PM: Gekürzte Sozialleistung für Kinder – Bautzen überschreitet erneut Grenze

Kinder haften für ihre Eltern
Im Landkreis Bautzen sollen ein Dreijähriger und eine Einjährige von Sozialleistungen ausgeschlossen werden. Sie werden für angebliches Fehlverhalten der Eltern verantwortlich gemacht. Einen Antrag, die Entscheidung zu überprüfen, lehnt die Ausländerbehörde ab. Als menschenunwürdig und kindeswohlgefährdend beurteilt das der SFR und beruft sich auf Rechtssprechung des Bundessozialgerichts. Zwei Wochen hat die Behörde Zeit, ihren Fehler zu korrigieren, dann wird das Gericht bemüht.

Es sind drei Vorwürfe, die dem Bautzener Landratsamt und seiner Ausländerbehörde gemacht werden können:

Zu letzterem Vorwurf führt Angela Müller für den SFR aus: „In einer Fachaufsichtbeschwerde haben wir gegenüber der Landesdirektion dargelegt, in wie vielen uns bekannten Fällen die Ausländerbehörde entweder schlicht falsch entschieden oder Entscheidungen ewig aufgeschoben hatte.“ Die Aufsichtsbeschwerde ging im Dezember 2018 bei der Landesdirektion und der Ausländerbehörde Bautzen ein. Angeprangert wurde unter anderem auch die regelmäßig angewendete und kindeswohlgefährdende Praxis der Sozialleistungskürzungen bei Kindern. Eine abschließende Bewertung der Beschwerde durch die Landesdirektion steht noch aus. Fakt ist jedoch, dass sich die Behörde nun in einem weiteren Fall anmaßt, Kinder für angebliches Fehlverhalten der Eltern bestrafen zu wollen. So geschehen Mitte April 2019, Monate nachdem sich die Behörde mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, unsauber zu arbeiten.  Für eine palästinensische Familie aus dem Libanon wird ein Bescheid verfasst der bestätigt, dass Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz gekürzt bleiben sollen. Für die ganze Familie. Auch für den dreijährigen Sohn, auch für die einjährige Tochter. „Es liegt auf der Hand, dass das nur rechtswidrig sein kann.“ kommentiert Müller trocken. „Denn alles andere wäre ja Sippenhaft.“ Ein Vergleich des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2015 gibt ihr Recht.

Selbst dass den Eltern Leistungen gekürzt werden, ist fragwürdig

Die Argumentation der Bautzener Behörde bleibt löchrig. Als Palästinenser*innen aus dem Libanon ist ihre Staatsbürger*innenschaft ungeklärt, dementsprechend schwierig ist es bei der Beschaffung von gültigen und in Deutschland anerkannten Reisedokumenten mitzuwirken. Das sollte eine Behörde berücksichtigen, vor allem dann, wenn, wie geschehen, die Familie bereits auf der Botschaft war um zu versuchen die Angelegenheit zu klären. Doch selbst wenn die Familie im Gewirr der Mitwirkungspflichten einen Fehler begangen haben sollte, steht für Müller fest: „Leistungen zu kürzen mag nach geltenden Gesetzen legal sein, ist jedoch grundsätzlich kritikwürdig und tangiert die Menschenwürde. Kindern und Jugendlichen die Leistungen zu kürzen, zeugt von einer tiefsitzenden Ablehnungshaltung und nicht zuletzt von Unkenntnis eingängiger Rechtssprechung.“ Der Widerspruch gegen den Bescheid ist aktuell anhängig. Zwei Wochen hat die Behörde Zeit, ihr Fehlverhalten zu korrigieren. Sollte die Erkenntnis nicht reifen oder erneut eine Entscheidung auf die lange Bank geschoben werden, wird das Sozialgericht um Eilrechtsschutz bemüht werden. Müller: „Unser Geduldsfaden gegenüber der Ausländerbehörde Bautzen ist inzwischen kürzer als kurz. Gespräche und Beschwerden sind schön und gut, wenn sie denn Ergebnisse zeitigen. Nun sprechen wir aber vom Kindeswohl. Und da wird nochmal eine ganz andere Grenze überschritten.“

Kontakt

Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Angela Müller
-Asylberatung-
Mobil: 0176 / 211 286 10
Tel.: 0351 275 085 04
mueller@sfrev.de


Teile diesen Beitrag: