Pressespiegel zur Asylpolitik vom 08. April 2020

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 08. April 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Das Rettungsschiff Alan Kurdi der Organisation Sea Eye hat 68 Menschen im Mittelmeer gesucht. Ein sicherer Hafen wird gesucht. Die Härte, die die italienische Gesellschaft soeben angesichts des dort grassierenden Corona-Virus durchmacht, lässt ein Anlegen in Italien unwahrscheinlich werden.
    DLF (06.04.20)

 

  • PushBacks in Griechenland, in Kroatien und auch in den USA. An der Grenze zu Mexiko werden Mesnchen ohne Verfahren zurückgewiesen, als Grund wird die Corona-Pandemie instrumentalisiert. Der US-Präsident bedient sich der Hetze gegen die Schutzsuchenden und stellt sie als Gefahr für die Gesundheit dar. Seit etwa einem Jahr müssen Schutzsuchende in Mexiko auf die Entscheidung über ihr Asylverfahren aus den USA warten. Etwa 60.000 betrifft das derzeit, sie leben zumeist in Zelten, berichtet das jüdische Flüchtlingshilfswerk HIAS. Dort erhöht sich das Infektionsrisiko. HIAS fordert humane Alternativen für die Menschen, die Asyl beantragen.
    Migazin (06.04.20)

 

  • Griechenland hat mit der Aussetzung des Asylrechts im März 2020 das Völkerrecht gebrochen. Ein Rechtsgutachten von vier Jurist*innen sieht keine Rechtsgrundlage für diese Maßnahme. Weiterhin seien die vollzogenen PushBacks klar illegal gewesen und haben gegen das Non-Refoulement verstoßen.
    SPON (05.04.20)

 

  • Die sogenannte „Koalition der Willigen“ aus acht EU-Mitgliedsstaaten hatte vor Wochen bekundet, 1.600 junge Schutzsuchende aus den griechischen Lagern aufnehmen zu wollen. Luxemburg beginnt nun mit zwölf Personen. Aus dem Bundesinnenministerium heißt es, die ersten 50 Menschen sollen kommende Woche nach Deutschland kommen. Als „zynisch“ hatte der SFR die Zahl von insgesamt 400 Menschen genannt, die Deutschland aufnehmen will.
    DLF (07.04.20)
    tagesschau (07.04.20)

 

  • Polen, Ungarn und Tschechien hatten sich in 2015 geweigert, in Europa ankommende Schutzsuchende aufzunehmen. Die EU hatte damals beschlossen, bis zu 160.000 Menschen auf die Mitgliedsstaaten zu verteilen. Die Weigerung der drei Staaten sei rechtswidrig gewesen, urteilte der EuGH bereits Anfang des Monats.
    SPON mit internationaler Presseschau zu der EuGH-Entscheidung (03.04.20)

 

  • Rom*nja, die in Westeuropa gearbeitet haben, kehren nach Bulgarien und andere Herkunftsländer zurück. Dort wird Stimmung gegen sie gemacht, ganze Viertel werden abgeriegelt. Rechtsradikale Parteien, die teils auch in der Regierung vertreten sind, hetzen gegen die Menschen und erlassen spezifische Kollektiveinschränkungen nur für Rom*nja, ihre Bürgermeister*innen sprechen gar knallharte Drohungen aus. Das Abriegeln ganzer Vierteln verhindert zudem den Zugang zu Medikamenten, es kommt zu falschen Dosierungen und Einnahmen. Das Nationale Netz der Gesundheitsmediator*innen in Bulgarien versucht nun zumindest, den Infektionsverlauf bei den Rom*nja zu verlangsamen, indem es die Informationskampagnen startet, die eigentlich der Job der Regierung wären. Unsicherheit bereitet auch die Länge der angeordneten Maßnahmen. Viele benötigen die Jobs in Westeuropa, um überleben zu können.
    Zeit (05.04.20)

 

  • Das ungarische Parlament hat sich Ende März unter Verweis auf die Quarantäne selbst entmachtet, Regierungschef einen Blankoscheck fürs Regieren gegeben ohne ein Limit für die Zeit nach Corona zu setzen, kritischen Journalismus unter Freiheitsstrafe von fünf Jahren gestellt. Kurz: die ungarische Demokratie ist beendet. Keine Pointe.

