PM: BAMF-Lotto reloaded – Diesmal trifft es Venezolaner*innen

Verwaltungsgerichtliche Aufhebungsquote von negativen BAMF-Bescheiden bei Venezolaner*innen enorm hoch

Verfolgung von politisch unliebsamen Stimmen ist unter dem venezolanischen Präsidenten Maduro weit verbreitet. Ein Bericht der UN-Fact-Finding-Mission zu Venezuela zeigte auf, dass die Regierung Maduro seit 2014 systematische Menschenrechtsverletzungen tolerierte und bewusst anordnete. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berücksichtigt in seinen Entscheidungen zu Asylanträgen von Venezolaner*innen die angespannte Situation im Herkunftsland wenig. Die Nachfrage an die Bundesregierung von Ulla Jelpke, DIE LINKE, zeigt nun die verwaltungsgerichtlichen Konsequenzen: die Aufhebungsquoten der BAMF-Entscheidungen liegen an den Verwaltungsgerichten in Sachsen in 2020 um die 70 Prozent.

„Wenn die Verwaltungsgerichte mehr als 70 Prozent der Ablehnungen von venezolanischen Asylanträgen korrigieren, zeigt das ganz deutlich: Das BAMF malt die Lage in Venezuela weiterhin in viel zu optimistischen Farben“, kommentiert Sebastian Lupke, tätig in der Asylberatung des Sächsischen Flüchtlingsrates.

Antiquitierte Entscheidungsgrundlagen des BAMF

Die viel zu optimistischen Farben basieren dabei auf Recherchequellen, die teilweise aus den Jahren 2015 und 2016 stammen. Lupke sagt hierzu: „Die enormen Abweichungen der Entscheidungsquoten lassen sich kaum durch Zufälle, sondern viel mehr durch lückenhafte und veraltete Quellen erklären. Wenn das BAMF seine schon viel zu oft angekündigten Qualitätsoffensiven ernst meint, dann muss eine Korrigierungsquote von über 70 Prozent durch die Gerichte ein Warnschuss sein!“ Angesichts der rapiden Verschlechterung der politischen wie wirtschaftlichen Situation müsse das BAMF seine antiquitierte Entscheidungsgrundlage zügig überarbeiten.

Starke Diskrepanz zwischen Entscheidungspraxis in Berlin und Sachsen

Ein weiteres Problem stellt die uneinheitliche Anerkennungspraxis der BAMF-Außenstellen in Sachsen und Berlin dar. Ein Großteil der venezolanischen Asylanträge werden in Sachsen entschieden, wobei seit 2020 auch zwei Außenstellen des BAMF aus Berlin intensiv in die Entscheidungspraxis eingebunden werden. Dort liegt die Anerkennungsquote von Januar bis September 2020 durchschnittlich bei mauen 17 Prozent, während sie in Chemnitz, Dresden und Lepzig einen mehr als dreifachen Wert aufweist und zwischen 45 und 64 Prozent pendelt. Woher kommt diese starke Diskrepanz? „Die Außenstelle des BAMF in Berlin scheint fachlich nicht angemessen ausgestattet zu sein“, kommentiert Lupke. „Ohne das Manöver, Asylanträge von Venezolaner*innen nach Berlin auszulagern, hätten in diesem Jahr weit über 50 Prozent der venezolanischen Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Venezuela würde bereits jetzt zu den Herkunftsländern mit einer ‚guten Bleibeperspektive‘ zählen – mit positiven Konsequenzen für die Integrationsmöglichkeiten von den betroffenen Geflüchteten“, so Lupke.

Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat
-Sebastian Lupke-
Tel.: 0371 – 90 31 33
Mobil: 0178-2952011
Mail: lupke@sfrev.de

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