personen ertranken. Bei insgesamt drei Rettungseinsätzen im Rahmen einer Mission rettete die Ocean Viking der NGOs SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen 215 Menschen. Das Schiff lief die italienische Stadt Messina an. Die Open Arms hatte 73 Menschen gerettet, das Schiff legte im Hafen von Tarent in Italien an. Vor Zypern wurden 120 Menschen syrischer Staatsbürgerschaft gerettet, sie wurden nach Nikosia gebracht.
Zeit (21.11.19)
NZZ (24.11.19)
SPON (24.11.19)
Salzburger Nachrichten (25.11.19)
- Etwa 70 syrische Geflüchtete sind als erste nach der türkischen Offensive in Rojava, im Norden Syriens, aus der Türkei gekommen.
Zeit (22.11.19)
- Niederländische Behörden haben 25 Menschen in einem Kühlcontainer auf dem Weg nach Großbritannien entdeckt. Die Fähre, auf der der Container verladen war, drehte wieder nach Rotterdam um, als die Menschen bemerkt wurden. Zwei Personen mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden.
Zeit (20.11.19)
- „Haftlager“ nennt PRO ASYL das, was die griechische Regierung nun plant – auf den Freiluftgefängnissen, die die griechischen Inseln schon heute sind, die bereits bestehenden Lager in geschlossene „Abschiebezentren“ umwidmen. Die maximale Aufenthaltsdauer soll 18 Monate betragen. Die Lage ist seit Jahren unerträglich, in den letzten Monaten regte sich Widerstand bei den Fliehenden, unter anderem, als Anfang Oktober eine Frau in Moria auf Lesvos verbrannte. Die Menschen nun einzusperren wird nichts lösen, es ist erneute Symbolpolitik, die Leid verursacht und das, was sie vorgibt, anzustreben, nicht erreichen wird. Grund für den langen Aufenthalt auf den Inseln sind die langen, griechischen Asylverfahren (ein Beamter gibt im Artikel an, dass wer heute auf Lesvos ankomme, im April 2022 seine erste Asyl-Anhörung habe) in Verbindung mit dem EU-Türkei-Deal. Etwa 36.000 fliehende Menschen befinden sich derzeit auf den griechischen Inseln. Vorvergangenes Wochenende rettete die griechische Küstenwache 658 Menschen in der Ägäis. Zugleich werden Vorwürfe gegen griechische Behörden von Seiten Fliehender laut, dass sie gegen ihren Willen ohne die Chance auf einen Asylantrag in die Türkei zurückgeschoben wurden. SPON liegen entsprechende Dokumente vor.
SPON (19.11.19)
SZ (21.11.19)
Bund, Land, Kommune
- In 282 durch den Flüchtlingsrat Niedersachsen begleiteten Verfahren in Abschiebehaftsachen haben Berufugungsgerichte feststellen müssen, dass 179 Inhaftierungen rechtswidrig waren. Muzaffer Öztürkyilmaz vom niedersächsischen Flüchtlingsrat fordert, ein derart fehleranfälliges System dürfe nicht weiteroperieren sondern gehöre grundsätzlich auf den Prüfstand.
nd (19.11.19)
- Halbgute Nachrichten aus Sachsen-Anhalt: die in Dessau geplante Abschiebehaftanstalt des Landes wird voraussichtlich zwei Jahre später als geplant eingerichtet. Mit einem Beginn des Vollzug muss damit um 2023 herum gerechnet werden.
Mitteldeutsche Zeitung (20.11.19)
- Martina Angermann war lange Bürgermeisterin für die SPD in Arnsdorf. Dieses Amt hat sie nun aufgegeben. Sie hatte mit deutlichen Worten eine selbsternannte „Bürgerwehr“ verurteilt, die im Mai 2016 einen Menschen irakischer Staatsbürgerschaft mit psychischer Erkrankung an einen Baum gefesselt hatte. Danach brandete die Hetze gegen sie auf, die taz hatte erst Mitte Oktober einen Artikel über sie veröffentlicht. Auch dies veranlasste Rassist*innen und Rechtsradikale, erneut gegen sie Stimmung zu machen. Ihrem Antrag auf Versetzung in den Ruhestand kam das Landratsamt Bautzen nun nach. Aus ihrer Partei, von der Bundesregierung und zahlreichen, zivilgesellschaftlichen Organisationen kommen Stimmen der Solidarität. Das Bundesjustizministerium will nach eigenen Angaben ein Maßnahmenpaket „gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ unter „Hochdruck“ umsetzen und so auch Kommunalpolitiker*innen besser schützen.
Tagesspiegel (22.11.19)
- Letzte Woche war in Sachsen Feiertag. Von Büßen und Beten war von Seiten der sächsischen Staatsregierung und dem DU-geführten Innenministerium (das C ist von Greenpeace letzte Woche entfernt worden) nichts zu spüren, denn Mittwoch Abend schoben sie 27 Menschen nach Pakistan ab. Den SFR erreichten über zahlreiche Kanäle Meldungen zu Abschiebungen, gleichzeitig wurde zum Protest an der Dresdner Stauffenbergallee vorm Polizeirevier mobilisiert, bis zu 100 Menschen demonstrierten. Ein Statement des SFR zur Abschiebung nach Pakistan hier verlinkt. In einer Pressemitteilung hatte der SFR zudem eine Familientrennung durch Abschiebung gemeinsam mit dem AZ Conni aus Dresden kritisiert. In vier Schritten ist die Ausländerbehörde Pirna eiskalt gegen die Familie und Art. 6 Grundgesetz vorgegangen. Die ADDN griffen den Fall im ebenso verlinkten Artikel auf.
Sächsische Zeitung (21.11.19)
Neustadt Geflüster (21.11.19)
ADDN (22.11.19)
- Eine positive Nachricht konnte der SFR letzte Woche trotz allem vermelden. Die Familie Zejneli aus Leipzig, um die über Jahre gekämpft wurde, ist nun sicher. Die schönste PM, die der Verein jemals schrieb. Die LIZ hatte verlässlich über die Jahre den Fall der Familie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
LIZ (20.11.19)
Hintergrund und Meinung
- Die Asylpolitik ist kein Politikfeld wie jedes andere. Sie sei maßgeblich für das Selbstverständnis dieser Gesellschaft, denn ihre Offenheit drohe immer von den Gegner*innen eines liberalen Asylrechts. Patrice G. Poutrus hat eine Geschichte des Asylrechts in der Bundesrepublik geschrieben. Aus seltenen Erfolgen wie der Aufnahme Menschen vietnamesischer, ungarischer oder tschechischer Staatsbürgerschaft sei nichts gelernt worden. Aufnahmefähigkeit und Wohlstandspanik seien die beherrschenden Diskurse gewesen. Das Ideal der reinen Abstammungsgesellschaft der NS-Ideologie schwingt da mit. Rezension zur Neuerscheinung „Umkämpftes Asyl. Vom Nachkriegsdeutschland bis in die Gegenwart.“ im Tagesspiegel.
Tagesspiegel (21.11.19)