PM: …und er hat es geschafft! Luan Zejnelis Familie ist, teilweise, sicher

Hekuran, jüngerer Bruder von Luan Zejneli, erhält die Ausbildungsduldung
Heute ist der Tag, an dem der SFR verkünden kann, dass eine Familie bleiben kann. Es ist ein besonderer Tag. Hinter dieser Geschichte stehen die Entschlossenheit eines Menschen, der viel zu jung erwachsen werden musste, der Einsatz zahlreicher Mitarbeiter*innen und Mitglieder des SFR und die Unterstützung vieler weiterer Personen, deren Beitrag unverzichtbar war für diese Pressemitteilung, die heute, endlich, geschrieben werden kann.

Immer wieder war es ein Spiel gegen die Zeit, gegen Behörden, gegen die eigene Panik, die latent immer da war und an einigen Tagen nicht zu bremsen war. Für die Familie Zejneli ist ein fast drei Jahre währender Kampf zu Ende gegangen. Sie haben ihn gewonnen! Hekuran Zejneli hat die Ausbildungsduldung erhalten. Die Familienmitglieder, die noch da sind, Herr und Frau Zejneli, das jüngste Kind Zuela sowie Luan und Hekuran, sind nun alle sicher. Im Interview mit dem Querfeld-Magazin 2019 des SFR meinte Luan Zejneli, als noch nicht einmal klar war, ob Hekuran bleiben könnte: „Ich hab das Ganze so durchgezogen, immer mit dem Gedanken, dass sie, meine Familie, hier bleiben werden. Dass niemand abgeschoben wird. Das war immer in meinem Kopf.“ Das, was in Luans Kopf vor sich ging, kann nun zur Ruhe kommen.

Patchwork durchs Aufenthaltsrecht

Die unterschiedlichen Aufenthalts- und Duldungstitel der Familie sprechen für sich, was das für ein Kampf war. Luan ist seit Mai 2017 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die die Sächsische Härtefallkommission empfohlen hatte. Klar war, dass auch der Rest der Familie sich bald um eine Aufenthaltssicherung bemühen musste. Das Mitglied des SFR in der Härtefallkommission, Jörg Eichler, erzählt: „Wir reichten den Fall der Familie Zejneli Anfang 2018 ein. Wir zählten darauf, dass eine Mehrheit der Kommission keine Familientrennung forcieren würde.“ Dem war nicht so. Als die Ablehnung im März 2018 erfolgte, versank die Familie im Schock. Es folgte ein Jahr der Ungewissheit und Angst, im Mai 2018 reiste der älteste Bruder Muharem in den Kosovo. Er sah keine Perspektive mehr. Erst im April 2019 entscheidet das Verwaltungsgericht Leipzig, dass dem Vater ein Abschiebungsverbot zuzusprechen sei. Damit sind auch Mutter und Tochter sicher. Im August 2019 wird Hekuran volljährig. Nicht zuletzt auf Grund des zermürbenden Kampfes scheitert er auf dem Weg zum Schulabschluss. „Wir wussten, jetzt müssen wir ein letztes Mal aufstehen – für uns, für unsere Eltern und für unsere Schwester.“ berichten die Brüder. Nun musste ein Ausbildungsplatz her. Der fand sich – erneut unter äußerster Anstrengung. Hekuran wird nun Gebäudereiniger, Luan ist seit letztem Jahr auf dem besten Weg zum zahnmedizinischen Fachangestellten.

