SFR Newsletter 02/2021

Unsere Asylberatung – Blick zurück und nach vorn. Letztes Jahr stand unsere Asylberatung auf mehr als wackligen Füßen, nun können wir zunächst einmal gute Nachrichten verkünden: unsere Asylberatung kann weitergehen. Das ist nicht zuletzt auch möglich, weil Ihr und viele andere Unterstützer*innen in der Öffentlichkeit die Trommel für uns gerührt habt, und darauf aufmerksam gemacht habt, wie wichtig eine unabhängige Asylberatung in Sachsen ist, um die Rechte von Schutzsuchenden zu verteidigen. Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle nochmal an alle Unterstützer:innen!

Wir möchten euch heute ein paar Fakten und Zahlen zu den von uns in den letzten Jahren geführten Beratungen zeigen. Von 2018 bis 2020 haben wir insgesamt 12.763 (!) Beratungen durchgeführt (Grafik 1). Viele Menschen kamen auch für Folgeberatungen wieder zu uns. In Rund 80% der Fälle unterstützen wir Geflüchtete direkt in ihren Anliegen, doch auch haupt- und ehrenamtliche Unterstützer:innen suchen uns manchmal auf. Die Top-Herkunftsländer unserer Klient:innen waren Afghanistan, Libyen, Syien und Pakistan (Grafik 2). Die Gruppe der Ratsuchenden aus der Russischen Föderation, Georgien und Venezuela nahm in den letzten Monaten zu, was auch am sogenannten Königsteiner Schlüssel liegt, dem innerdeutschen Verteilungsmechanismus von ankommenden Geflüchteten auf die Bundesländer. So werden Sachsen schwerpunktmäßig Antragsteller:innen aus Georgien, Libyen und Venezuela zugewiesen.

Grafik 1. Durchgeführte Asylberatungen
Grafik 2. Asylberatung: Hauptherkunftsländer

Auf die regionale Verteilung der Ratsuchenden lohnt ebenfalls ein Blick: In Dresden und Chemnitz, wie auch im Vogtland und Erzgebirge wird unsere Beratung recht aktiv in Anspruch genommen. Das liegt sicherlich auch daran, dass unsere ältesten Standorte unter Schutzsuchenden bereits als Beratungsstellen gut etabliert sind und weiterempfohlen werden. Erst seit 2020 beraten wir auch mobil in Görlitz und Hoyerswerda, was durch die eintretende Pandemie leider auch wieder unterbrochen wurde, da eine mobile Beratung zurzeit kaum möglich ist.

Hier auch relevant: auch wenn es beim SFR mit der Beratung weitergeht, hat der Verein Bon Courage in Borna leider keine Förderzusage für das kommende Jahr erhalten. Damit ist das Beratungsangebot im Landkreis Leipzig nicht vollständig gesichert. Wir freuen uns einerseits, dass wir als SFR die Mitarbeiter:innen von Bon Courage e.V. mit einem kleinen Stundenpensum in die Asylberatung des SFR aufnehmen konnten. Langfristiges Ziel muss jedoch sein, dass Bon Courage wieder auf eigenen Füßen stehen kann, als kleiner, unabhängiger Verein, und die Beratung im Landkreis Leipzig wieder in vollem Umfang, und nicht nur auf Sparflamme, gewährleistet werden kann!

Grafik 3. Asylberatung: Regionale Verteilung

Was die thematischen Schwerpunkte angeht, leistet unsere Beratungsstelle viel Arbeit im Bereich Asyl- und Aufenthaltsrecht, gefolgt von Fragen zum Dublin-Verfahren und schließlich dem Leistungsrecht, also alles rund um das Asylbewerberleistungsgesetz. Dabei verzeichnen wir auch einen ständigen Anstieg an aufenthaltsrechtlichen Fragen.

Grafik 4. Inhalte der Asylberatung

Die Statistiken verdeutlichen, dass die Nachfrage nach Informationen ungebrochen hoch bleibt. Regelmäßige und tiefgreifende Gesetzesänderungen (Stichwort: Hau-ab-Gesetze!), die sich direkt auf Geflüchtete auswirken und unter diesen zu einer hohen Unsicherheit und zu regelmäßig zirkulierenden Fehlinformationen führen, haben einen hohen Anteil daran. Fragestellungen, die sich oft erst nach – positivem oder negativem – Abschluss des Asylverfahrens ergeben, wie die Beibringung verlangter Identitätsnachweise oder die Entwicklung langfristiger Aufenthaltsperspektiven, nehmen einen immer höheren Anteil an den Beratungsgesprächen ein und werden uns auch künftig noch viel beschäftigen. Hier entlang zum ganzen Projektbericht.

