PM: Bomben machen vor keiner Nationalität Halt – Schutz für alle Geflüchteten aus der Ukraine!

BMI muss vorübergehenden Schutz auf Drittstaatler*innen ausweiten
Am 03. März 2022 hat der Europäische Rat beschlossen, dass Geflüchtete aus der Ukraine EU-weit vorübergehenden Schutz erhalten sollen. Eine Grauzone existiert jedoch für Personen mit vorübergehendem Aufenthalt in der Ukraine. Dazu zählen auch Menschen mit einem Studien- oder Arbeitsvisum. Salma N., eine Studierende aus Charkiw marokkanischer Staatsangehörigkeit schildert ihre Flucht vor den Bomben und fordert Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf, einen legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland zu schaffen. Der Sächsische Flüchtlingsrat und die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) unterstützen die Forderungen von Salma N.

Salma N. ist Studierende der Pharmazie, sie besuchte fünf Jahre lang die Universität in Charkiw und hätte in drei Monaten ihren Abschluss feiern können. Stattdessen verließen sie und ihre Freund*innen Hals über Kopf eine Stadt, die über Nacht ein Kriegsfeld geworden war. 
 
„Es war die Hölle aus Charkiw herauszukommen. Am 24. Februar begannen die Bomben morgens um 5 Uhr auf die Stadt zu fallen. Wir schliefen. Wir dachten, es würde bald aufhören, also gingen wir erstmal nicht nach draußen und warteten drei Tage. Danach wurde uns klar, dass die Bomben nicht aufhören würden, und wir entschlossen uns, die Stadt zu verlassen“, erklärt Salma N
 
Die Flucht aus Charkiw
 
„Einen Platz auf einem der Evakuierungszüge aus Charkiw in den Westen der Ukraine zu bekommen, war schwierig. Die ukrainischen Behörden priorisierten ukrainische Staatsangehörige. Irgendwann schafften wir es auch in einen Zug. Wir saßen mit zehn bis zwölf Menschen in einem kleinen Waggon.

Vor Kiew mussten wir fünf bis sechs Stunden im Dunkeln sitzen, alle Lichter im Zug wurden ausgeschaltet, unsere Handys durften wir nicht benutzen, damit der Zug aus der Luft nicht sichtbar ist. Jedes Mal, wenn ein Luftangriff befürchtet wurde, hielt der Zug an, alle Lichter wurden ausgeschaltet und wir mussten still sein. Wir schafften es bis nach Lwiw. Dort warteten wir drei Tage und suchten nach Möglichkeiten, die Grenze zu überqueren. Wir konnten ein Taxi auftreiben, mit dem wir gegen Bezahlung an die slowakische Grenze kamen“, führt Salma
N. aus.
 
Rassistische Gewalt durch slowakische Polizei
 
„Die slowakische Polizei brachte uns zu einer Militärbasis und steckte uns in Gefängniszellen. Sie nahmen uns unsere Pässe ab. Wir hatten nichts zu essen und zu trinken, aber immerhin waren wir aus der Ukraine raus. Die Nacht verbrachten wir in dieser unmenschlichen Situation. Als wir am Morgen aufwachten, bettelten wir die slowakische Polizei an, uns wenigstens Kaffee zu geben.  Sie wollten uns nicht gehen lassen. Also riefen wir unsere Botschaften an, um Druck aufzubauen. Irgendwann gaben sie nach und brachten uns von der Militärbasis zurück zur slowakisch-ukrainischen Grenze. Ich wusste nicht, dass die slowakische Polizei so ist. Ich dachte, sie sind nette Menschen.

Zurück an der Grenze trafen wir zum Glück Mission Lifeline, die uns nach Deutschland brachten. Wir waren sehr dankbar für ihre Hilfe.“
 
Gewahrsam in slowakischen Militärbasis
 
Legaler Aufenthaltsstatus in Deutschland jetzt! 
 
„Ich bin jetzt drei Monate entfernt davon, meinen Abschluss in Pharmazie zu machen. Ich will mein Studium hier abschließen. Ich könnte auch hier arbeiten, vor dem Pharmaziestudium habe ich bereits einen Abschluss in Modedesign gemacht“, so Salma N.
 
Die geflüchtete Studentin, welche sich nun in Sachsen aufhält, appelliert an die Bundesregierung: „Bundesinnenministerin Faeser, ich möchte Ihnen sagen: Geben Sie uns die Möglichkeit, unseren Universitätsabschluss hier in Deutschland fertig zu machen. Wir möchten studieren, die Sprache lernen, arbeiten, und wir möchten das legal machen können!“
 
Neben Salma N. fordern auch ihre Kommiliton*innen, die ebenfalls keinen ukrainischen Pass haben, einen legalen Aufenthaltsstatus. Reda M., Intissar T. und Ayoub A. sind Studierende der Medizin, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaften. „Wir sind traurig und wütend, dass wir durch diesen Krieg aus unserem Leben gerissen wurden, so kurz vor unserem Abschluss. Wir brauchen dringend Zugang zu Sprachkursen und eine Möglichkeit, legal in Deutschland zu bleiben!“
 
Bomben machen vor keiner Nationalität Halt – Schutz für alle Geflüchteten aus der Ukraine
 
Seit Freitagabend liegt der Text des EU-Ratsbeschlusses vor. Demnach liegt es im Ermessen des jeweiligen EU-Mitgliedstaates, ob auch Personen mit einem nicht dauerhaften Aufenthaltstitel in der Ukraine Anspruch auf vorübergehenden Schutz in der EU haben.
 
Der Sächsische Flüchtlingsrat und die Konferenz Sächsischer Studierendenschaft schließen sich mit Rückenwind des Beschlussses des bundesweiten freien Zusammenschlusses von Studierendenschaften den Forderungen Salma N.s an. „Wir appellieren dringlichst an Sie, Frau Bundesinnenministerin Faeser: vergessen Sie nicht die Menschen mit vorübergehendem Aufenthaltstitel in der Ukraine. Wenn die EU keine einheitliche Position zu diesem Thema hat, muss das Bundesinnenministerium im nationalen Erlass weiter gehen. Der Schutz für Fliehende aus der Ukraine muss für alle gelten! Denn Bomben machen vor keiner Nationalität Halt.“
 
Pressekontakt:
Salma N. und Intissar T. stehen für Interviews bereit, die Vermittlung erfolgt über den Sächsischen Flüchtlingsrat.
 
Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
– Dave Schmidtke
Telefon: 0176 427 286 23
 
Konferenz Sächsischer Studierendenschaften
– Sabine Giese (Sprecherin)
Telefon: 01522 1874 904
Teile diesen Beitrag: