Gemeinsame PM: Eiskalte Abschiebung in die Perspektivlosigkeit – Familie berichtet aus Albanien

Sechsköpfige Familie kämpft nach Abschiebung gegen den harten Alltag an
Am 2. Februar wurde eine Familie aus Pirna nach Albanien abgeschoben, die Sächsische Zeitung berichtete. Die Situation in Albanien ist für die sechsköpfige Familie stark belastend, sie verfügen kaum über finanzielle Mittel, um Nahrungsmittel und winterfeste Kleidung zu beschaffen. Durch eine ehrenamtliche Helferin und die betreuende Anwältin Carolin Helmecke konnte Kontakt zur Familie hergestellt werden, die hier Zeugnis ihrer Situation ablegt.

„Um vier Uhr nachmittags klopfte die Polizei an unserer Tür, sie gaben uns eine Stunde Zeit, um die Dinge zu packen, die wir mitnehmen wollten. Unsere Kinder, sie sind zehn, acht, sieben und ein Jahr alt, hatten große Angst, denn draußen standen sechs bis sieben Polizeibeamt:innen. Wir wurden zum schnellen Packen und Verlassen der Wohnung gedrängt. So schnell, dass ich zwei verschiedene Schuhe anhatte, als wir die Wohnung verließen. An Geld hatten wir nichts, außer vier Euro in meiner Hosentasche“, berichtet der Familienvater. Am Freitag vor der Abschiebung hatte sich das Sozialamt die Leistungsauszahlung gespart, die Familie war also völlig mittellos.

Kein Geld, kaum Essen, keine winterfeste Kleidung, keine ärztliche Behandlung

„Als wir in Albanien ankamen, waren wir ratlos. Unsere Kinder weinten durchweg. Wir leben jetzt übergangsmäßig bei meinem Bruder, mit 11 Personen in zwei Zimmern. Es ist eng, wir haben keine Betten, kaum Essen und winterfeste Kleidung“, erklärt der Familienvater. „Oft klagen die Kinder abends, dass sie hungrig sind, ich sage ihnen dann es dauere nur noch fünf Minuten, in der Hoffnung, dass sie bald einschlafen.“ Auch die gesundheitliche Situation der Mutter und der ältesten Tochter bereitet der Familie große Sorgen: „Meine Frau ist depressiv und durch die Abschiebung zusätzlich traumatisiert. Meine älteste Tochter muss dringend in ärztliche Behandlung, sie war zuvor in Dresden in der Traumaambulanz gewesen. Zum Arzt können wir hier in Albanien nicht gehen, denn das nötige Geld dafür fehlt“, so der Vater.

Keine Zukunftsperspektiven

„Wir haben hier keine Perspektive, keine Arbeit, nichts. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Selbst wenn ich arbeiten wollte, könnte ich nicht, denn meiner Frau ist schwer krank, die Kinderbetreuung der vier kann sie nicht alleine stemmen. Ich kann meine Kinder noch nicht mal zur Schule anmelden, weil wir keine permanente Adresse haben!“ Der Aufbau sozialer Kontakte ist durch die prekäre finanzielle Situation belastet: „Meine Kinder trauen sich nicht draußen mit den anderen Kindern zu spielen, denn sie haben nicht genug Kleidung, um sich richtig anzuziehen. Es tut mir als Vater weh, meine Kinder weinen zu sehen und nichts dagegen unternehmen zu können“, erklärt der Familienvater. „Sie verstehen nicht was los ist, sie wollen nach Hause, nach Pirna. Aber was soll ich ihnen darauf antworten?“

Zurück nach Pirna? Die Hürden sind groß.

Die Rückkehr der Familie gestaltet sich mit großen rechtlichen Hürden. Die Anwältin der Familie Carolin Helmecke erklärt hierzu: „Infolge der Einreisesperre darf die Familie für einen bestimmten Zeitraum nicht in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, und auch kann kein Aufenthaltstitel vor Ablauf der Sperre erteilt werden. Die Kosten der Abschiebung in nicht geringer Höhe kommen auch noch auf die Familie zu.“

Vorliegend hätte es gar nicht zur Abschiebung kommen dürfen. „Die Ausländerbehörde hätte das Vorliegen von Duldungsgründen, etwa durch die Einholung eines amtsärztlichen Attestes, genauer prüfen müssen. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Mutter und Tochter sind schwerwiegend und den beteiligten Behörden bekannt gewesen. So hat das Landratsamt selbst die Therapien als erforderlich angesehen und die Kostenübernahme der Behandlungen erklärt. Den beteiligten Behörden hätte klar sein müssen, in was für eine prekäre und gesundheitsgefährdende Lage sie die Familie, insbesondere die vier minderjährigen Kinder, damit bringt. Und das mitten in einer Pandemie im Winter. Wir sind immer noch fassungslos über dieses Vorgehen und werden die Familie so gut es
möglich ist weiter unterstützen,“ so die Anwältin Helmecke.

Die Kinder der abgeschobenen Familie.
Die Kinder der Familie in Albanien.

Kontakt:
AG Asylsuchende
– Christina Riebesecker –
Mail: christina.riebesecker@ag-asylsuchende.de

Sächsischer Flüchtlingsrat
-Paula Moser-
Mobil: 0176 427 286 23
Mail: pr@sfrev.de

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