Uns erreichen Hinweise, dass heute, am 23. August 2021, eine Sammelabschiebung nach Pakistan von Berlin aus stattfindet. Bedroht von Abschiebung sind wiederholt auch Angehörige von religiösen Minderheiten, die im Land verfolgt werden. Eine weitere Gefahr besteht für Vertriebene aus Afghanistan, da sich die Taliban-Hochburg in Pakistan befindet. IHRC und Sächsischer Flüchtlingsrat verurteilen daher heutige Abschiebung.
Seit 1974 werden Angehörige der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft und andere religiöse Minderheiten institutionell diskriminiert und verfolgt. Damals verabschiedete die Regierung in Islamabad ein Gesetz, dass eine Zwei-Klassen-Gesellschaft schafft. Sogenannte „Non-Muslims“ werden als Ungläubige in ihren Ausweisen gebrandmarkt – staatliche und gesellschaftliche Verfolgung damit etabliert. Trotzdem erhalten Verfolgte aus Pakistan in Deutschland meist negative Antworten auf ihre Asylanträge.
„Diese Menschen sind verzweifelt, irritiert und verängstigt. Vor jedem Abschiebflug erreichen mich viele Nachrichten, in denen klar wird, dass diese Praxis viele Menschen psychisch und physisch gefährdet. Aus Angst übernachten sie auf Straßen, in Wäldern, sind unterernährt und haben kaum Zugang zur medizinischen Versorgung. Das alles nur, um nicht abgeschoben zu werden, in ein Land, in dem sie der sichere Tod erwartet.“, berichtet Mohammad Suleman Malik, Sprecher der Ahmadiyya-Gemeinden in Sachsen und Thüringen.
Auch der IHRC warnt in einem Appell davor, heute nach Pakistan abzuschieben. Im Schreiben wird u.a. von den Zerstörungen der Moscheen oder gesperrten Internetseiten der Ahmadis durch pakistanische Behörden berichtet. Weiter Erwähnung findet ein Schreiben von UN-Berichterstattern, die eindrücklich vor der Gefahr für Minderheiten im Land warnen.
Verfolgt werden auch Christen, die wegen Nichtigkeiten unter dem Blasphemie-Paragraphen angeklagt werden können – bei Verurteilung droht die Todesstrafe. Weltweit wurde dies im Fall von Asia Bibi debattiert. In Sachsen sorgte der Fall des Katholiken Faisal J. aus Meissen für Schlagzeilen, da dieser bereits seit 13 Jahren in Deutschland lebt und mittlerweile auch verheiratet ist. Seine Abschiebung konnte verhindert werden, doch wie bei vielen abgelehnten Antragsteller*innen aus Pakistan erhielt auch er noch keine sichere Bleibeperspektive.
Aktuell müssen außerdem viele Menschen aus Afghanistan in das Nachbarland flüchten. Es wird geschätzt, dass bis zu 700.000 Menschen in den nächsten Monaten dort ankommen. Dort sind diese jedoch nicht sicher, denn im Südwesten des Landes, in der Stadt Quetta liegt die Kommandozentrale der Taliban. So werden bereits erste Angriffe auf Geflüchtete gemeldet. Die Taliban bewegen sich hier, vor allem in den Grenzgebieten und der Provinz Belutschistan, seit Jahren relativ frei und konnten die Machtübernahme Kabuls planen. Vor Reisen in diese Gebiete warnt das Auswärtige Amt dahingehend aus gutem Grund.
Abschiebungen nach Pakistan sind somit lebensgefährlich für Oppositionelle ebenso wie für Angehörige religiöser oder ethnischer Minderheiten. Deswegen fordert Malik: „Ich appelliere im Namen aller Betroffenen diese humanitäre Katastrophe unverzüglich zu stoppen und jenen Menschen eine Perspektive anzubieten, die seit Jahren in Deutschland geduldet und gut integriert sind.“
Kontakt:
Mohammad Suleman Malik – Sprecher Ahmadiyya-Gemeinde Erfurt
Mail: amj.erfurt@gmail.com
Telefon: +49 160 7229078
Dave Schmidtke – Pressereferent Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Mail: schmidtke@sfrev.de
Telefon: +49 176 42728623
Bildquellen
- sebastian-grochowicz-WE0FIs9RBac-unsplash: Sebastian Grochowicz/Unsplash