PM: Eine professionelle Gesundheitsversorgung für Geflüchtete in Sachsen – das ist zu schaffen!

DGSP und SFR kommentieren Antwort des Sozialministeriums auf Große Anfrage der LINKEN
Weitreichende Versprechungen hat die Koalition aus CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD in ihrem Vertrag gemacht, auch, wenn es um die Gesundheitsversorgung Geflüchteter geht. In einer Antwort des Staatsministeriums für Soziales auf eine Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE (Drs. 6/17005) aus der letzten Legislatur lassen sich Schlüsse ziehen, wo konkret angesetzt werden kann.

„Es muss heute, fünf Jahre nach 2015, endlich darum gehen, die Versorgungswege Geflüchteter zu klären und die notwendige und hinreichende Gesundheitsversorgung im Interesse aller Beteiligten, insbesondere aber von Geflüchteten zu gewährleisten.“ meint Dr. Ute Merkel vom sächsischen Verband der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss etwas ganz Grundlegendes, etwas Selbstverständliches geschehen: Diagnosen müssen endlich erfasst und dokumentiert werden. Die Große Anfrage hat ein systematisches Problem offengelegt: häufig konnten Fragen nicht beantwortet werden, weil vorgeblich keine statistische Erfassung erfolgte. „Der Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht, der sich mehr als einmal in der Großen Anfrage findet, entbehrt der Logik.“ so Dr. Merkel. „Ein quantitativer Datensatz lässt keine Rückschlüsse auf personenbezogene Daten zu, mit der Schweigepflicht hat dies nichts zu tun.“

Aufsuchende Identifizierung besonders Schutzbedürftiger

Eine große Herausforderung stellt die Identifizierung besonders Schutzbedürftiger dar. Hierunter zählen unter anderen auch psychisch erkrankte Menschen – sie zu identifizieren ist in der Tat nicht einfach. DGSP und SFR machen der Landesregierung nun konkrete Vorschläge, wie dies professionell geschehen kann und verweisen unter anderem auf das erfolgreiche Modell der Internationalen Praxen in Dresden und Chemnitz wie der mobilen Teams in Berlin. Gemeinsam mit den Psychosozialen Zentren solche Teams aufzubauen, die aufsuchend in die Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte gehen, sollte dem Geist des Koalitionsvertrags entsprechen.

Sprachmittlung, Rechtsfolgen und Finanzierung von Gutachten – der Teufel im Detail

Eine kontinuierliche Sprachmittlung ist bei Therapien unverzichtbar. Hier bedarf es eines sachsenweit abrufbaren Sprachmittler*innenpools. Es muss sichergestellt werden, dass für die gesamte Laufzeit einer Therapie  die Sprachmittlung durch eine Person erfolgt. „Bei Wechsel der Sprachmitller*in droht eine Irritation der therapeutischen Beziehung wie eine Behinderung des therapeutischen Prozesses.“ merkt Mark Gärtner vom SFR an. Zudem muss eine Finanzierungslücke geschlossen werden. Denn wenn Menschen vom Asylbewerberleistungsgesetz in die reguläre Sozialgesetzgebung wechseln, dann verlieren sie paradoxerweise den Anspruch auf Sprachmittlung.

„Ein Punkt, der uns als SFR besonders wichtig ist, ist der Schutz von erkrankten Personen auch wenn sie von Abschiebung bedroht sind.“ fügt Gärtner hinzu. Diagnosen und Gutachten haben durch Bundesgesetzbung häufig keinerlei Rechtsfolgen mehr. „Sachsen kann hier seine Spielräume nutzen und wieder zu einer an den Menschenrechten orientierten Praxis zurückkehren!“ fordert er.

Nicht nachzuvollziehen ist, warum der Grundsatz „Wer anfragt, der zahlt!“ bei Geflüchteten aufgehoben ist. Sozialämter und Ausländerbehörden fordern ärztliche Stellungnahmen und Gutachten ein, zahlen müssen jedoch die geflüchteten Menschen. Hinzu kommt, dass Psychotherapeut*innen Gutachten und Stellungnahmen nicht erbringen dürfen. Ausschließlich Fachärzt*innen sind hierzu nach dem Aufenthaltsrecht befugt. „Das ist eine beispiellose Sondergesetzgebung, die dazu noch von enorm hohen Anforderungen an die Gutachten begleitet wird.“ meint Dr. Merkel. Auch hier müsse die sächsische Landesregierung im Sinne der Geflüchteten und des Menschenrechts auf Gesundheit wie des Gleichbehandlungsgrundsatzes intervenieren.

Die gesamte Stellungnahme finden Sie hier. Sie wurde vor zwei Tagen an die Staatsminister*innen für Inneres und Soziales wie an die gesundheits-, sozial- und asyl- beziehungsweise integrationspolitischen Sprecher*innen der demokratischen Fraktionen versendet.

Kontakt
Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.
-Dr. Ute Merkel-
Mail: drs.merkel@gmx.de

Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
-Projekt Fremde.Orte / Politik, Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit-
Mark Gärtner
Tel.: 0351 / 33 23 55 94
Mobil: 0176 / 427 286 23
Mail: pr@sfrev.de

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