PM: Traurige Kontinuität in der sächsischen Abschiebepraxis – Sammelabschiebung nach Georgien am 01.09.2020

Familientrennung, Abschiebung von Personen mit Behinderungen, Abholung aus einer Jugendhilfeeinrichtung
In der Nacht von Montag auf Dienstag wurden mehrere Menschen aus Sachsen nach Georgien abgeschoben. Es handelt sich unter anderem um Personen aus dem Landkreis Erzgebirge, Meißen und Dresden. Abflugort war der Flughafen Halle/Leipzig.

Die Sammelabschiebung nach Georgien reiht sich ein in eine traurige Kontinuität der sächsischen Abschiebepraxis, kommentiert Paula Moser vom Sächsischen Flüchtlingsrat die Geschehnisse des Vortages. Während der Abschiebung kam es zu einer Familientrennung, mindestens zwei Personen mit Behinderungen wurden abgeschoben, zudem wurde eine Person aus einer Jugendhilfeeinrichtung abgeholt. Letztere Abschiebung wurde frühmorgens jedoch wieder abgebrochen.

Abholung aus Jugendhilfeeinrichtung

Zur Abholung kommentiert eine Mitarbeiterin aus der Jugendhilfeeinrichtung: „Die Mutter ist aktuell nicht in der Lage, ihren erzieherischen Pflichten nachzukommen und wertschätzt unsere Unterstützung. Wir sind schockiert über den Versuch der Abschiebung der von uns betreuten Jugendlichen. Alle Bewohner*innen sowie die Betreuer*innen der WG sind von der nächtlichen Abschiebung sehr betroffen und zutiefst bestürzt.“

Deutschland hat die Kinderrechtskonvention ratifiziert: Danach hat die Achtung des Kindeswohls bei allen behördlichen Entscheidungen immer oberste Priorität zu haben“, kommentiert Moser vom Sächsischen Flüchtlingsrat. Schon für das Betreten einer normalen“ Wohnung durch die Polizei bedarf es eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses, ansonsten sei Art. 13 GG, das Recht auf Privatsphäre und Unverletzlichkeit der Wohnung, verletzt. Bei einer Jugendhilfeeinrichtung sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass es sich um eine Einrichtung mit besonderer Schutzbedürftigkeit handelt. Die Kriterien für das Eindringen in diese besonderen Schutzräume liegen deutlich höher. Der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) hat hierzu einen umfassenden Leitfaden entwickelt. 

Abschiebung von Personen mit Behinderung

Unklar ist, ob die Landesdirektion die Reiseunfähigkeit der Personen mit Behinderungen vor der Abschiebung prüfte. Nach Informationen des Sächsischen Flüchtlingsrates weist eine der betroffenen Personen den Grad der Behinderung von 100 auf.

Familientrennung – bereits zweiter Verstoß gegen Koalitionsvertrag

Bereits zum zweiten Mal kam es zu einem Verstoß gegen den Kenia-Koalitionsvertrag. Dort heißt es: Auf Familientrennung […] soll möglichst verzichtet werden.“ Schon im März hatte die Landesregierung diese Vereinbarung ignoriert. „Wir erwarten von der Landesregierung eine schnellstmögliche Aufklärung des gestrigen Vorfalls. Es darf nicht erneut zu einer Familientrennung bei einer Abschiebung kommen!“, so Moser.

Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat
-Paula Moser-
Tel.: 0351 / 33 23 55 94
Mobil: 0176 427 286 23
Mail: pr@sfrev.de

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