„Nicht so. Durch eine Trennung.“

Jörg Eichler hat unzählige Schriftsätze aufgelegt, mit der Ausländerbehörde Leipzig verhandelt, immer wieder versucht, Luan und die Familie zu beruhigen, Rücksprache mit Anwält*innen gehalten und selbst Rechtskommentare gewälzt, sich den Kopf zerbrochen, stundenlang telefoniert und Nachtschichten geschoben. Für ihn steht fest: „Dieser Kampf, den wir hier geführt haben, der war fast nicht zu gewinnen. Spätestens mit der Ablehnung durch die Härtefallkommission war es eigentlich vorbei. Die humanitäre Härte feststellen zu lassen, die die Abschiebung des Vaters für ihn und die gesamte Familie bedeutet hätte – das was uns schlussendlich gelungen ist –  ist längst nicht bei jeder Person oder Familie zu leisten.“ Eichler ist überzeugt, dass es auch und vor allem Luan war, der eine Verantwortung für seine Familie übernahm, die ein Mensch in seinem Alter nicht haben sollte, Luan, der die Zukunft seiner Familie in die Hand nahm. „Irgendwann wird es mal den Moment geben, wo ich allein leben will. Aber nicht durch diese Art und Weise, nicht so. Durch eine Trennung.“ sagt er im Querfeld. Nach fast drei Jahren des Kämpfens fordert Eichler, dass Schicksale wie die von Luans Vater und seiner Familie wieder mehr Rücksicht in der Gesellschaft, in der Debatte um Flucht und Asyl finden. Das ist heute nicht der Fall und zeigte sich auch in den Verfahren der Familie. Denn es war knapp, abschieben wollten die Behörden immer: in der Zwischenzeit stellt die Familie aus der Verzweiflung heraus einen Asylfolgeantrag. Kurzzeitig wird die Abschiebung gestoppt. „Auch wenn ich weiß, Ihnen den Tag zu verderben, hat Herr Zejneli nun auch ein Gutachten (…) eingereicht, welches ihm Reiseunfähigkeit bescheinigt.“, lautet eine darauffolgende Mail der Landesdirektion an die Ausländerbehörde Leipzig, die dem SFR vorliegt. Sie waren kurz davor, den Vater in den sicheren Suizid abzuschieben.

Danke!

„Diese Geschichte ging fast gut aus, wäre nicht Muharems Ausreise. Es ist die eine Geschichte, die für uns als SFR zeigt, dass es sich trotz Rückschlägen zu kämpfen lohnt, auch wenn das all jenen, deren Kampf verloren wurde, nichts mehr bringt.“ meint Eichler und denkt zurück an zahlreiche Menschen, die nicht mehr vor der Abschiebemaschinerie zu retten waren.

Doch eins steht für Eichler wie für alle anderen heutigen wie ehemaligen Mitarbeiter*innen und Vorstandsmitglieder, darunter Ali Moradi, bei Luans Härtefallverfahren einreichendes Mitglied, sowie jene Menschen außerhalb des SFR, deren Namen hier nicht genannt werden können, denen aber umso mehr gedankt sei, fest; sie alle, die auf die eine oder andere Art Zeit, Kraft und Nerven wie Expertise und Meinung investierten, die mithofften, beteten und bangten, Luan und der Familie Mut zusprachen, selbst wenn sie selber nicht mehr Recht an ein gutes Ende glauben wollten, die sich an der einen oder anderen Stelle gegenseitig unterstützten, die dafür sorgten, dass ein humanitärer Härtefall unter diesen Bedingungen vor Abschiebung sicher ist, sie können endlich sagen: „Wir freuen uns mit der Familie Zejneli!“

Besonderer Dank gilt den Personen des öffentlichen Lebens, die sich im zweiten, erfolglosen Verfahren der Härtefallkommission für den Verbleib der Familie aussprachen und deren Namen hier genannt werden: Danke Burkhard Jung, Werner Kujat, Monika Lazar und Jule Nagel.

René Loch von der Leipziger Internetzeitung begleitete den Fall der Familie Zejneli im Laufe der Jahre mit seiner Berichterstattung, zuletzt am 22. Juni 2019 zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzigs, dass dem Vater ein Abschiebeverbot zu erteilen ist.

 

Luan Zejneli
Zur Verwendung unter Angabe des Urhebers ‚Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.‘ – Luan im Sommer 2019 – Zum Vergrößern und Herunterladen klicken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kontakt

Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Jörg Eichler
Mobil: 01575 / 967 62 20
Mail: eichler@sfrev.de

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