Pressespiegel zur Asylpolitik vom 15. September 2020

Pressespiegel zur Asylpolitik vom 15. September 2019
Erstellt von Mark Gärtner / gaertner@sfrev.de

Geschehenes – Kurzmeldungen

Blick nach Europa und die Welt.

  • Auf Moria brannte es vergangene Woche in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, nachdem Covid-19 positiv bei mehr als 30 Bewohner*innen des Camps nachgewiesen wurde. Moria, die fortwährende Katastrophe, hörte mit einem Inferno, einer Katastrophe auf der Katastrophe, auf zu existieren. Mehr als 12.000 Menschen zogen über die Insel, verfolgt von Polizei und Faschist*innen. Zuvor schon schutzlos nun auch noch direkt für physische Gewalt exponiert. Ebenso exponierten sich die seit Langem bekannten, unwürdigen Zustände. Kein Essen, Menschen, die Abwasser trinken, die schlicht auf einer Landstraße schlafen. In der EU scherte das zunächst niemand, dann wollten mehrere Staaten 400 Menschen aufnehmen, heute verkündeten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Horst Seehofer, 1.500 in der Bundesrepublik aufzunehmen. Strange nur: die Zahl von bis zu 1.500 wurde dieses Frühjahr schon einmal zugesagt. Da wird einfach nur eine alte Zahl als neu verkauft und schon versucht sich eine Bundesregierung, ein menschliches Antlitz zu kaufen. Die Evakuierung aller muss das Ziel sein!
    Tagesschau (09.09.20)
    SPON (15.09.20)

 

  • Doch alle zu evakuieren – dieses Ziel wird nicht verfolgt. Stattdessen werden neue Lager aufgebaut. So, wie es neben anderen auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer forderte. Etwa 300 sind in einem der neuen Lager inzwischhen untergekommen.
    kurier.at (13.09.20)

 

  • Am Mittwoch kam es in Reaktion auf den Brand von Moria bundesweit zu Demonstrationen, auch in Dresden, Chemnitz und Leipzig. Immer wieder wurde auf die Aufnahmebereitschaft von Ländern und Kommunen verwiesen, der sich Seehofer einfach verweigert. Inzwischen sieht er sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, trägt er, der selbst Landesaufnahmeprogramme blockierte, doch stellvertretend für die Bundesregierung zuerst die Verantwortung für die Lage auf den griechischen Inseln.
    MDR (09.09.20)

 

  • Mehrere Organisationen, darunter Diakonie, PRO ASYL, Amnesty International und weitere, forderten eine unbürokratische und schnelle Lösung von der Bundesregierung. Sogar 16 Bundestagsabgeordnete von CDU/ CSU  appellierten an Seehofer: „Es geht jetzt nicht vorrangig darum, eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik zu gestalten, sondern offensichtliche menschliche Not zu lindern.“ Auch zahlreiche Professor*innen und weitere Akademiker*innen wandten sich an die Kanzlerin und Inhaberin der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft Angela Merkel und erinnerten daran, dass es der europäischen Asylpolitik bisher nicht gelungen ist, eine solidarische Verteilung von Schutzsuchenden zu ermöglichen. Anders gesagt: die europäische Lösung, auf die diejenigen gern verweisen, die Verantwortung haben, sie aber nicht übernehmen wollen, ist nicht.
    SPON (10.09.20)
    Migazin (15.09.20)

 

Bund, Land, Kommune

  • Lageberichte zur Situation in Herkunftsstaaten geflüchteter Menschen – sie dienen als Entscheidungsgrundlage für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Innenministerkonferenz ziehen sie als Basis für ihre Entscheidungen heran, beispielsweise darüber, wenn mal wieder in ein Kriegsland abgeschoben werden soll. Umso wichtiger wäre es, dass die transparent veröffentlicht werden. Das geschieht aber nicht, nur über Umwege wie fragdenstaat.de ist das immer wieder gelungen. Die Bundesregierung will so Informationsquellen schützen. Kann sie auch, indem sie entsprechende Passagen schwärzt. Macht sie gegenüber fragdenstaat.de auch und würde so für Transparenz in ihrer Lagebewertung sorgen, die Debatte darüber ermöglichen und Beratungsstellen wichtige Instrumente zur Hand geben, um Geflüchtete zu ihren Rechten beraten zu können.
    taz (21.08.20)

 

  • „Für Sachsens Grüne wird es ungemütlich“, titelte das nd schon am 07. September. Da ging es neben dem Dorf Mühlrose in der Lausitz, welches dem Braunkohleabbau weichen soll, auch um eine Sammelabschiebung nach Georgien, über die der SFR berichtete und welche mit vier Familientrennungen einen erneuten Bruch des Koalitionsvertrags darstellte. Dann brannte Moria und den darauffolgenden Montag, gestern, lehnte der Sozialausschuss des Landtags einen Antrag der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen von CDU, AfD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD ab. Mit dem Aufschrei von Opposition und Zivilgesellschaft schienen weder Grüne noch SPD gerechnet zu haben, bereits vor der Abstimmung protestierten Aktivist*innen für eine Zustimmung zum Antrag. Die beiden Koalitionsparteien mussten sich erklären und wiesen daraufhin, dass sie nach Moria nachverhandeln würden über die 50 mehr Menschen, die bereits zugesagt wurden. Das sich das Ganze so lang zieht und keine schnelle Lösung gefunden wird, ist unerträglich. „Parteipolitik ist in dieser Stunde vollkommen unerheblich.“ kommentierte der SFR in seiner gestrigen PM und fügte hinzu: „Wenn der Brand von Moria nicht alles verändert hat – was dann?“
    nd (07.09.20)
    Sueddeutsche (14.09.20)
    ADDN (14.09.20)

Hintergrund und Meinung

  • Zur Frage, wie es zum Brand kommen konnte, gilt es als nicht ausgeschlossen, dass Bewohner*innen das Feuer legten. Dazu titelt der tagesspiegel: „Recht so, zerstört die Camps!“ und spricht von einem Recht, aufzubegehren, wenn Menschen in Zuständen wie in Moria gehalten werden und dann noch eine Pandemie hinzukommt. „Was hat man denn erwartet? Dass die Menschen sich reihum anstecken lassen und dann mangels medizinischer Versorgung allmählich eingehen? Hat man wirklich gedacht, dass nie jemand die Nerven verliert?“
    Tagesspiegel (13.09.20)

 

  • „Nicht mehr taktieren, sondern den Menschen helfen und sie evakuieren.“ schreibt Ursula Rüssmann von der FR und fragt „Wo bleibt die Luftbrücke?“
    FR (10.09.20)

 

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