Newsletter 16/2021: Lage zu Afghanistan/Start von Rückkehr-Watch/Zuwanderung 2021/Unteilbar in Berlin

Afghanistan: Blockierte und schleppende Evakuierung/Kundgebungen in Sachsen/Gemeinsame Forderungen mit Landesflüchtlingsräten und ProAsyl

Nach der Machtübernahme der Taliban, erreichten uns aus Kabul in diesen Wochen Bilder und Videoaufnahmen kaum zu beschreibender Verzweiflung. Menschen auf Tragflächen startender Flugzeuge, ein Anschlag des IS und Feuergefechte am Flughafen: diese Evakuierung lief zu spät und deshalb tödlich! Aus diesem Grund fanden landesweit Proteste und solidarische Kundgebungen statt. Diese kritisierten sowohl den Kriegseinsatz und dessen vornehmlich geopolitische Interessen, als auch die bis zuletzt verharmlosende Darstellung vom Auswärtigen Amt der Situation in Afghanistan. Um jeden Preis versuchte die beteiligte Politik einen Erfolg des Militäreinsatzes zu verkünden. Gebiete wurden hierfür als „sicher“ erklärt und Abschiebungen sollten bis kurz vor Machtübernahme noch durch Seehofer und co. erzwungen werden.

Auf den Kundgebungen in Dresden und Leipzig, die wir mit Redebeiträgen unterstützten, wurden auch Forderungen nach Landesaufnahmeprogrammen laut. Neben den 5.300 Evakuierten, befindet sich die Mehrzahl der Ortskräfte sowie anderer Schutzsuchender auf Listen des Auswärtigen Amtes und ist noch in Afghanistan. Das Verwaltungsgericht Berlin bestätigte, dass auch Ortskräfte, die vor mehr als zwei Jahren für Bundeswehr u.ä. tätig waren, ein Schutz in Deutschland zusteht. Eine Zusage der Aufnahme von bis zu 40.000 Ortskräften/deren Angehörige und weiteren 10.000 besonders Schutzbedürftiger erfolgte in dieser Woche durch Außenminister Maas.

Zwar werden schon erste Familien der Ortskräfte aus Afghanistan aufgenommen, wie hier in Dresden läuft dies jedoch nur sehr vereinzelt. Wir haben eine Petition gestartet für ein Landesaufnahmeprogramm, auch wenn „Abschottungsminister“ Seehofer bereits den Beschluss aus Thüringen für solch ein Programm untersagte – solch eine Verwehrung von Humanität, insbesondere anhand der Verantwortung von zwanzig Jahren Militäreinsatz im Land, ist schlicht inakzeptabel. Weiter fordern wir den Abbau aktuell lähmender Bürokratie! Wir solidarisieren uns gemeinsam mit ProAsyl und den Landesflüchtlingsräten für eine schnelle, humanitäre Aufnahme – auch in Form von erweiterten Familiennachzügen!

Medico Rückkehr-Watch: Dokumentations-Plattform zur „freiwilligen“ Rückreise gestartet Mehr dazu

Es sind erschütternde und eindrückliche Geschichten, die von Medico aufgearbeitet werden. Sie zeigen, dass die Ausreise aus Deutschland oft aus Perspektivlosigkeit und nicht „freiwillig“ erfolgt. Es sind Erzählungen, die von verzweifelten Situationen berichten. Eine Rückkehrerin aus Marokko schreibt: „Wenn du isoliert wirst, die Sprache nicht kennst und rassistisch beleidigt wirst – da willst du nur noch weg. Das fühlt sich an, wie eine Abschiebung – nur ohne offiziell gezwungen zu werden.“ All dem voraus geht natürlich in vielen Fällen der abgelehnte Asylantrag, der auch bei einer dreiköpfigen Familie aus Afghanistan erfolgte. Bei dieser wurde nach der Rückkehr der Ehemann getötet und hätte, wie bei so vielen anderen Menschen, verhindert werden müssen.

