Pressespiegel zur Asylpolitik vom 18. Februar 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de
Geschehenes – Kurzmeldungen
Blick nach Europa und die Welt.
- Im Jahr 2014 überwinden zwei Menschen, den Grenzzaun der spanischen Exklave Ceuta in Marokko. Sie befinden sich auf spanischem Territorium, werden aber direkt wieder nach Marokko abgeschoben. Dieser Push-Back war legal, meint der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und verkennt dabei die Realität, schreibt PRO ASYL. Denn der EGMR meint, die beiden Menschen hätten legale Wege der Einreise nach Europa nutzen können – die es faktisch nicht gibt. Beispiel Ceuta: marokkanische Beamt*innen funieren am Grenzübergang als Gatekeeper und wählen aus, wer passieren und um Asyl in Spanien suchen darf. Dafür erhält Marokko Geld von Spanien und der EU. „Das Urteil rüstet die europäischen Grenzschützer legal auf.“ schreibt der Tagesspiegel und auch PRO ASYL spricht von einem „Paukenschlag.“ Dennoch gebe es nach wie vor rechtliche Mittel, die vom internationalen Recht als illegal eingestuften Push-Backs an den europäischen Außengrenzen zu stoppen. Als Refoulement werden diese Zurückweisungen auch bezeichnet und sind in unter anderem in der Genfer Flüchtlingskonvention explizit verboten. Das Verbot „ist das Alpha und das Omega des Flüchtlingsrechts. Damit beginnt jeglicher Schutz – ohne das Verbot ist er nichts wert.“ schreibt die SZ.
SZ (13.02.20)
Tagesspiegel (14.02.20)
- Ursula von der Leyen hatte es bei ihrem Amtsantritt als Präsidentin der EU-Kommission bereits angekündigt: das EU-weite Asylrecht soll reformiert werden. Von der Bundesregierung, der sie bis vor Kurzem noch selber angehörte, bekommt sie nun die ersten Vorschläge. Das Bundesinnenministerium bringt unter anderem eine Vorprüfung von Asylanträgen an den EU-Außengrenzen ins Spiel. Diese Zulässigkeitsprüfung – also ob eine Person berechtigt ist, überhaupt ihren Asylantrag in der EU zu stellen – wurde bereits bei der nicht in Kraft getreteten Dublin-IV-Verordnung massiv kritisiert. Sie versperre den effektiven Zugang auf Schutz für Fliehende. Offener Konfliktpunkt ist und bleibt die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Mitgliedsstaaten. Ende Februar/ Anfang März will die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson einen Reformvorschlag vorlegen.
Zeit (07.02.20)
- In Athen haben griechische Bürger*innen von den ägäischen Inseln gegen die Asylpolitik der Regierung und der EU protestiert. Sie forderten die sofortige Abschiebung der meisten der geflüchteten und sich auf den Inseln befindlichen Menschen. Die griechische Regierung plant derzeit, Haftlager auf den Inseln einzurichten, also Orte, die die Menschen nicht mehr verlassen können.
DW (13.02.20)
Bund, Land, Kommune
- Der letzte Pressespiegel erschien am 05. Februar. Kurz danach geschah in Thüringen das, was weithin als „Dammbruch“ bezeichnet wurde. Der MDR hat einige Kommentare verschiedener Medien zum Zeitpunkt kurz nach der Wahl gesammelt, ansonsten sollten alle das ja mitbekommen haben. Mobilisierungen gabs auch, siehe unten.
MDR (06.02.20)
- Rassismus auf dem Wohnungsmarkt ist ein Problem – bei bestimmten Namen sinken die Chancen, eine Wohnung zu finden, eklatant gegen Null. Jeder dritte Wohnungssuchende mit Migrationsbiografie werde diskriminiert, hat eine repräsentative Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ergeben. Die Stelle fordert eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, bestimmte Ausnahmeregelungen müssten gestrichen werden, da sie rassistische Diskriminierung nach wie vor rechtfertigen. Ein Rechtsgutachten argumentiert, dass die Ausnahmeregelungen gegen Europarecht verstoßen.
Migazin (30.01.20)
- Am 08. Februar fand der bundesweite Aktionstag der Seebrücke statt. Mehr und mehr Kommunen und ganze Bundesländer erklären sich bereit, Menschen, die aus dem Mittelmeer gerettet wurden und/ oder sich auf den griechischen Inseln befinden, aufzunehmen. Doch das Bundesinnenministerium blockiert. Nach wie vor wird hart daran gearbeitet, diese Blockade zu brechen. In Leipzig demonstrierten 80 Menschen vorm Büro der SPD-Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe, bundesweit gingen Menschen auf die Straße.
