Arbeitsverbote aufheben und somit Behörden entlasten!

In Deutschland wird derzeit intensiv über die mögliche Einführung einer Arbeitspflicht für Asylsuchende diskutiert. Dieser Vorschlag ist nicht nur völkerrechtlich problematisch, sondern schiebt auch eine irreführende Annahme vor: nämlich, dass Geflüchtete nicht arbeiten wollen. Praxiserfahrungen im gesamten Bundesgebiet widerlegen diese Annahme. Das WIR-Netzwerk stellt ein Empfehlungs-Papier vor, dessen Punkte zur Entlastung von Schutzsuchenden, Unternehmen und am Ende auch der Verwaltung beitragen würde.

Tatsächlich zeigt sich in unserer täglichen Beratung, dass die überwiegende Mehrheit der in Deutschland lebenden Geflüchteten den Wunsch hat, am Arbeitsmarkt teilzunehmen. Dies ermöglicht ihnen nicht nur Unabhängigkeit von Sozialleistungen, sondern fördert auch die soziale Integration und Anerkennung. Es erleichtert die gesellschaftliche Teilhabe und kann ihre Bleibeperspektiven verbessern.

Arbeitsverbote verhindern Integration

Die bestehenden Arbeitsverbote und komplizierten Verfahren zur Erlangung von Arbeitserlaubnissen für Asylsuchende und Duldungsinhaber sind weder im individuellen noch im öffentlichen Interesse. Diese bürokratischen Hürden binden unnötig Verwaltungskapazitäten und führen dazu, dass Geflüchtete auf Sozialleistungen angewiesen sind, anstatt auf dem Arbeitsmarkt aktiv zu sein.

Es ist erfreulich zu sehen, dass die Bundesregierung erkannt hat, dass gesetzliche Regelungen, die die Arbeitsmarktintegration von Asylsuchenden und Personen mit Duldung erschweren, überarbeitet werden sollten. Aber die bestehenden Versprechen des Koalitionsvertrages aus dem Jahr 2021 wurden längst nicht erreicht, dort heißt es auf Seite 139: „Arbeitsverbote für bereits in Deutschland Lebende schaffen wir ab. Die „Duldung light“ schaffen wir ab.“

Aktuell bestehen Arbeitsverbote aufgrund vorgegebener Wartefristen; für Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten; bei Personen, die aus selbst zu vertretenden Gründen nicht abgeschoben werden können und Personen mit ungeklärter Identität. Häufig ist jedoch – gerade der letzte Punkt – nicht den Betroffenen anzulasten, da Botschaften einiger Staaten wie Libyen oder Afghanistan kaum oder gar nicht arbeitsfähig sind.

Laut Schätzungen Bundesagentur für Arbeit gibt es im Jahr 2030  einen Mangel von rund 328.000 Arbeitskräften in Sachsen. Trotzdem existieren für Asylsuchende noch zahlreiche Hürden auf dem Weg in den Arbeitsmarkt. Foto: El Alce Web

 

 

Konstruktive Reformen statt Populismus

Die vorgeschlagenen Maßnahmen vom WIR-Netzwerk zur Verbesserung der Arbeitsmarktintegration umfassen die Streichung aller asyl- und ausländerrechtlichen Arbeitsverbote. Darüber hinaus wird empfohlen, eine Anspruchsregelung für die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis einzuführen und das Verfahren zu vereinfachen. Dies wäre entscheidend, um das Potenzial der in Deutschland lebenden Geflüchteten zu nutzen und den Personalmangel in verschiedenen Branchen zu bekämpfen.

Arbeitsverbote für Asylsuchende in Erstaufnahmeeinrichtungen von neun auf sechs Monate zu reduzieren reicht nicht aus. Denn: Diese Maßnahme würde andere Arbeitsverbote unberührt lassen und steht im Widerspruch zur im Koalitionsvertrag vereinbarten Absicht, alle Arbeitsverbote für in Deutschland lebende Menschen abzuschaffen.

Darüber hinaus werden Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeitsmarktteilhabe von Asylsuchenden und Duldungsinhabern vorgestellt, einschließlich der Vereinfachung des Verfahrens zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und der Abschaffung der Zustimmungspflicht der Bundesagentur für Arbeit.

Entlastung der Verwaltung ist möglich

Die Diskussion über die Arbeitspflicht für Asylsuchende in Deutschland ist komplex und wirft wichtige Fragen zur Integration und Teilhabe von Geflüchteten auf. Die Vorschläge des WIR-Netzwerkes könnten dazu beitragen, die Arbeitsmarktchancen für diese Menschen zu verbessern und gleichzeitig die aktuell überforderte Verwaltung zu entlasten. Das Thema ist zu relevant, als dass sich politisch Verantwortliche in der Entscheidung von rechten Diskursen treiben lassen sollten. Eher sollte Expert*innen, die aus jahrelanger Praxiserfahrung im Bereich Flucht/Migration berichten, Gehör verschafft werden.

Zum gesamten Empfehlungsschreiben des WIR-Netzwerkes

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