Pressespiegel zur Asylpolitik vom 26. Mai 2020

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 26. Mai 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Ein Mensch wurde am 04. März an der türkisch-griechischen Grenze von griechischen Behörden erschossen. Das dieser Satz korrekt ist, davon kann nach Recherchen von Forensic Architecture und SPIEGEL inzwischen ausgegangen werden. Sechs weitere wurden an diesem Tag verletzt. Ende Februar hatte die Türkei ihre Grenzen für Fliehende geöffnet. Über die Ägäis und die Landgrenze kamen vermehrt Menschen in Griechenland an, woraufhin dessen Regierung das Asylrecht für einen Monat aussetzte. Inzwischen haben mehr als hundert Mitglieder des Europäischen Parlaments eine unabhängige Untersuchung der Geschehnisse gefordert.
    Forensic Architecture (08.05.20)

 

  • Für eine Aufnahme geflüchteter Menschen aus Griechenland demonstrierten am Samstag wieder Menschen in zahlreichen Städten Deutschlands und Europas. Sie folgten dem Aufruf der Seebrücke-Bewegung für den Aktionstag. Die Bundesregierung plant nach wie vor mit etwa 350 Kindern und Jugendlichen, die sie im Rahmen eines mit anderen EU-Mitgliedsstaaten abgestimmten Programms aufnehmen will. Erneut wurde die Forderung nach Landesaufnahmeprogrammen stark gemacht. In Sachsen trudelt die Regierung derweil dahin und verhandelt und verhandelt und verhandelt genau darüber, aber auch nur hin und wieder, während Menschen auf den griechischen Inseln verelenden.
    Tagesspiegel (23.05.20)
    taz (24.05.20)

 

  • Ungarns Lager an der Grenze zu Serbien sind als Haft anzusehen. Eines davon ist Röszke. Dort haben die Menschen keine Möglichkeit, das „abgeschottete Gebiet“ des Lagers „aus eigenen Stücken rechtmäßig in keine Richtung verlassen.“ Damit sei das, was in Röszke geschieht, Freiheitsentzug, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun. Geklagt hatten vier Menschen. In einem weiterem, einem Vertragsverletzungsverfahren, muss sich Ungarn ebenso für seine Lager verantworten.
    Tagesschau (14.05.20)

 

  • Sechs Monate hat die Bundesrepublik Zeit, Menschen, die unter die Dublin-III-Verordnung fallen, in den zuständigen Mitgliedsstaat innerhalb Europas abzuschieben. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Bundesinnenministerium nutzen die Corona-Pandemie nun, um juristisch mal etwas ganz verrücktes auszuprobieren: die Sechs-Monats-Frist wird in jedem Einzelfall gestoppt und „nach Corona“, wann auch immer das ist, beginnt sie gar wieder neu zu laufen. Das nur sieht die Dublin-III-Verordnung so nicht vor. Stellte auch die EU-Kommission explizit klar und sieht auch Italien so. Das Innenministerium will jedoch bei seiner Linie bleiben. „Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Deutschland und Italien“ werden so weiter belastet, schreibt die SZ. Mehr noch: es besteht absolute Rechtsunsicherheit für die Betroffenen.
    SZ (15.05.20)

Bund, Land, Kommune

  • Manchmal sind es kleine Dinge, die zeigen, wie tief verankert gewisse Denk- und Verhaltensmuster sitzen. Zum Beispiel, wenn die Deutsche Bahn vergisst, dass es absolut nicht in Ordnung ist, eine Bahntrasse quer über das Denkmal der im Nationalsozialismus ermordeten Rom*nja und Sint*ezze, unweit vom Brandenburger Tor, zu bauen. Die DB-Vertreter*innen sollen sich zwar in einem Treffen verblüfft gegeben haben, dachten dann aber, dass es eine gute Idee ist, die Baugrube direkt am Rand des Mahnmals entlangzuführen. Inzwischen haben sie gegenüber der taz nochmal geantwortet, zuversichtlich zu sein, „gemeinsam zu einer guten Lösung“ zu kommen. Frage ist, warum es solch unnötiger Probleme bedarf, für die dann Lösungen gefunden werden müssen.
    taz (22.05.20)

 

  • In der Dresdner Abschiebehaftanstalt kam es am 01. Februar, am 09. Februar und am 16. März zu je einem Selbstmordversuch. Jedes Mal retteten Mitinhaftierte die Menschen. Die Abschiebehaftkontaktgruppe stellte in einer Pressemitteilung schon am 31. März klar: „Die Inhaftierten, die als suizidgefährdet wahrgenommen werden, sich selbst verletzt haben oder einen Suizidversuch unternommen haben, erhalten nicht die medizinische und psychologische Behandlung, die Menschen in so einem Fall brauchen. Stattdessen werden sie engmaschig beobachtet, mitunter nachts sogar halbstündlich geweckt und von anderen Untergebrachten isoliert. Die klare Maßgabe ist: In der Haft darf nichts passieren – was nach der Abschiebung mit den Untergebrachten geschieht, darum geht es nicht.“ In drei Kleinen Anfragen von Jule Nagel, MdL (1638, 1639, 1640), lässt sich nichts anderes aus der spröden Sprache schließen, als dass Innenminister Roland Wöller meinen muss, alles habe seine Richtigkeit. Glücklicherweise lässt ihm das die Sächsische Zeitung nicht ganz durchgehen.
    Sächsische Zeitung (22.05.20)

