PM: Abschiebung nach Afghanistan – trotz Suchterkrankung und fehlendem familiären Netz

Inhumanität ausbuchstabiert: Abschiebungen in das kriegs- und Pandemie-zerrüttete Afghanistan gehen weiter
Gestern Abend (09.02.) startete eine Sammelabschiebung von München nach Kabul. Darunter war mindestens eine Person aus Sachsen, zuvor inhaftiert in der Jugendstrafvollzugsanstalt (JSA) Regis-Breitingen. Suchterkrankung, die prekäre Lage in Afghanistan selbst und ein fehlendes familiäres Netz hielten das Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF) und das Verwaltungsgericht (VG)  Leipzig nicht für hinreichende Gründe, um die Abschiebung auszusetzen.

„Wie soll sich eine suchterkrankte Person in einem wirtschaftlich tief zerrissenen Land, ohne jegliches familiäres oder soziales Netz zurechtfinden?“, kommentiert Sandra Münch vom Bon Courage e.V., die den Mann in der Asylberatung begleitet hat. Ein Wiederaufgreifungsantrag lehnte das BAMF ab, der anschließender Eilantrag beim VG Leipzig  war ebenfalls ohne Erfolg. Zu einem anderen Schluss kam das VGH Mannheim in einem Urteil vom 3. Februar: „Auch ein alleinstehender, gesunder und arbeitsfähiger, erwachsener Mann [kann] regelmäßig nicht nach Afghanistan abgeschoben werden, weil es ihm dort angesichts der gravierenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen infolge der COVID-19-Pandemie voraussichtlich nicht gelingen wird, auf legalem Wege seine elementarsten Bedürfnisse nach Nahrung, Unterkunft und Hygiene zu befriedigen.“

Geboren und aufgewachsen im Iran – kein familiäres Netz in Afghanistan

„Nicht nur entbehren die individuelle gesundheitliche und allgemeine pandemiebedingte Extremsituation jeglicher Grundlage für diese Abschiebung, die Person hat in ihrem bisherigen Lebensverlauf kaum Berührungen mit Afghanistan gehabt. Er ist im Iran geboren, dort aufgewachsen, die Familie lebt noch immer im Iran. Seit der Geburt hat er nur wenige Besuchstage in Afghanistan verbracht. Ein familiäres Netz gibt es im Zielland nicht!“, erklärt Sandra Münch. Die Abschiebungen nach Afghanistan erschüttern uns jedes Mal aufs Neue. Und jedes Mal setzt die Landesregierung noch eins drauf“, so Münch.

#AfghanistanNotSafe !

Bereits gestern haben 96 Organisationen einen Appell veröffentlicht: Abschiebungen nach Afghanistan müssen umgehend ausgesetzt werden. Auch der Sächsische Flüchtlingsrat und Bon Courage e.V. haben diesen unterschrieben. Münch bekräftigt die Forderungen: „Der Schutz von Menschenleben während einer globalen Pandemie einzigartigen Ausmaßes kann nicht an nationalen Grenzen halt machen und vom Aufenthaltsstatus oder der Nationalität abhängen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sofort jegliche Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen und Menschenleben zu schützen!“


Kontakt:
Sandra Münch
– Bon Courage e.V. –
Mobil: 01577 517 6855
Mail: info@boncourage.de

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