MDR (08.02.20)
- Die sächsische Polizei nennt künftig grundsätzlich bei Tatverdächtigen die Staatsbürgerschaft, wenn sie sich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit entscheidet. Im MDR kritisiert der SFR das, denn einen Zusammenhang zwischen Kriminalität und Staatsangehörigkeit gibt es nicht, das bringe also „null Erkenntnisgewinn“. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist es vorgesehen, auf das Nennen der Staatsbürgerschaft zu verzichten. Problematisch daran ist neben der Hetze, die Rechtsradikale und Konservative daraus ableiten können, ist die Auswahl der Fälle, zu denen die Polizei Presse- und Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Es besteht unter anderem beim SFR kein Vertrauen in die Polizei, dass sie in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im selben Anteil über nichtdeutsche Tatverdächtige berichtet, wie sie tatsächlich in Erscheinung treten. Auch Ine Dippmann vom Deutschen Journalistenverband in Sachsen findet das nicht zuletzt mit Blick auf den Pressekodex, an den sich auch die Pressestellen der Polizei halten müssten, verurteilenswert. Sie sagt: „Die Gründe, warum wie die Herkunft von Tatverdächtigen nicht benennen, bleiben ja bestehen. Wenn sie keinen Zusammenhang zur Tat haben, dann sind sie so relevant wie die Haarfarbe. Deswegen benennen wir sie nicht. Und es erfordert jetzt von den Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen noch mehr Chuzpe, noch mehr Haltung, bei dieser Vorgabe des Pressekodex zu bleiben und dafür zu sorgen, dass niemand stigmatisiert wird aufgrund seiner Herkunft.“
MDR (05.02.20)
- Eine weitere Veränderung, diesmal bei der Bundespolizei, die alle betrifft aber auch hier ein Einfallstor für rassistische Praktiken bietet: deren Gebührenverordnung hat das Bundesinnenministerium geändert. Das bedeutet, dass eine Strafanzeige künftig nicht mehr Strafe genug sein kann. Es kann auch sein, dass hohe Kosten allein für polizeiliche Maßnahmen wie die Identitätsfeststellung erhoben werden. Die taz berichtet von einer ersten Betroffenen, die etwas ganz Bürgerliches gemacht hat: sie hatte ihren Koffer am Düsseldorfer Hauptbahnhof vergessen. Sie kann jetzt für das Absperren des Fundorts und den Sprengstoffhund bezahlen. „Ein Rechtsstaat, den man sich leisten können muss,“ schreibt die taz.
taz (04.02.20)
- Sachsen hat vergangene Woche nach Georgien abgeschoben, 75 Menschen von 81 betroffenen Personen kamen aus dem Freistaat. Am Montag schon wurde eine Familientrennung durch die Ausländerbehörde Bautzen gestoppt, Mutter und die beiden Kinder sollten nach Indien abgeschoben werden, der Vater wäre zurückgeblieben. Am Mittwoch beteiligte sich Sachsen an der Abschiebung nach Afghanistan, hier waren zwei Menschen betroffen. Die PM des SFR dazu.
MDR (11.02.20)
Junge Welt (14.02.20)
- In Dresden wurde an drei Tagen erfolgreich gegen den Faschismus mobilisiert, beteiligt und gestützt vor allem von Dresden Nazifrei, Nationalismus raus aus den Köpfen, HOPE und dem Tolerade e.V. Am Samstag dem 15. Februar konnten die Nazis keinen Fuß in die Stadt setzen – erfolgreiche Blockaden verhinderten das. In Erfurt gingen 18.000 Menschen auf die Straße, um gegen die Wahl eines Ministerpräsidenten mit Stimmen von Faschist*innen zu protestieren.
Neues Deutschland (15.02.20)
taz (15.02.20)
MDR (15.02.20)
SPON (15.02.20)
MDR (17.02.20)
Hintergrund und Meinung
- Funda Ağırbaş hat eine Reportage über die Hölle geschrieben, die heute auch Europa ist. Khald, 14 Jahre, Hassan, elf Jahre, Esra, 16 Jahre, … sie alle leben auf Lesvos, sind allein, gefährdet, einige suizidal. Erschütternd, aber dieser Artikel muss gelesen werden.
Zeit (11.02.20)
- Die Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden hat es sich zum Ziel gesetzt, zu beraten bis der Knast Geschichte ist. Neustadt Geflüster hat mit der Gruppe besprochen. Sie gibt Einblick in den Kampf gegen ein geschlossenes System und berichtet über das, was Inhaftierte erzählen, was die Haft mit ihnen macht. „Trauma Haft“ ist der Artikel überschrieben.
Neustadt Geflüster (10.02.20)