 

  • Schon im letzten Pressespiegel wurde von den erfolgreichen Verfahren von Geflüchteten gegen den Freistaat Sachsen berichtet. Inzwischen gibt es einen fünften Beschluss und dieser ist negativ. Das meldete der SFR gestern. Außerdem protestierten am Montag dem 11. Mai Geflüchtete aus der Aufnahmeeinrichtung Dölzig – seit Beginn der Pandemie massiv in der Kritik stehend – gegen die dortige Landesdirektion. Die hatte das Lager besucht, verschwand aber mit Auftreten der demonstrierenden Menschen. Jule Nagel, MdL war am Abend des Protests vor Ort und führte dort ein Interview. Der Deutschlandfunk berichtete neben anderen dazu. Gegen die Landesdirektion wird es morgen, Mittwoch Protest von den Geflüchteten aus Dölzig geben. Ein weiteres Interview entstand am Freitag von la-presse.org, als SFR und weitere beratende Aktive vor Ort in Dölzig waren, um weitere Geflüchtete zu möglichen Verfahren auf Entlassung aus dem Lager zu beraten. Der Beitrag von MDR exakt legt den Fokus auf das nicht minder problematische Lager Schneeberg sowie die Bremer Straße in Dresden. Angela Müller vom SFR berichtet, dass in mehreren Lagern Seife fehlte. Trotz eindeutiger Gerichtsentscheidungen hat die Landesregierung keine Entscheidung getroffen. Diese müsse nun folgen, fordert sie.
    MDR exakt (13.05.20)
    jungle world (14.05.20)
    Deutschlandfunk (19.05.20)

 

  • Das Offensichtliche hat diesbezüglich die Uni Bielefeld noch einmal bestätigt: in Sammelunterkünften für Geflüchtete kann sich ein Virus schnell ausbreiten, Infektionsketten drohen „wie auf einem Kreuzfahrtschiff.“ Die gemeinsam genutzten Sanitäranlagen und generell das Szenario, viele Menschen auf wenig Raum, machen es unmöglich, Abstandsregeln und Hygienevorschriften zu beachten. Zuletzt hatte es in einem Lager in St. Augustin, NRW einen Ausbruch von Covid-19 gegeben. Dort leben etwa 400 Menschen. Positiv getestete Personen wurden in einen Isolierbereich verlegt.
    DW (17.05.20)
    Tagesschau (19.05.20)
    Tagesspiegel (20.05.20)

 

  • In Sachsen wurden Mitte Mai 169 Kinder vermisst, davon werden 77 als unbegleitete minderjährige Geflüchtete gezählt.
    MDR (22.05.90)

 

  • Ganz zum Schluss, weil die Aufmerksamkeit und die Debatte, die sie zwischenzeitlich erlangt haben, nicht mehr wegzuignorieren sind, vor allem, wenn Ministerpräsident*innen sich mit ihnen in das, was sie als „Dialog“ anstreben, begeben, am Ende aber doch niedergeschrien werden. Jedenfalls: Faschist*innen laufen wieder vermehrt, diesmal unter dem Label „Hygiene-Demos“ und versuchen mit wirrem Geschwurble, über das eigene Lager hinauszuwirken. Erneut sind es ihre Sorgen, die von einer Vielzahl von Politiker*innen „ernst genommen“ werden wollen und ihre gesellschaftliche Zusammensetzung, die in den Medien diskutiert werden. In 50 Städten wurde am Samstag übrigens wieder für #LeaveNoOneBehind demonstriert.
    SZ (17.05.20)

Hintergrund und Meinung

  • „Was mich antreibt, ist die Wut, dass solche Taten nicht verhindert werden. Die Wut, dass Rassisten sich in dieser Gesellschaft so viel trauen.“ Die Tagesthemen interviewen drei Monate nach dem Anschlag von Hanau am 19. Februar unter anderen Newroz Duman von der Initiative, die ein Gedenken organisiert und einen Raum von 140 qm² eröffnet hat, um einen Ort der Erinnerung zu schaffen. Das Aussehen bestimme für viele, wer dazugehöre und wer nicht, sagt sie, nicht der Pass. Die Initiative bleibt nicht bei der Trauer stehen. Sie benennt den Rassismus, der auch ohne Faschist*innen im Parlament vorhanden ist. Nur ein prägnantes Beispiel: „Migration ist die Mutter aller Probleme.“ Ein Satz des amtierenden Bundesinnenministers Horst Seehofer, aus dem sich für Duman nur schließen lässt: „Natürlich meint der mich.“
    Tagesthemen (20.05.20)

 

  • „Sachsen rechts unten“ heißt die Publikationsreihe des Kulturbüros Sachsen e.V., in der die Entwicklungen der rechtsradikalen Szene skizziert und analysiert werden. In der diesjährigen Ausgabe werden die Auswirkungen der Kommunalwahlen aus 2019 beleuchtet. Diese haben teils schwerwiegende Konsequenzen für demokratische Spielregeln und zivilgesellschaftliche Akteur*innen auf kommunaler Ebene gebracht. Vor allem ist es die Kooperation der CDU mit der AfD an zahlreichen Stellen, die zeigt, wie weit rechts unten Sachsen an manchen Orten steht. Gut geschrieben, informativ! Bestellen unter kulturbuero-sachsen.de.
    taz (08.05.20)
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