SFR Newsletter 14/2020

Ab Montag Maskenpflicht in Sachsen… hat die sächsische Landesregierung heute beschlossen. Wir gehen mal davon aus, dass das Sozialministerium dann nochmal die Info nachliefert, ob und wenn ja wie die 7.000 Menschen in den sächsischen Lagern an Masken kommen werden.

Drei Jugendliche aus Hamburg… so nennen sie sich, haben einen offenen Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer geschickt und vorab bei Vereinen und Organisationen um ihre Unterschrift geworben. Wir haben unterschrieben und uns der Forderung „Evakuiert die Camps!“ angeschlossen. Sie schreiben: „In Zeiten so absoluter Dringlichkeit darf nicht auf europäische Lösungen gewartet werden. In Zeiten dieser Dringlichkeit und gefährdeter Menschenleben darf nicht vor „zu viel“ Humanität durch einen „deutschen Alleingang“ gewarnt werden. Und in Zeiten von Corona, in denen ständig zu Solidarität aufgerufen wird, muss diese für alle gelten.“ Die drei Jugendlichen haben eine Birefvorlage erstellt, mit der jede*r selber einen Brief an Seehofer schreiben kann!

Ein „zuviel an Humanität“ ist auch das nicht, was morgen in Niedersachsen geschehen wird. Da kommen 55 Minderjährige, die bisher in Griechenland ausharren mussten, in Deutschland an. Als „lächerlich gering“ bezeichneten PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte heute in einer gemeinsamen PM diese Zahl und das lange Gezerre der EU sowie auch uns insbesondere ihrer Mitgliedsstaaten.

Am 19. April wird die Seebrücke dann ihre zweite Online-Demo streamen!

Gesundheitskarte? Yes! Übermittlungspflicht? No! Diese zwei zentralen Forderungen erhoben am Dienstag die bundesweiten Medinetze- und büros, Flüchtlingsräte, Ärzt*innenvereine und viele mehr in einem Offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Sie mahnten an, „dass der sichere und verlässliche Zugang zu gesundheitlicher Versorgung ein Menschenrecht ist und ohne Einschränkungen gewährt werden muss.“ Am Donnerstag wurde dann die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping adressiert. In dem weiteren Brief schreiben Akteur*innen aus ganz Sachsen: „Die nach unserer Ansicht nun dringend einzuleitenden, hier geschilderten Maßnahmen müssen langfristig gelten. Der aktuelle Virus zeigt: eine Verzögerung bei der Einleitung des Notwendigen kann lebensgefährlich werden.“

Stimmen aus Dölzig. Im sächsischen Lager in Dölzig beschweren sich Bewohner*innen über fehlende Seife und den beengten Raum. Einer von ihnen ist Mohsen. Er gab MDR exakt ein Interview. Dafür wird er sanktioniert. Im Videounterview mit dem SFR berichten er und François von den letzten Wochen. Die Wirkung dieser rigiden Maßnahme auf die Bewohner*innen beschreibt Mohsen in untenstehendem Ausschnitt. Dies und welche Forderungen sie nun haben im gesamten Interview auf unseren vimeo-Kanal.

 

Lager sind institutioneller Rassismus! Sagen wir nun schon seit Längerem. Die Corona-Pandemie legt schonungslos offen, warum. In einem großartigen Artikel über die Maßnahmen gegen Menschen in den Lagern in Suhl, Halberstadt, Ellwangen und weiteren Unterkünften legt Friedrich Burschel dar, was in den vergangenen Wochen an einer rassistische Form einer gewissermaßen schon vor der Infektion stattfindenden Triage, die das Recht auf Unversehrtheit und Schutz für «Einheimische» und Geflüchtete zuungunsten letzterer abstuft“ geschehen ist. Dass zumindest die Menschen mit Behinderungen und alle weiteren „Corona-Risikogruppen“  aus den Lagern müssen, dafür appellierte der Handicap international e.V. diese Woche. Denn: „Bei Menschen mit Behinderung verläuft eine Erkrankung an Covid-19 oft sehr schwer. Viele Behinderungen gehen mit Risikofaktoren wie einer eingeschränkten Herz- und/oder Lungenfunktion, einem schwachen Immunsystem oder Muskelbeschwerden einher.“ Umso menschenverachtender die Logik hinter Komplettquarantänen ganzer Lager.