Bund, Land, Kommune

  • Eine einzelne Frau soll nach den Plänen des Bundesinneninisteriums nach Togo abgeschoben werden. Ein Flugzeug allein für sie soll dafür gechartet werden. Sie sitzt momentan in Zurückweisungshaft im bayerischen Eichstätt und wird von Rechtsanwalt Peter Fahlbusch vertreten. Als ein „Stück aus Absurdistan“ kritisiert er das behördliche Vorgehen. PRO ASYL warnt: „Dieses Vorgehen zeigt, dass die rigide Abschiebungspraxis der Bundesregierung, die sich seit Jahren beobachten lässt und jüngst an Brutalität sogar zugenommen hat, in Corona-Zeiten fortgesetzt werden soll. Das Risiko, das solche Abschiebungen oder auch unrechtmäßige Abschiebungshaft abseits der öffentlichen Wahrnehmung stattfinden, ist angesichts der aktuellen Lage groß“ Selbst Unionspolitiker*innen sprechen davon, Abschiebungen grundsätzlich nicht durchzuführen. LINKE und Bündnis90/Die Grünen fordern einen generellen Abschiebestopp. Nur Bremen und Sachsen schieben derzeit nicht ab, Sachsen hat die Maßnahmen verschoben.
    tagesschau (03.04.20)
    Migazin (06.04.20)

 

  • Die „Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber*innen (ZASt)“ in Halberstadt, oder auch, das Lager in Sachsen-Anhalt, steht seit knapp zwei Wochen unter Quarantäne. Seit letztem Sonntag sind einige Bewohner*innen nun im Hungerstreik. Sie protestieren sie gegen die dortigen Zustände und der Gefahr, der sie ausgesetzt sind. Denn offenbar sollen alle dort lebenden Menschen nach dem Willen der Behörden mit dem Coronavirus infiziert werden. Die drängendste Forderung der Menschen: wenigstens die noch Gesunden verlegen, erträgliche Möglichkeiten der Quarantäne für infizierte Menschen schaffen. Zudem gibt es Vorwürfe gegen die Security-Mitarbeiter*innen, unter anderem sollen sie laut eines Tweets des Journalistein Arndt Ginzel eine schwangere Frau geschlagen haben. Strafanzeige wurde erhoben. Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt kritisiert weiterhin die „absolut unzureichende“ Grund- und Nahrungsversorgung der Menschen. Es fehle an Hygienartikeln, das Essen werde zwar regelmäßig geliefert, falle aber spärlich aus.
    taz (05.04.20)
    MDR Sachsen-Anhalt (05.04.20)

 

  • Die Quarantäne des Lagers im thüringischen Suhl ist dagegen aufgehoben. 120 Menschen sollen nun vorerst in eine Jugendherberge in Erfurt umziehen können.
    MDR Thüringen (02.04.20)

 

 

  • Innerhalb kürzester Zeit kam es in der Abschiebehaft Dresden zu drei Suizidversuchen. Die Abschiebehaftkontaktgruppe Dresden hatte dazu in einer Pressemitteilung berichtet. In der Sächsischen Zeitung wird Sprecherin Toni Kreischen zitiert: „Die Inhaftierten, die als suizidgefährdet wahrgenommen werden, sich selbst verletzt haben oder einen Suizidversuch unternommen haben, erhalten nicht die medizinische und psychologische Behandlung, die Menschen in so einem Fall brauchen.“
    Sächsische Zeitung (06.04.20)

Hintergrund und Meinung

  • Aus der Kategorie „Wenn ein Artikel in diesem Pressespiegel geklickt werden sollte, dann der“: übermedien berichten in einer Reportage über „Die Vergessenen von Pazarkule“ und porträtieren Mohammad, Şirvan und Omar. In dem türkischen Ort nahe der Grenze zu Griechenland harrten Tausende aus, um nach Griechenland zu gelangen, der Repression türkischer Sicherheitskräfte ausgesetzt. Das geschah solang, bis die Türkei beschloss, die Grenze wieder zu schließen und das Camp in Pazarkule räumte und niederbrannte. übermedien schreiben: „Dies hier ist keine klassische Übermedien-Geschichte. Und doch handelt sie auch von Medien. Sie handelt davon, was passiert, wenn die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit plötzlich verschwindet, weil sie sich fast vollständig auf ein anderes Problem verlagert. Wir veröffentlichen diese Reportage auch, um einen winzigen Beitrag dazu zu leisten, dem Thema ein bisschen Aufmerksamkeit zurückzugeben.“
    Übermedien (02.04.20)

 

  • MDR wissen berichtet zur Lage der Wohnungslosen während der Corona-Pandemie und beantwortet Fragen zu Not- und Sammelunterkunft, wohnungslosen Kindern und Jugendlichen. Rund 678.000 Menschen gelten in Deutschland derzeit als wohnungslos, 50.000 davon als obdachlos. Anerkannte Geflüchtete sind mit einer Zahl von 441.000 eine besonders große Gruppe unter den Wohnungslosen.
    MDR wissen (06.04.20)
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