PM des Toleranten Sachsen: Koalitionsvertrag ernst nehmen, Demokratieförderung ausbauen!

Das Netzwerk Tolerantes Sachsen erinnert die Landesregierung anlässlich der Haushaltsverhandlungen an die Vereinbarung im Koalitionsvertrag zur Stärkung der Demokratiearbeit
Sachsen hatte in den letzten 20 Jahren immer wieder eine Sonderrolle in der Auseinandersetzung mit Demokratiegefährdungen und Rechtsextremismus. Das Bundesland ist eine Schwerpunktregion von rechten Demokratiebedrohungen. Diese Erkenntnis hat sich in den letzten Jahren auch in der Landespolitik durchgesetzt. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich CDU, Grüne und SPD zu einer „dauerhaften, verlässlichen und nachhaltigen Demokratieförderung“ bekannt. Das Förderprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ (WOS) soll demnach fortgeführt und ausgebaut werden. Bis Ende des Jahres will die Landesregierung zudem ein „Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus“ erarbeiten.
Vor dem Hintergrund der derzeit laufenden Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2021/22 erinnert das Netzwerk Tolerantes Sachsen die Staatsregierung und die Koalitionsfraktionen an diese Zielstellung. In öffentlichen Verlautbarungen ist derzeit von möglichen Kürzungen vor allem im Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt die Rede (vgl. das Interview von Staatsministerin Petra Köpping in der Sächsischen Zeitung vom 10.10.2020). Der Sprecher_innenrat des Netzwerks befürchtet, dass davon viele der im Toleranten Sachsen organisierten Vereine und Initiativen betroffen wären. Damit droht eine dauerhafte Schwächung der mühsam aufgebauten zivilgesellschaftlichen Strukturen, die sich in Sachsen vor allem im ländlichen Raum für demokratische Kultur und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einsetzen. Die im Raum stehenden Kürzungen von 100 Millionen Euro im Sozialministerium würden für die Förderprogramme „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ (WOS) und „Integrative Maßnahmen“ vermutlich das Ende oder substanzielle Einschnitte bedeuten. Eine große Anzahl an Vereinen müsste ohne diese Förderung einen Großteil ihrer Angebote oder sogar ihre Vereinsarbeit ganz einstellen.
„Die Trägerlandschaft in Sachsen ist mit den Jahren gewachsen und eine unentbehrliche Ressource für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Sachsen geworden. Wir sind erfreut, dass die Koalition dies erkannt und es auch im Koalitionsvertrag festgehalten hat. Wichtig ist jetzt, dass das auch ernst genommen wird und dass es hier zu keinen Fördereinbrüchen kommt. Das Engagement der vergangenen Jahre muss gestützt werden, damit die Träger ihre Arbeit fortsetzen können“, so Martina Glass (Netzwerk für Demokratische Kultur e.V., Wurzen), Sprecherin des Netzwerks Tolerantes Sachsen.
Durch die Mittel aus dem „Weltoffenen Sachsen“, den „Integrativen Maßnahmen“ und weiteren Förderprogrammen werden u.a. Schulprojekttage ermöglicht, bei denen sich junge Menschen in Sachsen kritisch mit Vorurteilen und Diskriminierung auseinandersetzen. Es werden Geschichtswerkstätten mit Schüler_innen unterstützt, um aus der deutschen Geschichte für die Zukunft zu lernen. Bei verschiedenen Begegnungsformaten kommen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Alteingesessene und Zugezogene zusammen und lernen sich kennen. Ermöglicht werden auch Beratungs-, Unterstützungs- und Informationsangebote für Geflüchtete, ehrenamtliche Unterstützer*innen sowie Hauptamtliche. Initiativen klären über die Gefahren von Rassismus,  Antisemitismus und anderen Formen der Menschenfeindlichkeit auf. Betroffenen von Diskriminierung oder rechter Gewalt werden beraten und begleitet. Kommunen können sich mit ihren Fragen an die erfahrenen Träger im Beratungsnetzwerk des Demokratiezentrums Sachsen wenden.
„Massive Kürzungen im Landesprogramm Weltoffenen Sachsen würden bedeuten, dass gerade die Arbeit in den ländlichen Regionen teilweise komplett wegfällt. Konkret würde z.B. die Antidiskriminierungs- und Bildungsarbeit queerer und viele weiterer Vereine unmöglich gemacht. Wenn es um Wertschätzung und Bestandschutz dieser Arbeit geht, kann dies nicht im Sinne der Regierung sein“, so Heiko Weigel (different people e.V., Chemnitz), ebenfalls Sprecher des Netzwerks Tolerantes Sachsen.
Der Sprecher_innenrat des Netzwerks Tolerantes Sachsen fordert die Staatsregierung deshalb auf,
  • sich an ihre im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung zu halten und sich für „dauerhafte, verlässliche und nachhaltige Demokratieförderung“ einzusetzen,
  • für die Programme „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“, „Integrative Maßnahmen“ oder den „Landesaktionsplan Vielfalt“ im Haushaltsentwurf mindestens das gleiche Fördervolumen wie bisher vorzusehen,
  • sich für eine langfristige und stabile Finanzierung von Projekten zur Förderung von Demokratie, Toleranz und Antidiskriminierung einzusetzen – als Investition in die Zukunft des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Sachsen.
Das Netzwerk Tolerantes Sachsen unterstützt den von über 100 sächsischen Organisationen unterzeichneten Offenen Brief „Strukturen für den Zusammenhalt sichern und in Sachsens Zukunft investieren“, der vor Kürzungen in sozialen, kulturellen und demokratiefördernden Bereichen warnt.
Das Netzwerk Tolerantes Sachsen ist ein Zusammenschluss von über 100 Organisationen und Vereinen der sächsischen Zivilgesellschaft, die sich für die Förderung demokratischer Kultur und vielfältige Lebensweisen sowie gegen Einstellungen der Ungleichwertigkeit, Antisemitismus und Rassismus einsetzen.
Hintergrund

Kontakt

Frank Schubert
Koordination Tolerantes Sachsen
Telefon: 03425 82 999 59
Mobil: 0177 466 06 51
E-Mail: buero @ tolerantes-sachsen.de

 

Teile diesen Beitrag: