Neues Gesetz für schnellere Asylverfahren

Seit dem 01. Januar 2023 ist das „Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren“ in Kraft. In spätestens sechs Monaten sollen fortan alle Schutzsuchenden ihren Bescheid durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhalten. Endlich schafft die Bundesregierung auch eine Regelung, die eine von Behörden unabhängige Beratung sichern soll. Ebenfalls positiv ist die Abschaffung der Regelprüfung des erteilten Schutzstatus, insofern kein konkreter Anlass dafür besteht. Es gibt jedoch auch einige kritische Aspekte, denn schnellere Asylverfahren könnten negativen Einfluss auf die Qualität der Bescheide haben. Wir haben versucht die wichtigsten Neuerungen zusammenzufassen:

Änderung § 12a AsylG: Asylverfahrensberatung

Der Bund plant fortan die Förderung einer behördenunabhängigen und ergebnisoffenen Verfahrensberatung für Asylbewerber*innen. Diese kann Rechtsdienstleistungen umfassen, die bis zum unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahren (also auch übers Klageverfahren hinweg) durchgeführt werden kann. Damit entfällt für die Beratung, die bislang durch das BAMF in Erstaufnahmeeinrichtungen durchgeführt wurde, die Rechtsgrundlage.

In der Folge konnten wir in sächsischen Einrichtungen bereits feststellen, dass die Bundesbehörden dort keinerlei Beratung mehr anbieten. Die angekündigte unabhängige Beratung muss dahingehend schnellstmöglich implementiert werden, da gerade in den ersten Wochen des Ankommens Schutzsuchende großen Bedarf an Beratungen besitzen.

Änderung § 24: Pflichten des Bundesamtes

Hier werden neue Fristenregelungen geschaffen, die die schnellere Durchführung von Asylverfahren bewirken sollen. Weiter kann das BAMF von einer persönlichen Anhörung absehen und ohne Anhörung entscheiden, wenn es dem Asylantrag vollumfänglich stattgeben will. Das ist beispielsweise bei schriftlichen Asylanträgen sinnvoll, wenn alle Asylgründe und Beweismittel schon bei Antragstellung eindeutig übermittelt werden.

Über Asylanträge soll das BAMF nun innerhalb von sechs Monaten entscheiden. Die Frist kann auf höchstens 15 Monate heraufgesetzt werden, wenn sich „komplexe Fragen“ ergeben oder innerhalb kurzer Zeit eine „große Zahl“ von Asylanträgen gestellt wird. Danach ist nur noch eine einmalige „ausnahmsweise“ Verlängerung um weitere drei Monate möglich, so dass sich eine Maximaldauer von 18 Monaten ergibt. Wenn nach sechs Monaten noch keine Entscheidung ergangen ist, muss das BAMF den Antragsteller über die Verzögerung informieren und auf sein Verlangen hin auch die Verzögerungsgründe sowie die voraussichtliche Dauer bis zur Entscheidung nennen. Wir werden hier in der Praxis besonders sorgsam beobachten: beschleunigte Asylverfahren dürfen nicht dazu führen, dass die inhaltliche Qualität der Bescheide weiter sinkt.

Besteht eine „vorübergehend ungewisse Lage“ im Herkunftsland, die eine sichere Bewertung der asylrelevanten Gründe behindert, kann das BAMF eine Entscheidung aufschieben, muss dann aber alle sechs Monate die Lage im Herkunftsland überprüfen. In diesen Fällen muss nach spätestens 21 Monaten eine Entscheidung ergehen.

Änderung § 33 AsylG: Nichtbetreiben des Verfahrens

Anstatt ein Asylverfahren einzustellen (z.B. weil die Person den Anhörungstermin verpasst), kann das BAMF den Antrag „nach angemessener Prüfung“ auch direkt ablehnen. Bei einer Einstellung des Verfahrens muss dennoch über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Abschiebungsverbots entschieden werden. Hier steht zu befürchten, dass das BAMF nach Verpassen der Anhörung sofort ablehnt, anstatt die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Verfahrens zu geben, was wir in der Praxis genau verfolgen werden.

Änderung § 73b AsylG: Widerrufs- und Rücknahmeverfahren

Die Regelüberprüfung hinsichtlich eines erteilten Schutzstatus entfällt; das BAMF leitet Widerrufs- und Rücknahmeverfahren nur noch dann ein, wenn es Kenntnis über konkrete Widerrufs-/Rücknahmegründe erhält. Durch den Wegfall verdachtsunabhängiger Prüfung dürften tatsächlich einige Kapazitäten im BAMF entstehen.

Änderung § 77 AsylG: Entscheidung des Gerichts

Entscheidet das BAMF einen Asylantrag als unzulässig oder offensichtlich unbegründet, kann das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Kläger*innen anwaltlich vertreten sind. Auf Verlangen der Kläger*innen muss aber weiterhin eine mündliche Anhörung durchgeführt werden. Dies ist lediglich eine formale Festschreibung einer Praxis, die bereits längst durch Gerichte umgesetzt wird.

Ist eine Klage gegen eingangs genannte Bescheide anhängig und ergeht im laufenden Gerichtsverfahren eine inhaltliche Ablehnung des BAMF, dann wird nunmehr automatisch diese Ablehnung zum Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens. Gerade bei Dublin-Fällen wird es hier kompliziert: sobald hier noch eine Klage anhängig ist, könnte das BAMF kurzfristig ablehnen. In ähnlichen Fall-Konstellation empfehlen wir Betroffenen dringend eine Beratung aufzusuchen.

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