Kirchenasyl. Es gibt tolle News! Das BAMF hört endlich wieder damit auf, Menschen im Kirchenasyl als „untergetaucht“ einzustufen. Damit gilt eine Überstellungsfrist von sechs statt 18 Monaten in Dublin-Verfahren. Das Bundesverwaltungsgericht hatte schon vor einem halben Jahr dazu entschieden. Danke an die BAG Asyl in der Kirche, die sich hierfür so stark eingesetzt hat. Mehr Infos.

Black Book of Pushbacks. Das Border Violence Monitoring Network (BVMN) hat Ende Dezember ein 1500-seitige Publikation veröffentlicht, in der im Detail illegale Pushbacks an den EU-Außengrenzen dokumentiert wurden. Das Buch ist eine Sammlung an Zeug:innenaussagen und Geschichten über die Gewalt und Skrupellosigkeit, mit der Schutzsuchende an den EU-Außengrenzen konfrontiert sind. Vier Jahre lang hat BVMN an dieser Ausgabe gearbeitet. Zum Buch.

 Leipziger Zustände 2021. Chronik.LE hat eine neue Broschüre zu zu Diskriminierung und rechten Strukturen in der Region Leipzig veröffentlicht: Sie beschäftigt sich „mit den Themenkomplexen Rassismus und Gegenwehr, Corona, Geschlecht und Sexismus, Rechtsterrorismus sowie rechter Raumnahme. Zu Wort kommen dabei Menschen die von Diskriminierung und rechter Raumnahme betroffen sind.“ Hier entlang zur Broschüre!

RLC Dresden. Auch die RLC Dresden bietet zurzeit aufgrund des verlängerten Lockdowns online Rechtsberatung an. Die offene Sprechstunde ist montags von 17 bis 19 Uhr und donnerstags von 15.30 bis 17.30 Uhr. Mehr Infos hier.

Veranstaltungen

  • Jeden Donnerstag von 17-19 Uhr bietet die autodidaktische Initiative Leipzig online kostenlose Sprachkurse in Deutsch an. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Mehr Infos.
  • Am 16.01. und 23.01. veranstaltet der Diaspora Salon von 16-18 Uhr Insta-Live-Talks zur Entwicklung und aktuellen Situation auf der Balkanroute. Mehr Infos hier.
  • Am 25.01. um 19 Uhr findet online ein Info-Treffen zu den Wahlen des Migrantenrats in Leipzig statt. Die Geschichte und die Arbeit des Migrantenbeirats wird euch vorgestellt, um für die Arbeit im Migrantenbeirat zu motivieren! Mehr Infos hier.

Drei Stimmen aus der Presse

1) Abschiebung nach Afghanistan (ZEIT)
Am Dienstag wurden 26 Menschen von Deutschland nach Afghanistan abgeschoben. Der Flug startete Dienstag abend in Düsseldorf. 84 Bundespolizist*innen begleiteten die Abschiebung. Während in vielen Teilen Deutschlands ein Bewegungsradius von 15km erlaubt ist, haben Bundesländer und Regierung keine Scham, Abschiebungen in das Krisenland fortzuführen. Mehr Infos.

2) Abschiebungen nach Syrien sind ein sicherheitspolitisches Eigentor (Welt)
Theoretisch kann seit dem 1. Januar 2021 aus Deutschland wieder nach Syrien abgeschoben werden. Doch dafür müsste Deutschland diplomatische Beziehungen mit Assad eingehen. Diese würden zu einer Normalisierung des Folterregimes führen, die genau im Interesse von Assad liegen. Bente Scheller kommentiert dabei in der WELT: „[Assad] als Partner im Kampf gegen islamistische Extremisten – das hieße, den Bock zum Gärtner zu machen.“ Zum Artikel.

3) „Tiere haben es besser als wir“ (SPON)
Die Situation in Bihac, der Bewohner:innen des ehemaligen Camp Lipas, spitzt sich weiter zu. Einige sind nun gezwungen, im Wald zu campen. Es ist extrem kalt: „Hussein reibt sich die Hände. Seine Augen sind gerötet. Er hat nicht geschlafen, weil er Angst hatte, in dem dünnen Schlafsack zu erfrieren.“ Der Winter wird noch eine Weile andauern. Und seitens der EU-Staaten passiert genau: nichts. Mehr.

Stellenausschreibungen

  • Der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein sucht eine*n Voll-Jurist*in als Flüchtlingsberater*in oder eine Person, die langjährige Erfahrung in der Beratung zu asyl-/aufenthaltsrechtlichen Regelungsbedarfen. Bewerbungsfrist ist der 30.01.2021. Mehr Infos hier.
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