State of the Versammlungsfreiheit. Die Seebrücken-Aktionen zeigten: wenn Menschen Anliegen wie #LeaveNoOneBehind unter Achtung aller gebotenen Maßnahmen der Seuchenprävention auf die Straße tragen, dann ist Polizei schnell da, dann können auch mal Pappfiguren von der Polizei gekesselt werden (So geschehen in Dresden diese Woche / #dd1504 / Artikel der ADDN). Und tatsächlich deckt sich dieses Vorgehen mit dem, was die vier Jurist*innen Laurens Brandt, Jonas Deyda, Aidan Harker und Katharina Söker beim Verfassungsblog schreiben: „Anstatt auch der Versammlungsfreiheit zu ihrer Entfaltung zu verhelfen, wird die Bedrohung des Lebens von Gerichten als so überragend gewertet, dass für Versammlungen aktuell kein verwaltungsgerichtlicher Schutz zu erreichen ist.“ Dabei seien Versammlungen gerade auf Grund ihres Charakters – das Sich-Die-Straße-Nehmen – doch gereade eines: „Die physische Stellungnahme ist durch die bloße Meinungskundgabe nicht ersetzbar.“ Die in dem Artikel dargelegte Argumentation erhielt gestern höchstrichterliche Unterstützung. Das Bundesverfassungsgericht beschloss in einem Fall aus Gießen, Hessen, dass „die Versammlungsbehörde […] unzutreffend angenommen [hatte], die Verordnung der Hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona-Virus enthalte ein generelles Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören und daher die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit verletzt, weil sie nicht beachtet hat, dass zu deren Schutz ein Entscheidungsspielraum bestand.“ Kurzum: unter Auflagen sind Versammlungen weiterhin möglich. Alles andere wäre auch „fatal“, denn, wie die vier Jurist*innen schreiben, „die Versammlungsfreiheit ist kein Schönwetter-Grundrecht, nicht etwas, das „nice to have“ ist, sondern sie ist gerade bei weitreichenden Entscheidungen in Krisenzeiten für die Demokratie unentbehrlich.“

 

Istanbul Konvention muss für alle gelten. Das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“, kurz Istanbul-Konvention wurde von Deutschland ratifiziert, aber nur teilweise. In der Folge werden insbesondere Frauen* vom deutschen Aufenthaltsrecht diskriminiert, auch und vor allem dann, wenn sie zum Ziel häuslicher Gewalt werden. Das zum Beispiel, wenn Scheidung auch Abschiebung heißt oder Gewalt nur physisch definiert wird. Eine Petition kann nun auf dem Portal des Bundestags unterschrieben werden. Bisschen hochschwelliger da, die Unterschrift, aber ist wichtig und dauert am Ende auch nur drei Minuten!

Dublin. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wollte die Dublin-Überstellungsfristen dergestalt aussetzen, dass sie nach der Corona-Pandemie erneut zu laufen begonnen hätten. Die EU-Kommission äußert sich nun eindeutig zu einer solchen Praxis: „Kein Artikel der Dublin-Verordnung erlaubt es, von ihren Regelungen in einer Situation wie der, die aus der COVID19-Pandemie resultiert, abzuweichen.“ PRO ASYL fordert: das BAMD muss seine aktuelle Praxis unterbinden, alles andere wäre: „eine klare Missachtung europäischen Rechts und widerspräche zudem einem gemeinsamen Vorgehen der EU-Staaten während der Corona-Krise.“ Aktuelle News zu Asyl und Corona übrigens auf dem Coronavirus-Ticker von PRO ASYL.

Don’t be silent! Der unglaublich tolle Colorido e.V. aus Plauen möchte sein alljährliches Friedens- und Musikfestival „Don’t be silent“ am 01. Mai digitalisieren und an diesem Tag als Livestream zugänglich machen. Die Veranstaltung wird bereits zum dritten Mal im Anschluss an die Maikundgebungen der Gewerkschaften ausgerichtet, auch wir waren letztes Jahr schon mit Infostand in Plauen dabei. Neben verschiedenen Bands, die ihr Home Concert live aufnehmen werden, soll es Redebeiträge verschiedener Organisationen der Zivilgesellschaft geben. Als Zwischensequenzen zwischen den einzelnen Programmpunkten sollen immer wieder Personen eingeblendet werden, die das Motto „Don’t be silent!“ sprechen. Videos können gedreht und an den Colorido e.V., im Zweifel auch über uns, bis kommenden Freitag, 24. April, zugesandt werden.

Erreichbarkeit des AZ Connis in Dresden.

Stellenausschreibung.

Nach rund zwei Jahren als Geschäftsleiterin und mehr als dreieinhalb Jahren in unserem Verein wird Julia Hartmann den SFR verlassen. In der Pandemie steht unser Verein safe and sound. Das ist ihr Verdienst! Drehende Herzen

Nun suchen wir eine*n Nachfolger*in ab 1.6.

TERMINE

Der AGJF verlegt seine Fachtagung „Der ganz eigene Weg“ zu Mädchen*arbeit im Kontext Flucht, Asyl und Migration in den digitalen Raum! Trotz Corona-Krise möchte der Verein die Möglichkeit bieten, Anregungen für die pädagogische Arbeit mit migrantisierten Mädchen* zu erhalten und in fachlichen Austausch zu kommen. Das Programm wurde für die Umsetzung online angepasst und interaktiv gestaltet. Die Teilnahme ist kostenlos. 29. April, 9:30 – 12:00 Uhr, nähere Infos und Anmeldung hier.

Das SGB II regelt die „Grundsicherung für Arbeitssuchende“, auch unter dem Namen Hartz IV bekannt. Dazu gibts nun Weiterbildungen als Online-Seminare und zwar am 04./05. Mai, am 11./12. Mai, am 08./09. Juni und am 17./18. Juni. Harald Thomé ist langjähriger Berater in der Erwerbs- und Sozialhilfe und war unter anderem beim Tacheles e.V. in Wuppertal tätig. Er kann wohl als Experte in seinem Gebiet bezeichnet werden. Anmeldung und mehr Infos hier.

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