No more camps, we want homes!
Wohnen statt Lagerunterbringung: NoLagerNowhere!
Kommt vor‘s Bundesverwaltungsgericht und unterstützt uns!
Bundesverwaltungsgericht Leipzig (Simsonplatz 1) / 15. Juni 2023, 12 Uhr
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Dieses Grundrecht gilt in Deutschland spätestens seit 30 Jahren nicht mehr. Durch den „Asylkompromiss“ 1993 wurden alle Nachbarländer Deutschlands zu sicheren Drittstaaten erklärt. Eine legale Einreise ohne Pass und damit auch ein legaler Asylantrag ist in Deutschland seitdem de facto unmöglich. Seitdem bestimmt das Asylbewerberleistungsgesetz das Leben von vielen Geflüchteten: Behandlung nur in akuten Schmerzfällen, Leistungen unter dem Existenzminimum und verpflichtende Arbeitsgelegenheiten in Lagern zu 0,80€/h.
Die Grundrechtsänderung war die parlamentarische Konsequenz aus einer rassistischen Hetze, die sich damals täglich in Pogromen äußerte. Heute begrüßt die Bundesregierung den EU-Vorschlag, Asylverfahren künftig an den Außengrenzen durchzuführen – fehlender Rechtsschutz und Internierung inklusive. Nach wie vor herrscht dieselbe Logik: Es geht um Fluchtabwehr, nicht um Schutz von Geflüchteten.
Angesichts des existenziellen Elends an den EU-Außengrenzen gerät schnell in den Hintergrund, dass die Odysee mit der Ankunft in Deutschland nicht vorbei ist. Die Flucht geht weiter. Wer in Deutschland Asyl beantragt, muss in sog. Erstaufnahmeeinrichtungen leben. Mit einer ersten Aufnahme hat das wenig zu tun. Teils über Jahre leben Geflüchtete isoliert und ohne Privatsphäre in solchen Massenlagern. Nicht abschließbare Zimmer, Kochverbot, Arbeitsverpflichtungen zu 80ct/h und Zimmerkontrollen – Das Leben im Lager zermürbt. Den Rechtsstaat kennen die meisten Geflüchteten nur aus sog. Integrationskursen. In der Praxis gilt das Recht des Stärkeren: Die eigenen Grundrechte werden von privaten Securityfirmen mit Füßen getreten. Doch Geflüchtete wehren sich.
Diese Razzien in Ellwangen vor ein paar Jahren, da war doch was…? Fake News einer Anti-Abschiebe-Industrie machten 2018 die Runde. Ellwangen wurde kurzerhand zum rechtsfreien Raum erklärt. Was war geschehen? Eine Gruppe Geflüchteter verhinderte gewaltfrei eine Abschiebung eines Mitbewohners. Drei Tage später, um 3 Uhr nachts traten mehrere hundert Polizist*innen zeitgleich alle Zimmertüren der Erstaufnahmeeinrichtung ein, obwohl diese nicht mal abgeschlossen waren. Ein Hubschrauber begleitete die brutale Razzia. Einige der Betroffenen haben dagegen einen mühsamen Rechtsweg eingeschlagen. Sie kritisieren das Fehlen eines Durchsuchungsbeschlusses. Ihr Prozess wurde mit einem weiteren vor dem Bundesverwaltungsgericht zusammengelegt.
Kläger aus der Erstaufnahmeeinrichtung Freiburg haben gegen die repressive Hausordnung des Lagers geklagt. Ohne Gesetzesgrundlage erlassen Behörden überall in Deutschland rechtswidrige Hausordnungen. In Freiburg ist darin das Besuchsverbot, das Verbot eigener Zimmerschlüssel, Taschenkontrollen auf dem Gelände oder das Verbot politischer Betätigung geregelt. Sollte das Bundesverwaltungsgericht den Klägern das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung zusprechen, müssen sämtliche Aufnahmegesetze der Länder geändert werden. Auch über die Rechtmäßigkeit von Abschiebungen aus Lagern wird entschieden. Es geht also um viel.
Gemeinsam fordern wir eine andere Aufnahmepolitik. Der Umgang mit ukrainischen Geflüchteten zeigt, dass das möglich ist. Lager sind unnötig. Die absurde Idee, dass Lager die einzige Antwort auf Fluchtbewegungen sind, stammt aus den 80er-Jahren. Deutschland hat auch keine Flüchtlingskrise. Deutschland hat ein Rassismus-Problem: Dass es zu wenige bezahlbare Wohnungen gibt, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nichts mit Geflüchteten zu tun hat. Lagerunterbringung verhindert ein Ankommen, anstatt es zu ermöglichen.
Schluss mit der Ausgrenzungspolitik: Lager und Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!
Solidarisiert euch mit den Betroffenen und kommt zur Kundgebung!
Für das Recht zu gehen, zu bleiben und zu wohnen!
Ein herzliches Dank an Aktion Bleiberecht und Space Leipzig für die Organisation der Demo.
Mehr Informationen:
Ellwangen
- Mai 2018 Pressemitteilung der Betroffenen aus Ellwangen: https://www.aktionbleiberecht.de/2018/05/mahnwache-pressekonferenz-und-demonstration-am-9-mai-2018-in-ellwangen/
- Mai 2018 Bericht über selbstorganisierte Mahnwache: https://rdl.de/beitrag/jetzt-reden-die-gefl-chteten
- Juni 2018 Mit dreierlei Maß, Artikel zum Rechtsstaatsverständnis: https://www.migazin.de/2018/06/08/mit-mass-ellwangen-rechtsstaatsverstaendnis-deutschen/?utm_source=wysija&utm_medium=email&utm_campaign=MiGAZIN+Newsletter
- Juni 2023 Zusammenfassung der Klage: https://freiheitsrechte.org/themen/soziale-teilhabe/lea-ellwangen
Freiburg
- Ab 2020 Grundrechte am Eingang abgeben – Kampagne gegen die Erstaufnahmeeinrichtung Freiburg: https://grundrechte-am-eingang-abgeben.de/
- Juni 2023 Zusammenfassung der Klage: https://freiheitsrechte.org/themen/soziale-teilhabe/hausordnung
English
A big thanks goes out to Aktion Bleiberecht and Space Leipzig for organising the demonstration.