 

Stimmen aus der Presse:

Statistik: Schutzsuchende im ersten Halbjahr 2021 (taz)

Bis Ende Juni 2021 hat Deutschland 47.400 Schutzsuchende aufgenommen und ist damit weit unter dem, was Horst Seehofer einst an willkürlicher Obergrenze von 200.000 Menschen pro Jahr festlegte. 4.374 Personen reisten freiwillig aus und 7.360 wurden abgeschoben. Trotz der Tatsache, dass laut aktueller Prognose bis Ende 2021 hierzulande 95.000 Geflüchtete ankommen werden, wurde also weiterhin abgeschoben. Trotz der Tatsache, dass Institute aufgrund der demografischen Entwicklung hierzulande berechnet haben, dass Deutschland mindestens 400.000 Zuwander*innen pro Jahr benötigt. Selbst wenn die von der Bundesregierung angesprochenen ca. 50.000 Ortskräfte und besonders Gefährdeten Afghanistans in diesem Jahr noch eintreffen, würden die Zahlen der Zuwanderung keine von Seehofer festgelegte Obergrenze erreichen.

Ramstein: US-Militärbasis dient als Zwischenstation für Schutzsuchende aus Afghanistan (Morgenpost)

In Bayern landeten Menschen aus Afghanistan direkt hinter Stacheldraht, im ANKER-Zentrum vom Innenminister begrüßt, denen eigentlich nach den Traumata in Kabul eine dezentrale Unterkunft zustände. Chaotisch ist die Situation von Geflüchteten aktuell auch auf der US-Militärbasis in Ramstein. Von hier aus werden Schutzsuchende aus Afghanistan aktuell weiter verteilt. Der Artikel berichtet aus persönlichen Perspektiven darüber, wie stark Unsicherheit und Überforderung bei allen Beteiligten gerade überwiegt.

Eine weitere Stimme aus der Presse zur derzeitigen Lage in Ramstein ist bei der taz nachzulesen.

 

Veranstaltungen:

Unteilbar-Großkundgebung | 04.09. in Berlin | Beginn 13 Uhr

Kurz vor den Bundestagswahlen demonstriert ein breites, solidarisches Bündnis der Zivilgesellschaft erneut für Einheit in Diversität. Wir werden uns auch im Menschenrechtsblock beteiligen und von der Kundgebung berichten. Neben Redebeiträgen zum Thema Asyl/Migration, Musik uvm. wird auch eine zugesendete Videobotschaft von Edward Snowden auf der Veranstaltung abgespielt.

Mehr zur Route und dem Programm hier.

„Edit-Systemeinstellung“ vom Postmigrantischen Netzwerk e.v.| 10./11.09. online Empowerment

Die Gesellschaft wandelt sich stet. Sie gestalten diese Veränderungen mit: neue deutsche organisationen – das postmigrantische netzwerk e.V. (ndo) ist ein bundesweites Netzwerk von rund 130 Initiativen, die sich für Vielfalt als Normalität und gegen Rassismus engagieren. Wir sind eine postmigrantische Bewegung für ein inklusives Deutschland, chancengerecht für alle.

Zur Anmeldung für das Event, klickt Ihr bitte hier.

Stellenausschreibung: Migrationsberatung, Jugendarbeit bei Romano Sumnal e.V. in Torgau

Romano Sumnal e.V. ist die Selbstvertretung der Roma und Sinti in Sachsen. Wir arbeiten sachsenweit in unterschiedlichen Projekten in den Bereichen: Bildung, Geschichte, politische Bildung, Antiromaismusbekämpfung, Kinder- und Jugendarbeit, Migrationsberatung u.v.m

Aktuell sucht der Verein in Torgau nach Verstärkung auf einer Position für: Migrationsberatung, Organisation und Betreuung von Kinder- und Jugendprojekten, Organisation und Umsetzung eines Spiel- und Freizeitprojektes „Freies Spielen“ im Stadtteil.

Mehr zum Stellenangebot hier.

Positive Nachricht zum Schluss: Familie I. ist, nach der vom OVG in Bautzen für rechtswidrig erklärten Abschiebung, endlich wieder vereint und nach der Rückkehr aus Georgien komplett in Pirna angekommen!

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