PM: Impfkampagne in den Lagern – der aktuelle Stand im Land und bei 7/13 Kommunen

Menschen in Lagern nicht überall mit gleichen Zugangsvoraussetzungen zur Impfung
Der SFR hat sich beim Land wie den Kommunen zum Impfvorgehen in den Lagern erkundigt. Hier der Stand.

„Gegenwärtig laufen die Vorbereitungen für die Durchführungen der Impfungen“, schreibt die Landesdirektion Sachsen auf Presseanfrage des SFR. Der Verein wollte wissen, wie die Impfkampagne in den Lagern – den Aufnahmeeinrichtungen des Landes sowie den Gemeinschaftsunterkünften der Landkreise und kreisfreien Städten – umgesetzt wird. Denn Menschen, die dort leben müssen sowie die Mitarbeiter*innen fallen in die Prioritätsgruppe 2. Personen, die in diese Gruppe eingeordnet werden, können laut Pressemitteilung des Staatsministeriums für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 25. Februar 2021 geimpft werden. Wie geht die Landesdirektion, wie gehen die Landkreise und kreisfreien Städte mit Herausforderungen wie der Mehrsprachigkeit um?

Aufnahmeeinrichtungen des Landes

Mobile Impfteams des Deutschen Roten Kreuzes sollen alsbald in die Einrichtungen gehen und dort die Impfungen durchführen. Die Information darüber soll über die Betreiber in schriftlicher und mündlicher Form erfolgen, in jedem Fall mehrsprachig. Der SFR hat sich bei Bewohner*innen der Aufnahmeeinrichtungen in Dölzig und in Dresden erkundigt. Bisher sei keine Information erfolgt, wird dem SFR gemeldet, Start der Kampagne scheint unklar. Der SFR erhofft sich hier ein zügigeres Vorgehen und begrüßt ausdrücklich den Plan, mit mobilen Impfteams an die Lager zu fahren.

Presseanfragen wurden auch an die Landkreise und kreisfreien Städte über das Vorgehen in den kommunalen Gemeinschaftsunterkünften geschickt. Nicht alle antworteten, von fünf Kommunen stehen die Angaben noch aus. Gerade dort bedarf es weiterhin eines genauen Blicks von Presse und Zivilgesellschaft. Von wem es Antworten gab:

Stadt Leipzig

Vorbildlich, anders lässt sich das Vorgehen der Stadt Leipzig nicht beschreiben. Noch am selben Tag, als das Sozialministerium seine Pressemitteilung veröffentlichte, informierte das städtische Sozialamt die Sozialbetreuer*innen in den Gemeinschaftsunterkünften über die Neuerung. Mehrsprachige Informationen des Robert-Koch-Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung werden für die „Aufklärungs- und Informationsarbeit“ verwendet. Besteht Impfbereitschaft, sollen die Sozialbetreuer*innen dabei unterstützen, einen Termin im Impfzentrum zu vereinbaren.

Stadt Dresden

Auch Dresden glänzt, und zwar mit mobilen Impfteams, die in die Unterkünfte kommen. Die Information erfolgt vorab durch die Leitung der Gemeinschaftsunterkunft. Das Problem der Buchung bei fehlender Sprachkenntnis entfällt.

Landkreis Meißen

Auch Meißen erwägt den Einsatz der mobilen Impfteams, die zuvor in den Alten- und Pflegeheimen unterwegs waren. Sobald Impfungen durch Hausärzt*innen möglich sind, sollen auch hierzu Informationen erfolgen. Das Ausländeramt, das Amt für Brandschutz und Katastrophenschutz, das DRK, die Heimleiter und die Flüchtlingssozialarbeit würden „Hand in Hand“ arbeiten. Wer weitere Unterstützung benötige, könne sich an die Migrationsberatung im Landkreis wenden.

Landkreis Görlitz

Positiv einfallsreich zeigt sich auch Görlitz: nach Angaben des Landramts soll es einen Blocktermin im Impfzentrum in Löbau für in Gemeinschaftsunterkünften lebende Personen geben, die sich impfen lassen möchten.

Landkreis Bautzen

Der Landkreis Bautzen dagegen – er schert sich einfach nicht um das Wohlergehen der ihm zugeteilten Schutzsuchenden. Auf die Frage der Unterstützungsmöglichkeiten bei der Buchung eines Impftermins für Menschen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, verweist die Pressestelle tatsächlich auf DRK und Freistaat. Lediglich mehrsprachige Aushänge soll es geben. Proaktives und entschiedenes Vorgehen wie in Leipzig oder Dresden wäre angebracht. Gerade nach den mehrfach aufgetretenen Corona-Fällen in der Gemeinschaftsunterkunft in Kamenz und der folgenden Umverteilung in die GU Thomas-Müntzer-Straße in Hoyerswerda sollte das Interesse des Landratsamts bestehen, eine hohe Impfquote unter den Bewohner*innen zu erreichen und für die Impfbereitschaft zu werben. Bautzen, der Problemlandkreis, der institutionellen Rassismus zur offiziellen Politik erklärt hat – inzwischen gilt es, nahezu jegliches Verwaltungshandeln der Behörde zu hinterfragen.

Landkreis Leipzig und Vogtlandkreis

Der Landkreis Leipzig wie der Vogtlandkreis setzen auf Informationen durch Soziale Arbeit und Betreiber, dies soll mehrsprachig erfolgen. Bei der Buchung soll unterstützt werden, wenn dies gewünscht ist und Impfbereitschaft besteht.

Résumé

„Das teils vorbildliche Vorgehen einiger darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Infektionsrisiko in Lagern  hoch ist. Die erhöhte Gefahr, die von SarsCov2 für Menschen in Lagern ausgeht, könnte mit einer dezentralen Unterbringungsstrategie direkt vermieden werden“, kommentiert Angela Müller vom SFR, die Antworten auf die Presseanfragen rekapitulierend. Die hohe, pauschale Priorisierung der Bewohner*innen im Zuge der Impfkampagne entfiele zwar bei einer dezentralen Unterbringung, angesichts der eigenen vier Wände jedoch sicher ein vertretbarer Verlust. „Schockierend war allerdings die Antwort aus dem Landkreis Bautzen. Es ist zu befürchten, dass die Zugangsvoraussetzungen für die Menschen dort, eine Impfung zu erhalten, wesentlich schlechter sind“, so Müller.

*Update 25.03.2021: Landkreis Nordsachsen*
Das Landratsam Nordsachsen gibt an, Informationsmaterialien zur Impfung in verschiedenen Sprachen in den Unterkünften auszuhändigen. Die Impfbereitschaft werde aktuell erfragt. Je nach Bedarf werden entweder individuelle Impftermine mit Hilfe bei der Buchung durch Sozialarbeiter:innen angeboten, oder mobile Impfteams direkt in die Unterkunft kommen. Der Flüchtlingsrat plädiert stark für die mobilen Impfteams, um bürokratische und sprachliche Hürden nicht zu erhöhen.

*Update 26.03.2021 – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge*
Die Antwort aus dem Landratsamt Pirna fällt ähnlich aus wie beim Landkreis Leipzig und dem Vogtlandkreis. Informationen über die Impfmöglichkeiten seien a die Betreiber der Unterkünfte und die zuständigen Flüchtlingssozialarbeiter übergeben worden. Bei der Buchung sollen Sozialarbeiter*innen aushelfen.

Kontakt:

Sächsischer Flüchtlingsrat
– Angela Müller –
Mobil: 0176 427 286 23
Mail: pr@sfrev.de

Teile diesen Beitrag: