Sächsische Behörden finden ihre Grenze am Münchner Flughafen
Dass menschenverachtendes Handeln bereits heute Realität ist, ganz ohne eine rechtsradikale Partei in einem Ministerium, das zeigt auch der Januar 2019. Während im Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt ein Vater die Nahrung verweigert, um gegen seine Inhaftnahme im Dresdner Abschiebeknast zu protestieren, entgeht eine Familie aus Leipzig nur knapp dem Trauma der Trennung. Für Stunden schweben sie in Ungewissheit, dann wird Vater und Sohn in München mitgeteilt: sie können zurück zu ihrer schwangeren Frau und Mutter. Die sächsischen Behörden – wollten abschieben. Solche Geschichten würden nicht an die Öffentlichkeit kommen, wenn es nicht nach wie vor Leute gebe, die erkennen, wann Unrecht geschieht.
In der Nacht vom 27. auf den 28. Januar will die Polizei Familie T. in ihrer Wohnung in Leipzig abholen. Sie sind aus dem Iran geflohen, doch die Dublin-III-Verordnung sieht vor, dass für ihr Asylverfahren Italien zuständig ist. Dahin soll am 28. Januar ein Flieger in München abheben. Frau T. ist schwanger, sie befindet sich in der 31. Woche. Es wird klar, dass sie ins Krankenhaus transferiert werden muss, das geschieht auch. Doch die sächsischen Behörden überblättern Artikel 6 des Grundgesetzes mit Vorliebe, wenn es darum geht, Abschiebezahlen nach oben zu treiben. Der Vater und der 13-jährige Sohn werden nach München transportiert und von Frau T. getrennt. Herr T., in seiner Verzweiflung, fügt sich eine Verletzung zu. Die Abschiebung wird abgebrochen. Ob hier ein kausaler Zusammenhang besteht, ist bisher nicht klar, eine Kleine Anfrage ist hierzu im Landtag eingereicht.
„Den Behörden ist es egal, ob Frauen schwanger sind. Es ist egal, was eine solche Erfahrung wie die auch nur kurzzeitige Trennung von der Mutter, die Trennung von dem Kind, das Eindringen von Beamt*innen in eine Wohnung, für Menschen bedeutet. Den dafür Verantwortlichen ist alles so egal und dann meinen sie noch, das hinzugefügte Leid sei notwendig.“ kommentiert Mark Gärtner vom SFR. Wer eine solche Praxis mit Sicherheit nicht als notwendig erachtet, sind die Unterstützer*innen und Berater*innen der Familie. „Wir haben Frau T. im Krankenhaus besucht. Die Angst ist groß, dass soetwas noch einmal passiert. Niemand weiß ja, was solch eine Erfahrung auslösen kann in einer Schwangerschaft“ berichtet Henrike Schneider, eine Unterstützerin der Familie und aktiv im Aktionsnetzwerk Protest LEJ. Gärtner führt aus: „Das, was 2018 mit alter Schärfe erneut begann, Abschiebungen mit gnadenloser Härte, das wird jetzt fortgesetzt. Von den dafür Verantwortlichen soll im kommenden Wahlkampf niemand behaupten, sie stünden ein für Menschenrechte, wenn Rechte für Geflüchtete nur ab und an mal zählen. Ihre Rhetorik ist der blanke Hohn im Angesicht solcher Geschichten.“
Die letzten Monate in 2018 raubten den Atem
Das Jahr 2018 endete mit dem Beginn der Abschiebehaft, zahlreichen Grundrechtseinschränkungen bei Sammelabschiebungen nach Georgien, Menschen wurden aus ihrem Leben gerissen und in das Kriegsgebiet namens Afghanistan abgeschoben, Fllanxa Murra aus Taucha bei Leipzig findet sich in Albanien wieder. Ihr fehlen beide Beine, die Polizei hatte ihre veralteten Prothesen eingepackt, auf dem Flughafen wurde sie misshandelt. Eine Familie aus Riesa, auch sie soll nach Italien abgeschoben werden, ist dem Chaos der Abschiebepolitik zur Gänze ausgeliefert. Am Flughafen in Frankfurt am Main wird entschieden, dass sie getrennt werden. „Ehrlich gesagt kommen wir manchmal fast gar nicht mehr hinterher, das ganze Unrecht zu dokumentieren, es zu beschreiben und dann auch noch Beratung für die Betroffenen zu gewährleisten.“ meint Gärtner. Umso wichtiger ist es, dass sich trotz aller Versuche, den Schutz von Menschenrechten zu delegitimieren, Leute wie Schneider und viele weitere Unterstützer*innen finden, deren Verstand funktioniert. Leute, die erkennen, das Unrecht auch legal sein kann.
Zusammenfassende PM des SFR vom 18. Dezember 2018 zu den letzten, unerbittlichen Monaten des Jahres 2018 hier.
PMen der Abschiebehaftkontaktgruppe zum Fall des hungerstreikenden Vaters im Dresdner Abschiebeknast hier (24. Januar 2019) und hier (04. Februar 2019).
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