Sachsen soll 75 weitere Menschen aufnehmen
Seit Montag wird in Sachsen heftig um die Aufnahme Geflüchteter aus Griechenland gestritten. Die nun kursierenden Zahlen geben jedoch keinen Anlass zum Aufatmen. Der SFR stellt in Einklang mit PRO ASYL konkrete Forderungen an die Bundesregierung auf. Auch die sächsische Regierung ist weiterhin gefragt.
Nein, es ist keine humanitäre Geste, was die Bundesregierung da vor hat. Nun sollen 1.500 Menschen von den griechischen Inseln aufgenommen werden, tatsächlich dieselbe Zahl, wie sie bereits im März 2020 kommuniziert wurde. Inzwischen spricht die Bundesregierung auf ihrer Website von 2.750 Menschen, die es aufzunehmen gelte. Die bisher schleppende Aufnahme und das hartnäckige Ringen um jede einzelne Person nach jeder neuerlichen, erwartbaren Katastrophe auf den Inseln, lässt für die Zukunft nichts Gutes verheißen. „Wenn es um Abschottung geht, dann kann innerhalb weniger Monate ein umfassender Deal mit der Türkei ausgehandelt werden. Wenn es darum geht, die selbst produzierte Katastrophe zu revidieren, dann wird über Jahre ein unerträgliches Schauspiel auf dem Rücken Schutzsuchender gespielt“, findet Mark Gärtner vom SFR. Mit Blick auf das Lieblingsargument der Regierenden meint er: „Die europäische Lösung ist seit Jahren eine Chiffre für Verantwortungsdiffusion. Oder deutlicher: schlicht eine Lüge. Sie wird nicht kommen.“
Sachsen möchte helfen? Not!
Auch die sächsische Regierung muss sich keinen Orden anstecken. „Sachsen möchte helfen“, meinte der Regierungssprecher, dabei sind die 75 Menschen, die nun in Sachsen ankommen sollen, reine Pflichterfüllung. Sachsen erfüllt damit den Königsteiner Schlüssel. „Weder die Bundes- noch die sächsische Regierung haben hier einen Kraftakt vollbracht.“ meint Gärtner. Dabei hatte Ministerpräsident Michael Kretschmer bei der Verleihung des Erich-Kästner-Preises an den ehemaligen Kapitän der Mission Lifeline, Claus-Peter Reisch vor nicht einmal zwei Wochen noch gemeint: „Es ist eine vollkommen klare Sache, dass jeder, der zu ertrinken droht, gerettet werden muss.“ Wer jedoch auf Lesvos zu verelenden droht, scheint fernab der Empathie des Ministerpräsidenten zu stehen. „Humanität gibt’s nicht zum halben Preis“, entgegnet Gärtner der Forderung Kretschmers nach einem Neuaufbau des Lagers. Damit hatte sich der Premier selbst in seiner eigenen Partei zum Scharfmacher erklärt, hatten sich doch 16 Bundestagsabgeordnete der Union für eine Aufnahme von 5.000 Menschen stark gemacht.
Was jetzt getan werden muss
Für PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte sind drei Schritte notwendig.:
- Sofortige Evakuierung aller Menschen aus Moria in aufnahmebereite europäische Staaten. Mit einem Federstrich könnte die Bundesregierung auch alle Menschen aus Moria aufnehmen.
- Schließung aller Lager an den europäischen Außengrenzen – hier seien die Camps auf dem Balkan und die Folterlager in Libyen nicht vergessen – und Verteilung an aufnahmebereite Staaten.
- Ende der Abschottungspolitik.
In einem vierten Schritt sind die Länder am Zug. Sie müssen sich am Freitag die Kompetenz erstreiten, selber Landesaufnahmeprogramme auflegen zu können. Das geht nach Auffassung vieler Jurist*innen bereits heute. Berlin und Thüringen sahen sich angesichts der Blockadehaltung des Bundesinnenministers nun veranlasst, einen Antrag im Bundesrat einzureichen. Deutlicher soll nun im Aufenthaltsgesetz geregelt werden, dass das Bundesinnenministerium nicht zustimmen muss, wenn ein Land Menschen aufnehmen will. „Wir erwarten eine Zustimmung Sachsens zum Antrag.“ formuliert Gärtner. „Die Koalition ist hier in der Pflicht! Da bedarf es offenbar nicht nur des Drucks der Grünen. Die sächsische Sozialdemokratie stellt nicht nur die Integrationsministerin. Anstatt sich in jeglicher Hinsicht wegzuducken, muss sie zu dem stehen, was ihr Parteiname verspricht.“
Kontakt
Sächsischer Flüchtlingsrat
-Co-Geschäftsleitung-
Mark Gärtner
Tel.: 0351 / 33 23 55 94
Mobil: 0176 / 427 286 23
Mail: pr@sfrev.de