PM: Nach COVID-19-Ausbruch – Bautzen verkennt Realitäten der Asylpolitik

Landratsamt Bautzen verteidigt asylpolitische Grundsätze mit verqueren Argumenten
Das Landratsamt Bautzen wäscht seine Hände in Unschuld und macht es damit nur noch schlimmer. Denn die Aussagen gehen teils an der Realität vorbei, teils sind sie schlicht falsch, teils rassistisch.

Das Landratsamt Bautzen sah sich in der vergangenen Woche mit Vorwürfen konfrontiert, den Infektionsschutz für die Bewohner:innen einer Gemeinschaftsunterkunft in Kamenz nicht zu gewährleisten. Es mangelte an Seifen, Desinfektionsmittel und Masken. Es benötigte bundesweite Presseresonanz, bis die Versorgung inzwischen hergestellt wurde. Ralph Döcke, ehrenamtlicher Pate aus Bautzen schreibt: „Es bleibt, bei aller Freude über eine zumindest jetzt teilweise Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen im Kamenzer Heim, weiterhin die Sorge eines erhöhten Infektionsrisikos der Bewohner gerade in Coronazeiten.“

Das Landratsamt jedoch wies Kritik zurück und erteilte Forderungen nach dezentraler Unterbringung eine Absage. Wohlfeil und bar der Sachlage. Die Punkte des Landratsamts im Einzelnen:

  • Auch eine zentrale Unterbringung habe Vorteile. Die Unterstützung durch Sozialarbeiter*innen, Freizeitangebote und Deutschkurse ließen sich besser organisieren.

„Das lässt sich nicht bestätigen“, meint Paula Moser vom Sächsischen Flüchtlingsrat. „Soziale Arbeit funktioniert auch aufsuchend und ihre Freizeit können sich die Menschen selbst organisieren – wir sprechen hier von erwachsenen Menschen! So können die Personen auch wirklich vor Ort  ankommen.“ Das Landratsamt impliziert, dass das, was Integration genannt wird, in Gemeinschaftsunterkünften besser funktioniere. Moser stellt klar: „Das Gegenteil ist der Fall.“ Und auch Döcke ist von der dezentralen Unterbringung überzeugt: „Ich bin fest der Überzeugung, dass auch die Akzeptanz in der Bevölkerung dadurch noch steigen würde und sich zusätzliche Hilfsangebote durch Nachbarn ergeben.“

  • Anträge auf dezentrale Unterbringung können gestellt werden. Die haben dann Aussicht auf Erfolg, wer arbeite, wessen Identität geklärt sei oder wenn der Ausbildungsbetrieb weit von der Unterkunft entfernt liege.

Hier lässt sich eine gewisse Vermessenheit des Landratsamts konstatieren. Schließlich wird ihm seit Jahren vorgehalten, Schlusslicht bei der dezentralen Unterbringung zu sein. Am 30. Juni 2020 waren lediglich 28,9 Prozent der Menschen im Asylverfahren im Landkreis Bautzen dezentral untergebracht. Und das hat auch maßgeblich damit zu tun, dass der Landkreis erschreckend wenigen Menschen den Weg in die Ausbildung oder Beschäftigung ermöglicht. Denn wie das Landratsamt klarstellte: Wer Arbeit hat, hat Aussicht auf Erfolg beim Antrag auf dezentrale Unterbringung.

Wenn also nur wenige Menschen erfolgreich einen Antrag auf dezentrale Unterbringung stellen, hat das auch mit der Bautzner behördlichen Willkür zu tun, eine Ausbildung oder Beschäftigung nicht zu ermöglichen. Denn zwischen August 2016 und Juni 2020 hat Bautzen gerade einmal zehn Ausbildungsduldungen erteilt, die Quote der seit Januar 2020 eingeführten Beschäftigungsduldung liegt bei null. „Hier schließt sich der Kreis: Wer zentral untergebracht ist, der:die lernt langsamer Deutsch, dem:der wird das Ankommen erschwert, der:die wird nicht so schnell Arbeit finden. Es ist schleierhaft, warum es gerade im Landratsamt Bautzen so schwer ist, den Zusammenhang zwischen der Form der Unterbringung und einem erfolgreichen Ankommen zu begreifen“, berichtet Moser. Aufschluss jedoch könnte Punkt Nummer 3 geben:

  • Bewohner*innen würden Seifenspender leeren oder zerstören.

Die Bewohner*innen der Unterkunft filmen Seifenspender – funktionsfähige, leere Seifenspender – und wenden sich an Unterstützer*innen, weil sie gegenüber Betreiber und Landratsamt nicht mehr weiterkommen. Dem Landratsamt fällt nicht mehr ein, als das Bild des ‚kriminellen, klauenden Ausländers‘ zu bedienen, um sich aus einer unangenehmen Situation herauszuwinden. Das ist Rassismus. Auch nicht das erste Mal, dass das Landratsamt diesen Vorwurf hören muss.


Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat
-Paula Moser-

Mobil: 0176 427 286 23
Mail: pr@sfrev.de

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